Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

es ist skandalös, aber sehr moralisch, eine gute Einrichtung - Und Sie waren zufällig ganz allein, vergangene Nacht, Ihr Mädchen nach München - haben Sie sich nicht gefürchtet? Nein? Aber, liebes Fräulein, Sie sind wirklich verwegen! Ich glaube, ich kann es nicht länger verantworten, Ihnen das Häuschen zur Miethe zu lassen. Es liegt gar zu einsam. Sie sind nicht sicher dort! In Ihrem eigenen Interesse: ziehen Sie ins Schloß, ich habe zwei Mansarden frei - aber dort - nein - ich ertrüge es nicht, Sie länger dort zu wissen. Ein Ehepaar, Fräulein Berth, a la bonheur! Aber einzelne junge Damen - es geht nicht!"

Ton und Worte - wie das klirrt! Die Malerin steht mit starren Blicken neben der Staffelei. Plötzlich ergreift sie einem umfangreichen Mallumpen und fährt damit klatschend über das fast vollendete Pastellbild der Baronin.

"Ah, was machen Sie?" rufen die Tanten herzuspringend.

"Ich verabschiede mich," sagt sie kalt, nickt hochmüthig den Damen zu und verläßt den Saal, den bunten Lumpen hinter sich schleudernd.

* * *

"Guten Tag - Toni! Fast hätt' ich gesagt Fräulein!"

es ist skandalös, aber sehr moralisch, eine gute Einrichtung – Und Sie waren zufällig ganz allein, vergangene Nacht, Ihr Mädchen nach München – haben Sie sich nicht gefürchtet? Nein? Aber, liebes Fräulein, Sie sind wirklich verwegen! Ich glaube, ich kann es nicht länger verantworten, Ihnen das Häuschen zur Miethe zu lassen. Es liegt gar zu einsam. Sie sind nicht sicher dort! In Ihrem eigenen Interesse: ziehen Sie ins Schloß, ich habe zwei Mansarden frei – aber dort – nein – ich ertrüge es nicht, Sie länger dort zu wissen. Ein Ehepaar, Fräulein Berth, à la bonheur! Aber einzelne junge Damen – es geht nicht!“

Ton und Worte – wie das klirrt! Die Malerin steht mit starren Blicken neben der Staffelei. Plötzlich ergreift sie einem umfangreichen Mallumpen und fährt damit klatschend über das fast vollendete Pastellbild der Baronin.

„Ah, was machen Sie?“ rufen die Tanten herzuspringend.

„Ich verabschiede mich,“ sagt sie kalt, nickt hochmüthig den Damen zu und verläßt den Saal, den bunten Lumpen hinter sich schleudernd.

* * *

„Guten Tag – Toni! Fast hätt’ ich gesagt Fräulein!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0137" n="129"/>
es ist skandalös, aber sehr moralisch, eine gute Einrichtung &#x2013; Und Sie waren zufällig ganz allein, vergangene Nacht, Ihr Mädchen nach München &#x2013; haben Sie sich nicht gefürchtet? Nein? Aber, liebes Fräulein, Sie sind wirklich verwegen! Ich glaube, ich kann es nicht länger verantworten, Ihnen das Häuschen zur Miethe zu lassen. Es liegt gar zu einsam. Sie sind nicht sicher dort! In Ihrem eigenen Interesse: ziehen Sie ins Schloß, ich habe zwei Mansarden frei &#x2013; aber dort &#x2013; nein &#x2013; ich ertrüge es nicht, Sie länger dort zu wissen. Ein Ehepaar, Fräulein Berth, <hi rendition="#aq">à la bonheur</hi>! Aber einzelne junge Damen &#x2013; es geht nicht!&#x201C;</p>
        <p>Ton und Worte &#x2013; wie das klirrt! Die Malerin steht mit starren Blicken neben der Staffelei. Plötzlich ergreift sie einem umfangreichen Mallumpen und fährt damit klatschend über das fast vollendete Pastellbild der Baronin.</p>
        <p>&#x201E;Ah, was machen Sie?&#x201C; rufen die Tanten herzuspringend.</p>
        <p>&#x201E;Ich verabschiede mich,&#x201C; sagt sie kalt, nickt hochmüthig den Damen zu und verläßt den Saal, den bunten Lumpen hinter sich schleudernd.</p>
        <p rendition="#c">* * *</p>
        <p>&#x201E;Guten Tag &#x2013; Toni! Fast hätt&#x2019; ich gesagt Fräulein!&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0137] es ist skandalös, aber sehr moralisch, eine gute Einrichtung – Und Sie waren zufällig ganz allein, vergangene Nacht, Ihr Mädchen nach München – haben Sie sich nicht gefürchtet? Nein? Aber, liebes Fräulein, Sie sind wirklich verwegen! Ich glaube, ich kann es nicht länger verantworten, Ihnen das Häuschen zur Miethe zu lassen. Es liegt gar zu einsam. Sie sind nicht sicher dort! In Ihrem eigenen Interesse: ziehen Sie ins Schloß, ich habe zwei Mansarden frei – aber dort – nein – ich ertrüge es nicht, Sie länger dort zu wissen. Ein Ehepaar, Fräulein Berth, à la bonheur! Aber einzelne junge Damen – es geht nicht!“ Ton und Worte – wie das klirrt! Die Malerin steht mit starren Blicken neben der Staffelei. Plötzlich ergreift sie einem umfangreichen Mallumpen und fährt damit klatschend über das fast vollendete Pastellbild der Baronin. „Ah, was machen Sie?“ rufen die Tanten herzuspringend. „Ich verabschiede mich,“ sagt sie kalt, nickt hochmüthig den Damen zu und verläßt den Saal, den bunten Lumpen hinter sich schleudernd. * * * „Guten Tag – Toni! Fast hätt’ ich gesagt Fräulein!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/137
Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/137>, abgerufen am 16.05.2024.