Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.genährten Jüngling am Tisch sitzen, es war der fri¬ Wolff nahm seinen Hut und flüsterte Alfred zu: Beide verabschiedeten sich von dem Alten. "Und dem Fräulein sagen wir nicht Adieu?" "Nachher, -- das heißt. Sie -- Sie haben ja Die Zutraulichkeit dieser Klagen machte den genährten Jüngling am Tiſch ſitzen, es war der fri¬ Wolff nahm ſeinen Hut und flüſterte Alfred zu: Beide verabſchiedeten ſich von dem Alten. „Und dem Fräulein ſagen wir nicht Adieu?“ „Nachher, — das heißt. Sie — Sie haben ja Die Zutraulichkeit dieſer Klagen machte den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0055" n="39"/> genährten Jüngling am Tiſch ſitzen, es war der fri¬<lb/> ſirte Lockenkopf, den ſie Jockerl geheißen hatte.</p><lb/> <p>Wolff nahm ſeinen Hut und flüſterte Alfred zu:<lb/> „Jetzt kann ich nicht mehr, und Sie ſcheinen auch<lb/> genug zu haben, kommen Sie mit?“</p><lb/> <p>Beide verabſchiedeten ſich von dem Alten.</p><lb/> <p>„Und dem Fräulein ſagen wir nicht Adieu?“<lb/> fragte Alfred befremdet, als Wolff ihn ſchnell der<lb/> Gitterthür zudrängte.</p><lb/> <p>„Nachher, — das heißt. Sie — Sie haben ja<lb/> kein Intereſſe daran“ — ſtotterte Wolff, — „ich aber<lb/> komme zurück zum Gutenachtſagen, ich mache das<lb/> immer ſo — leider! Ich hoffe immer, ſie ſoll mich<lb/> vermiſſen,“ fuhr er ſarkaſtiſch fort, „aber dann bin<lb/> ich ſolch' ein Tropf, ſehen Sie, dann lauf' ich nach<lb/> zwei Stunden wieder her und will ſehen, wie ſie's<lb/> aufgenommen hat, und dann, ſo wie ſie mich ſieht,<lb/> natürlich, ſagt ſie: „Ach Muckerl, ſind Sie noch da?“<lb/> oder ſo etwas, daß ich aus der Haut fahren möchte,<lb/> 's iſt grad' ſo, wie ich als kleiner Bub gethan hab',<lb/> da ich meine Erbſen und Bohnen jeden Tag aus dem<lb/> Boden genommen hab', um zu ſehen, ob ſie ſchon<lb/> wachſen. Aelter wird man ſchon, klüger wird man<lb/> nicht. Ich gäb' Gott weiß was drum, wenn ich jetzt<lb/> aus meiner Haut da herausfahren könnt'!“</p><lb/> <p>Die Zutraulichkeit dieſer Klagen machte den<lb/> Zuhörer kühn.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [39/0055]
genährten Jüngling am Tiſch ſitzen, es war der fri¬
ſirte Lockenkopf, den ſie Jockerl geheißen hatte.
Wolff nahm ſeinen Hut und flüſterte Alfred zu:
„Jetzt kann ich nicht mehr, und Sie ſcheinen auch
genug zu haben, kommen Sie mit?“
Beide verabſchiedeten ſich von dem Alten.
„Und dem Fräulein ſagen wir nicht Adieu?“
fragte Alfred befremdet, als Wolff ihn ſchnell der
Gitterthür zudrängte.
„Nachher, — das heißt. Sie — Sie haben ja
kein Intereſſe daran“ — ſtotterte Wolff, — „ich aber
komme zurück zum Gutenachtſagen, ich mache das
immer ſo — leider! Ich hoffe immer, ſie ſoll mich
vermiſſen,“ fuhr er ſarkaſtiſch fort, „aber dann bin
ich ſolch' ein Tropf, ſehen Sie, dann lauf' ich nach
zwei Stunden wieder her und will ſehen, wie ſie's
aufgenommen hat, und dann, ſo wie ſie mich ſieht,
natürlich, ſagt ſie: „Ach Muckerl, ſind Sie noch da?“
oder ſo etwas, daß ich aus der Haut fahren möchte,
's iſt grad' ſo, wie ich als kleiner Bub gethan hab',
da ich meine Erbſen und Bohnen jeden Tag aus dem
Boden genommen hab', um zu ſehen, ob ſie ſchon
wachſen. Aelter wird man ſchon, klüger wird man
nicht. Ich gäb' Gott weiß was drum, wenn ich jetzt
aus meiner Haut da herausfahren könnt'!“
Die Zutraulichkeit dieſer Klagen machte den
Zuhörer kühn.
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