Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Er ließ einen Jauchzer los, vielleicht, daß von irgendwoher eine Antwort käme, denn ihm stiegen nun doch Zweifel auf, ob er nicht etwa in der Unachtsamkeit die Richtung verändert habe. Sein Ruf verhallte, ebenso noch eine Reihe von Jodlern, die er kräftig im Abwärtsschreiten hinausstieß. Dann kam plötzlich ein vertrauter Ton, weit aus der Ferne noch, aber so verständlich wie eine Menschenstimme: das Bellen eines großen Hundes. Sie antworteten sich eine Weile, ganz wie zwei Wanderer, die sich aus der Ferne zurufen.

"Wo bist du?"

"Hier!"

"Rechts?"

"Hier!"

"Links?"

"Hier!"

"Ist da ein Gehöft?"

"Hier!"

Das arme Thier konnte doch nur ziemlich einsilbige Auskunft ertheilen, und als sie sich endlich ganz nahe waren und das Bellen in ein Knurren der Vorsicht und des Abwartens überging, befand sich Hausdörffer vor einer Gatterthür, hinter der aber kein Haus, sondern nur eine Waldwiese mit wiederkäuenden, glockenklingelnden Kühen lag. Immerhin war das eine Andeutung, daß hier ein Dorf, ein Weiler folgen

Er ließ einen Jauchzer los, vielleicht, daß von irgendwoher eine Antwort käme, denn ihm stiegen nun doch Zweifel auf, ob er nicht etwa in der Unachtsamkeit die Richtung verändert habe. Sein Ruf verhallte, ebenso noch eine Reihe von Jodlern, die er kräftig im Abwärtsschreiten hinausstieß. Dann kam plötzlich ein vertrauter Ton, weit aus der Ferne noch, aber so verständlich wie eine Menschenstimme: das Bellen eines großen Hundes. Sie antworteten sich eine Weile, ganz wie zwei Wanderer, die sich aus der Ferne zurufen.

„Wo bist du?“

„Hier!“

„Rechts?“

„Hier!“

„Links?“

„Hier!“

„Ist da ein Gehöft?“

„Hier!“

Das arme Thier konnte doch nur ziemlich einsilbige Auskunft ertheilen, und als sie sich endlich ganz nahe waren und das Bellen in ein Knurren der Vorsicht und des Abwartens überging, befand sich Hausdörffer vor einer Gatterthür, hinter der aber kein Haus, sondern nur eine Waldwiese mit wiederkäuenden, glockenklingelnden Kühen lag. Immerhin war das eine Andeutung, daß hier ein Dorf, ein Weiler folgen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0102" n="94"/>
        <p>Er ließ einen Jauchzer los, vielleicht, daß von irgendwoher eine Antwort käme, denn ihm stiegen nun doch Zweifel auf, ob er nicht etwa in der Unachtsamkeit die Richtung verändert habe. Sein Ruf verhallte, ebenso noch eine Reihe von Jodlern, die er kräftig im Abwärtsschreiten hinausstieß. Dann kam plötzlich ein vertrauter Ton, weit aus der Ferne noch, aber so verständlich wie eine Menschenstimme: das Bellen eines großen Hundes. Sie antworteten sich eine Weile, ganz wie zwei Wanderer, die sich aus der Ferne zurufen.</p>
        <p>&#x201E;Wo bist du?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Hier!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Rechts?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Hier!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Links?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Hier!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ist da ein Gehöft?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Hier!&#x201C;</p>
        <p>Das arme Thier konnte doch nur ziemlich einsilbige Auskunft ertheilen, und als sie sich endlich ganz nahe waren und das Bellen in ein Knurren der Vorsicht und des Abwartens überging, befand sich Hausdörffer vor einer Gatterthür, hinter der aber kein Haus, sondern nur eine Waldwiese mit wiederkäuenden, glockenklingelnden Kühen lag. Immerhin war das eine Andeutung, daß hier ein Dorf, ein Weiler folgen</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0102] Er ließ einen Jauchzer los, vielleicht, daß von irgendwoher eine Antwort käme, denn ihm stiegen nun doch Zweifel auf, ob er nicht etwa in der Unachtsamkeit die Richtung verändert habe. Sein Ruf verhallte, ebenso noch eine Reihe von Jodlern, die er kräftig im Abwärtsschreiten hinausstieß. Dann kam plötzlich ein vertrauter Ton, weit aus der Ferne noch, aber so verständlich wie eine Menschenstimme: das Bellen eines großen Hundes. Sie antworteten sich eine Weile, ganz wie zwei Wanderer, die sich aus der Ferne zurufen. „Wo bist du?“ „Hier!“ „Rechts?“ „Hier!“ „Links?“ „Hier!“ „Ist da ein Gehöft?“ „Hier!“ Das arme Thier konnte doch nur ziemlich einsilbige Auskunft ertheilen, und als sie sich endlich ganz nahe waren und das Bellen in ein Knurren der Vorsicht und des Abwartens überging, befand sich Hausdörffer vor einer Gatterthür, hinter der aber kein Haus, sondern nur eine Waldwiese mit wiederkäuenden, glockenklingelnden Kühen lag. Immerhin war das eine Andeutung, daß hier ein Dorf, ein Weiler folgen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/102
Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/102>, abgerufen am 15.05.2024.