Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.Ein reicher Kaufmann hatte einen Saal mit rundum Der junge Mann hatte Hammer und Meißel zu Der Arbeiter hörte ihn hämmern und klopfen, Ein reicher Kaufmann hatte einen Saal mit rundum Der junge Mann hatte Hammer und Meißel zu Der Arbeiter hörte ihn hämmern und klopfen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0088" n="72"/> Ein reicher Kaufmann hatte einen Saal mit rundum<lb/> laufenden Frieſen und mit Statuen am Kamin<lb/> ſchmücken laſſen, zu denen der Marmor von dem Bild¬<lb/> hauer ſelbſt in den Brüchen von Seraveza ausgewählt<lb/> worden, damit man ein fehlerloſes Material erhalte.<lb/> Dabei hatte Alfred viel gelernt.</p><lb/> <p>Der junge Mann hatte Hammer und Meißel zu<lb/> ſich geſteckt, denn er hatte an den Erben, den Bruder<lb/> des Verſtorbenen, das Anſuchen geſtellt, nicht bloß<lb/> mit den Augen prüfen zu dürfen. Der Verkäufer<lb/> war nicht ſelbſt zugegen, doch hatte er einen Arbeiter<lb/> geſchickt, welcher ihm etwa behülflich ſein dürfe und<lb/> jetzt wartend auf einem Dreibein im ſonnigen Hofe<lb/> ſaß. Der Bildhauer winkte ihm, ruhig ſitzen zu<lb/> bleiben, bis er ihn nöthig habe, und ging allein in<lb/> den Schuppen, froh genug, daß er ganz ungeſtört<lb/> wählen könne. Er überzeugte ſich bald, daß der eine<lb/> Block ſeiner Größe wegen ganz außer Betracht komme,<lb/> der zweite Riſſe zeige, von denen ſich nicht beſtimmen<lb/> ließ, wie tief ſie ſeien, und daß der dritte wahrſchein¬<lb/> lich der beſte für ihn ſei, auch dem Korn nach.</p><lb/> <p>Der Arbeiter hörte ihn hämmern und klopfen,<lb/> zog, da er nicht gerufen ward, ein Brot hervor, und<lb/> that einige herzhafte Züge aus ſeiner Flaſche. Dann<lb/> ſtützte er den Kopf auf die Arme und nickte in der<lb/> warmen Mittagsſonne in ſeiner unbequemen Stellung<lb/> ein; er merkte es nicht einmal, daß ihm die Mütze<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [72/0088]
Ein reicher Kaufmann hatte einen Saal mit rundum
laufenden Frieſen und mit Statuen am Kamin
ſchmücken laſſen, zu denen der Marmor von dem Bild¬
hauer ſelbſt in den Brüchen von Seraveza ausgewählt
worden, damit man ein fehlerloſes Material erhalte.
Dabei hatte Alfred viel gelernt.
Der junge Mann hatte Hammer und Meißel zu
ſich geſteckt, denn er hatte an den Erben, den Bruder
des Verſtorbenen, das Anſuchen geſtellt, nicht bloß
mit den Augen prüfen zu dürfen. Der Verkäufer
war nicht ſelbſt zugegen, doch hatte er einen Arbeiter
geſchickt, welcher ihm etwa behülflich ſein dürfe und
jetzt wartend auf einem Dreibein im ſonnigen Hofe
ſaß. Der Bildhauer winkte ihm, ruhig ſitzen zu
bleiben, bis er ihn nöthig habe, und ging allein in
den Schuppen, froh genug, daß er ganz ungeſtört
wählen könne. Er überzeugte ſich bald, daß der eine
Block ſeiner Größe wegen ganz außer Betracht komme,
der zweite Riſſe zeige, von denen ſich nicht beſtimmen
ließ, wie tief ſie ſeien, und daß der dritte wahrſchein¬
lich der beſte für ihn ſei, auch dem Korn nach.
Der Arbeiter hörte ihn hämmern und klopfen,
zog, da er nicht gerufen ward, ein Brot hervor, und
that einige herzhafte Züge aus ſeiner Flaſche. Dann
ſtützte er den Kopf auf die Arme und nickte in der
warmen Mittagsſonne in ſeiner unbequemen Stellung
ein; er merkte es nicht einmal, daß ihm die Mütze
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