Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.fiel eine große Thräne mitten in die Kerzenflamme "Du gutes dummes Thier, was hast auch an¬ Der Schlaf nimmt nicht immer das Bewußtsein; Auch sein Betragen fiel ihm schwer aufs Herz. fiel eine große Thräne mitten in die Kerzenflamme „Du gutes dummes Thier, was haſt auch an¬ Der Schlaf nimmt nicht immer das Bewußtſein; Auch ſein Betragen fiel ihm ſchwer aufs Herz. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0041" n="25"/> fiel eine große Thräne mitten in die Kerzenflamme<lb/> hinein, daß ſie auskniſterte und faſt verlöſcht wäre.<lb/> Peterl ſtand an der halboffenen Stubenthür. Sie<lb/> nahm es und preßte das runde Köpfchen an ihre<lb/> naſſe Wange, die langſam erröthete.</p><lb/> <p>„Du gutes dummes Thier, was haſt auch an¬<lb/> geſtellt,“ ſeufzte ſie, „kannſt denn garnicht bei mir<lb/> bleiben?“ Sie wiederholte die Frage noch ein paar¬<lb/> mal, während ſie Bücher und Noten zuſammenlegte<lb/> und ſich zum Schlafengehen anſchickte. Draußen tobte<lb/> der Frühlingsſturm und riß an den Fenſtern. —</p><lb/> <p>Der Schlaf nimmt nicht immer das Bewußtſein;<lb/> oft bleibt uns nach heftiger Gemüthsbewegung die<lb/> frohe oder trübe Empfindung alle Nachtſtunden hin¬<lb/> durch, und am Morgen bedarf es keines Beſinnens<lb/> — noch eh' die Augen offen ſind, wiſſen wir, was<lb/> uns freut oder fehlt, was gewonnen oder verloren iſt.<lb/> Alfred erwachte mit dem Gefühl, daß ſein Tag öde,<lb/> ſein Leben von heut ab trübe und ſchwer ſei, und er<lb/> war ſo ungeübt in dieſer Empfindung, daß ſie ihn<lb/> auch körperlich niederhielt. „Wenn es ſo hergeht,<lb/> wenn nichts iſt, was es ſcheint,“ ſeufzte er, „dann<lb/> iſt ja alle Freude Trug! Solch eine Stimme und<lb/> — ſolch ein Geſicht! O, es muß ein Teufel dahinter<lb/> ſtecken, daß man die Augen weiter aufthut, als nöthig<lb/> iſt, und nachher iſt Alles hin.“</p><lb/> <p>Auch ſein Betragen fiel ihm ſchwer aufs Herz.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [25/0041]
fiel eine große Thräne mitten in die Kerzenflamme
hinein, daß ſie auskniſterte und faſt verlöſcht wäre.
Peterl ſtand an der halboffenen Stubenthür. Sie
nahm es und preßte das runde Köpfchen an ihre
naſſe Wange, die langſam erröthete.
„Du gutes dummes Thier, was haſt auch an¬
geſtellt,“ ſeufzte ſie, „kannſt denn garnicht bei mir
bleiben?“ Sie wiederholte die Frage noch ein paar¬
mal, während ſie Bücher und Noten zuſammenlegte
und ſich zum Schlafengehen anſchickte. Draußen tobte
der Frühlingsſturm und riß an den Fenſtern. —
Der Schlaf nimmt nicht immer das Bewußtſein;
oft bleibt uns nach heftiger Gemüthsbewegung die
frohe oder trübe Empfindung alle Nachtſtunden hin¬
durch, und am Morgen bedarf es keines Beſinnens
— noch eh' die Augen offen ſind, wiſſen wir, was
uns freut oder fehlt, was gewonnen oder verloren iſt.
Alfred erwachte mit dem Gefühl, daß ſein Tag öde,
ſein Leben von heut ab trübe und ſchwer ſei, und er
war ſo ungeübt in dieſer Empfindung, daß ſie ihn
auch körperlich niederhielt. „Wenn es ſo hergeht,
wenn nichts iſt, was es ſcheint,“ ſeufzte er, „dann
iſt ja alle Freude Trug! Solch eine Stimme und
— ſolch ein Geſicht! O, es muß ein Teufel dahinter
ſtecken, daß man die Augen weiter aufthut, als nöthig
iſt, und nachher iſt Alles hin.“
Auch ſein Betragen fiel ihm ſchwer aufs Herz.
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