Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.aber man muß lachen. Im Wartesaal in Bozen saß aber man muß lachen. Im Warteſaal in Bozen ſaß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0270" n="254"/> aber man muß lachen. Im Warteſaal in Bozen ſaß<lb/> ein junges ſauberes Bauermadel, drei geiſtliche Herren<lb/> rundum und ſchneiden ihr die Cour. Ich ſtoß den<lb/> Nize an und zeig ihm die Gruppe, da ſagt er den<lb/> bibliſchen Spruch her von den Adlern, die ſich ſam¬<lb/> meln, wo — na, fein war's nit, aber gar nit übel,<lb/> ich ſag's ja, die Preußen haben Salz. — Alſo der<lb/> Landrath und ich, wir geh'n mitſammen ins H<hi rendition="#aq">ô</hi>tel,<lb/> was man hier ſo heißt, mir geben ſie ein erbärm¬<lb/> liches Zimmer, dem Nitz eines daneben, nach dem<lb/> Nachteſſen geh ich bald ſchlafen. Auf einmal iſt ein<lb/> Gelauf und Getöbſe draußen auf der Dorfgaſſe, daß<lb/> ich auffahre, und es donnert an die Wand: „Ba¬<lb/> ronin, es brennt! Feuer!“ Der Nitz hat's alſo<lb/> früher gemerkt als ich! Durch den Vorhang gibt's<lb/> ſchon einen rothen Schein, ich war mehr todt als le¬<lb/> bendig. „Na, dies iſt 'ne Zucht!“ ſchreit der Nitz<lb/> immer durch die Wand, „der Wind ſteht hier her¬<lb/> über, nu man alle Mann aus der Bude hier raus!“<lb/> Ich ſah's nit für ſo ſchlimm an, will mich grad noch<lb/> e biſſerl pudern gegen die Nachtluft, da fährt die<lb/> Wirthin herein und ſchreit: „Bitt ſchön, hier ſind Sie<lb/> nicht ſicher, 's Haus iſt ſchon 'mal abgebrannt.“<lb/> Gelt, die Leut, die gewiſſenloſen? Quartiren Gäſt'<lb/> in ein Haus ein, das ſchon einmal abgebrannt iſt!<lb/> Eh ich meinen Zorn an dem Weib auslaſſen konnt',<lb/> war ſie ſchon draußen, und ich ſteh da und ſchrei um<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [254/0270]
aber man muß lachen. Im Warteſaal in Bozen ſaß
ein junges ſauberes Bauermadel, drei geiſtliche Herren
rundum und ſchneiden ihr die Cour. Ich ſtoß den
Nize an und zeig ihm die Gruppe, da ſagt er den
bibliſchen Spruch her von den Adlern, die ſich ſam¬
meln, wo — na, fein war's nit, aber gar nit übel,
ich ſag's ja, die Preußen haben Salz. — Alſo der
Landrath und ich, wir geh'n mitſammen ins Hôtel,
was man hier ſo heißt, mir geben ſie ein erbärm¬
liches Zimmer, dem Nitz eines daneben, nach dem
Nachteſſen geh ich bald ſchlafen. Auf einmal iſt ein
Gelauf und Getöbſe draußen auf der Dorfgaſſe, daß
ich auffahre, und es donnert an die Wand: „Ba¬
ronin, es brennt! Feuer!“ Der Nitz hat's alſo
früher gemerkt als ich! Durch den Vorhang gibt's
ſchon einen rothen Schein, ich war mehr todt als le¬
bendig. „Na, dies iſt 'ne Zucht!“ ſchreit der Nitz
immer durch die Wand, „der Wind ſteht hier her¬
über, nu man alle Mann aus der Bude hier raus!“
Ich ſah's nit für ſo ſchlimm an, will mich grad noch
e biſſerl pudern gegen die Nachtluft, da fährt die
Wirthin herein und ſchreit: „Bitt ſchön, hier ſind Sie
nicht ſicher, 's Haus iſt ſchon 'mal abgebrannt.“
Gelt, die Leut, die gewiſſenloſen? Quartiren Gäſt'
in ein Haus ein, das ſchon einmal abgebrannt iſt!
Eh ich meinen Zorn an dem Weib auslaſſen konnt',
war ſie ſchon draußen, und ich ſteh da und ſchrei um
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