Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.Selma empfunden. Alles ganz anders! Mein Blut Also, noch kein Ersatzmann in Sicht? Arme Selma empfunden. Alles ganz anders! Mein Blut Alſo, noch kein Erſatzmann in Sicht? Arme <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0237" n="221"/> Selma empfunden. Alles ganz anders! Mein Blut<lb/> iſt ruhig, meine Nerven zucken nicht krampfig, wie<lb/> abgeſchnittene Glieder, wenn ich die kleine Kläre da¬<lb/> herkommen ſehe. Ebenſogut könnteſt Du behaupten,<lb/> ich ſei verliebt in die Frühlingsſonne, oder in den<lb/> Gardaſee, oder in die Nachtigall vor meinem Fenſter!<lb/> Sie hat ja auch von allen dieſen etwas, aber ſie iſt<lb/> dazu noch allerlei Andres. Hat nicht Goethe irgend¬<lb/> wo geſagt: „Als Kinder ſind wir Alle moraliſche Ri¬<lb/> goriſten?“ Dieſe Kläre, glaub' ich, wird's bleiben<lb/> ihr Leben lang. Eine ſüße, kleine Perſon, die aber<lb/> einmal von ihrem Manne viel verlangen wird! In<lb/> aller Unſchuld, weißt Du. Ich habe ihr meine un¬<lb/> ſterblichen Illuſtrationen gezeigt. Meinſt Du, daß ſie<lb/> auch nur ein Wort der Bewunderung dafür gehabt<lb/> hätte? Du weißt, ich bin nicht eitel, aber ſie iſt ſonſt<lb/> ſo bereit, zu bewundern! Ich könnte mich ja damit<lb/> tröſten, daß ich ſie einfältig fände, aber nein, — ein¬<lb/> fältig iſt ſie nicht. Ich habe ihr offenbar nicht im¬<lb/> ponirt mit meinem Können, und ſo dumm es klingt,<lb/> — mich ärgert's! Jetzt ſchwatz' ich ſo viel davon,<lb/> jetzt wirſt Du erſt gar glauben, es ſei was an der<lb/> Geſchicht'!</p><lb/> <p>Alſo, noch kein Erſatzmann in Sicht? Arme<lb/> Selma! Was thut ſie nun inzwiſchen mit dem un¬<lb/> ausgefüllten Herzen? Oder iſt vielleicht der — Gatte<lb/> Zwiſchenbewohner? Mein lieber Junge, ſie hat ein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [221/0237]
Selma empfunden. Alles ganz anders! Mein Blut
iſt ruhig, meine Nerven zucken nicht krampfig, wie
abgeſchnittene Glieder, wenn ich die kleine Kläre da¬
herkommen ſehe. Ebenſogut könnteſt Du behaupten,
ich ſei verliebt in die Frühlingsſonne, oder in den
Gardaſee, oder in die Nachtigall vor meinem Fenſter!
Sie hat ja auch von allen dieſen etwas, aber ſie iſt
dazu noch allerlei Andres. Hat nicht Goethe irgend¬
wo geſagt: „Als Kinder ſind wir Alle moraliſche Ri¬
goriſten?“ Dieſe Kläre, glaub' ich, wird's bleiben
ihr Leben lang. Eine ſüße, kleine Perſon, die aber
einmal von ihrem Manne viel verlangen wird! In
aller Unſchuld, weißt Du. Ich habe ihr meine un¬
ſterblichen Illuſtrationen gezeigt. Meinſt Du, daß ſie
auch nur ein Wort der Bewunderung dafür gehabt
hätte? Du weißt, ich bin nicht eitel, aber ſie iſt ſonſt
ſo bereit, zu bewundern! Ich könnte mich ja damit
tröſten, daß ich ſie einfältig fände, aber nein, — ein¬
fältig iſt ſie nicht. Ich habe ihr offenbar nicht im¬
ponirt mit meinem Können, und ſo dumm es klingt,
— mich ärgert's! Jetzt ſchwatz' ich ſo viel davon,
jetzt wirſt Du erſt gar glauben, es ſei was an der
Geſchicht'!
Alſo, noch kein Erſatzmann in Sicht? Arme
Selma! Was thut ſie nun inzwiſchen mit dem un¬
ausgefüllten Herzen? Oder iſt vielleicht der — Gatte
Zwiſchenbewohner? Mein lieber Junge, ſie hat ein
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