Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.blau wie der Gebirgshimmel über mir! Wißt Ihr, Der Weg herunter war so entzückend -- die blau wie der Gebirgshimmel über mir! Wißt Ihr, Der Weg herunter war ſo entzückend — die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0213" n="197"/> blau wie der Gebirgshimmel über mir! Wißt Ihr,<lb/> was das iſt? Ich wußt' es erſt auch nicht, aber<lb/> Papa hat es mir geſagt: Enzian! Frühlingsenzian,<lb/> und dann der große, ſtengelloſe, der die Lieblings¬<lb/> blume des unglücklichen Königs Ludwig geweſen iſt.<lb/> Hier habt Ihr ſie alle beide im Brief, und dazu noch<lb/> das Roſenrothe, das iſt die Steinnelke, die ähnlich<lb/> wie Syringen ausſieht und duftet, nur viel ſtärker.<lb/> Und das bläulich Roſa iſt die Mehlprimel, <hi rendition="#aq">Primula<lb/> farinosa</hi>; es iſt merkwürdig, daß Papa Alles kennt.<lb/> Ich meinte immer, außer den Kelten und ihren<lb/> Gräberfunden und den Pfahlbauten intereſſirte ihn<lb/> nichts; und nun hat er alle Bergblumen bei Namen<lb/> gewußt und ſagt, die meiſten hab' er ſchon als Stu¬<lb/> dent geſammelt. — Auf dem Brenner, auf den ich<lb/> mich ganz beſonders gefreut hatte, ſieht man aber<lb/> nichts, weil man nämlich über ihn wegfährt, wißt<lb/> Ihr; während ſonſt die Berge immer höher ſind<lb/> rundum, iſt es hier im Gegentheil flach, wie bei uns<lb/> in München, aber prachtvoller Schnee lag überall,<lb/> ganz bis an die Bahnlinie, und als ich ausſtieg, um<lb/> mich umzuſehen, war es ſo kalt, daß ich einen grä߬<lb/> lichen Katarrh bekam, der aber nur bis Brixen<lb/> dauerte.</p><lb/> <p>Der Weg herunter war ſo entzückend — die<lb/> ganze Nacht hat mir von den Felſen, den Gletſchern<lb/> und grünen Thälern, den Zacken und brauſenden<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [197/0213]
blau wie der Gebirgshimmel über mir! Wißt Ihr,
was das iſt? Ich wußt' es erſt auch nicht, aber
Papa hat es mir geſagt: Enzian! Frühlingsenzian,
und dann der große, ſtengelloſe, der die Lieblings¬
blume des unglücklichen Königs Ludwig geweſen iſt.
Hier habt Ihr ſie alle beide im Brief, und dazu noch
das Roſenrothe, das iſt die Steinnelke, die ähnlich
wie Syringen ausſieht und duftet, nur viel ſtärker.
Und das bläulich Roſa iſt die Mehlprimel, Primula
farinosa; es iſt merkwürdig, daß Papa Alles kennt.
Ich meinte immer, außer den Kelten und ihren
Gräberfunden und den Pfahlbauten intereſſirte ihn
nichts; und nun hat er alle Bergblumen bei Namen
gewußt und ſagt, die meiſten hab' er ſchon als Stu¬
dent geſammelt. — Auf dem Brenner, auf den ich
mich ganz beſonders gefreut hatte, ſieht man aber
nichts, weil man nämlich über ihn wegfährt, wißt
Ihr; während ſonſt die Berge immer höher ſind
rundum, iſt es hier im Gegentheil flach, wie bei uns
in München, aber prachtvoller Schnee lag überall,
ganz bis an die Bahnlinie, und als ich ausſtieg, um
mich umzuſehen, war es ſo kalt, daß ich einen grä߬
lichen Katarrh bekam, der aber nur bis Brixen
dauerte.
Der Weg herunter war ſo entzückend — die
ganze Nacht hat mir von den Felſen, den Gletſchern
und grünen Thälern, den Zacken und brauſenden
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