Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.als ob ich ihn schon lange kennte. Und Putzi läßt Eure halb frohe, halb traurige Kläre. als ob ich ihn ſchon lange kennte. Und Putzi läßt Eure halb frohe, halb traurige Kläre. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0242" n="226"/> als ob ich ihn ſchon lange kennte. Und Putzi läßt<lb/> ſich von ihm freiwillig auf den Arm nehmen! Das<lb/> iſt doch viel, nicht? — Ich muß Abſchied nehmen von<lb/> den Tauben im Hof, von den zwei Katzen, einer<lb/> grauen und einer dreifarbigen, — Putzi hat ſie ſo<lb/> oft erſchreckt, wenn ſie behaglich blinzelnd im Sonnen¬<lb/> ſchein lagen, das muß ich ihnen vergüten. Und von<lb/> den herrlichen Bäumen und allen Plätzen im Garten,<lb/> und vom berankten Balkon und heute Abend von den<lb/> Nachtigallen. So früh wie dieſes Jahr ſingen ſie<lb/> ſonſt auch hier nicht, ſagt der Wirth. Die Orangen¬<lb/> blüthen, die ich Euch einlege, hat er mir heut' im<lb/> Gewächshaus geſchnitten, dazu auch noch zwei weiße<lb/> Camelien, aber die ſind zu dick. Wie glücklich bin ich<lb/> hier geweſen! Wie viel hab' ich ſchon erlebt, ſeit wir<lb/> fort ſind! Ich komme mir ganz erwachſen vor, und<lb/> Papa ſagte heute auch: „Du wirſt auf dieſer Reiſe<lb/> Deine Kinderſchuhe austreten, Kleine.“ Da nahm<lb/> Mama mich in die Arme und ſagte: „Mein armes<lb/> Kind! nein, nein, noch nicht!“ Was kann ſie damit<lb/> gemeint haben? Ich fragte ſie, aber ſie ſah mich<lb/> nur an und küßte mich.</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#et">Eure halb frohe, halb traurige Kläre.</hi> </salute> </closer><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [226/0242]
als ob ich ihn ſchon lange kennte. Und Putzi läßt
ſich von ihm freiwillig auf den Arm nehmen! Das
iſt doch viel, nicht? — Ich muß Abſchied nehmen von
den Tauben im Hof, von den zwei Katzen, einer
grauen und einer dreifarbigen, — Putzi hat ſie ſo
oft erſchreckt, wenn ſie behaglich blinzelnd im Sonnen¬
ſchein lagen, das muß ich ihnen vergüten. Und von
den herrlichen Bäumen und allen Plätzen im Garten,
und vom berankten Balkon und heute Abend von den
Nachtigallen. So früh wie dieſes Jahr ſingen ſie
ſonſt auch hier nicht, ſagt der Wirth. Die Orangen¬
blüthen, die ich Euch einlege, hat er mir heut' im
Gewächshaus geſchnitten, dazu auch noch zwei weiße
Camelien, aber die ſind zu dick. Wie glücklich bin ich
hier geweſen! Wie viel hab' ich ſchon erlebt, ſeit wir
fort ſind! Ich komme mir ganz erwachſen vor, und
Papa ſagte heute auch: „Du wirſt auf dieſer Reiſe
Deine Kinderſchuhe austreten, Kleine.“ Da nahm
Mama mich in die Arme und ſagte: „Mein armes
Kind! nein, nein, noch nicht!“ Was kann ſie damit
gemeint haben? Ich fragte ſie, aber ſie ſah mich
nur an und küßte mich.
Eure halb frohe, halb traurige Kläre.
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