Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

"Aber was - was trauen Sie mir denn zu?" rief er mit halberstickter Stimme.

Ein strafender Blick fuhr über ihn hin. "Zwingen Sie mich, Ihnen die Geschichte noch einmal zu wiederholen? Das ginge doch wohl zu weit. Aber diese Liaison ist jetzt endgültig abgebrochen, nicht wahr? Das darf ich doch von Ihrer Ehrenhaftigkeit erwarten, hoffe ich! Ich lege kein zu starkes Gewicht auf diese Dinge," flüsterte sie dann, und ihre Miene ward mild und nachsichtig, "wenn man selbst verheirathet gewesen ist, und - ach, du mein Gott, man weiß es ja leider, wieviel leichtfertige Frauenzimmer es gibt, und wie die Verführung in jeder Gestalt an so einen jungen Mann herantritt."

Hausdörffer erinnerte sich blitzartig schnell, daß auch er zuweilen geprahlt, man könne sich der Weiber kaum erwehren, in diesem Augenblicke gab er der Wahrheit die Ehre, ein ungeheurer Ekel packte ihn. "Und Sie kommen zu mir, zu mir, von dem Sie in diese Weise denken," zischte er, "um mir Ihre Tochter von neuem anzutragen? Ist das nicht über alle Begriffe?"

Er wollte noch mehr sagen, aber er sah die Frau blaß werden und zittern, und er bezwang sich.

"Ich habe es für Toni gethan; was thut eine Mutter nicht für ihr Kind," flüsterte sie mit einem Blick der Furcht und des Hasses. "Das Mädchen

„Aber was – was trauen Sie mir denn zu?“ rief er mit halberstickter Stimme.

Ein strafender Blick fuhr über ihn hin. „Zwingen Sie mich, Ihnen die Geschichte noch einmal zu wiederholen? Das ginge doch wohl zu weit. Aber diese Liaison ist jetzt endgültig abgebrochen, nicht wahr? Das darf ich doch von Ihrer Ehrenhaftigkeit erwarten, hoffe ich! Ich lege kein zu starkes Gewicht auf diese Dinge,“ flüsterte sie dann, und ihre Miene ward mild und nachsichtig, „wenn man selbst verheirathet gewesen ist, und – ach, du mein Gott, man weiß es ja leider, wieviel leichtfertige Frauenzimmer es gibt, und wie die Verführung in jeder Gestalt an so einen jungen Mann herantritt.“

Hausdörffer erinnerte sich blitzartig schnell, daß auch er zuweilen geprahlt, man könne sich der Weiber kaum erwehren, in diesem Augenblicke gab er der Wahrheit die Ehre, ein ungeheurer Ekel packte ihn. „Und Sie kommen zu mir, zu mir, von dem Sie in diese Weise denken,“ zischte er, „um mir Ihre Tochter von neuem anzutragen? Ist das nicht über alle Begriffe?“

Er wollte noch mehr sagen, aber er sah die Frau blaß werden und zittern, und er bezwang sich.

„Ich habe es für Toni gethan; was thut eine Mutter nicht für ihr Kind,“ flüsterte sie mit einem Blick der Furcht und des Hasses. „Das Mädchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0173" n="165"/>
        <p>&#x201E;Aber was &#x2013; was trauen Sie mir denn zu?&#x201C; rief er mit halberstickter Stimme.</p>
        <p>Ein strafender Blick fuhr über ihn hin. &#x201E;Zwingen Sie mich, Ihnen die Geschichte noch einmal zu wiederholen? Das ginge doch wohl zu weit. Aber diese Liaison ist jetzt endgültig abgebrochen, nicht wahr? Das darf ich doch von Ihrer Ehrenhaftigkeit erwarten, hoffe ich! Ich lege kein zu starkes Gewicht auf diese Dinge,&#x201C; flüsterte sie dann, und ihre Miene ward mild und nachsichtig, &#x201E;wenn man selbst verheirathet gewesen ist, und &#x2013; ach, du mein Gott, man weiß es ja leider, wieviel leichtfertige Frauenzimmer es gibt, und wie die Verführung in jeder Gestalt an so einen jungen Mann herantritt.&#x201C;</p>
        <p>Hausdörffer erinnerte sich blitzartig schnell, daß auch er zuweilen geprahlt, man könne sich der Weiber kaum erwehren, in diesem Augenblicke gab er der Wahrheit die Ehre, ein ungeheurer Ekel packte ihn. &#x201E;Und Sie kommen zu mir, zu mir, von dem Sie in diese Weise denken,&#x201C; zischte er, &#x201E;um mir Ihre Tochter von neuem anzutragen? Ist das nicht über alle Begriffe?&#x201C;</p>
        <p>Er wollte noch mehr sagen, aber er sah die Frau blaß werden und zittern, und er bezwang sich.</p>
        <p>&#x201E;Ich habe es für Toni gethan; was thut eine Mutter nicht für ihr Kind,&#x201C; flüsterte sie mit einem Blick der Furcht und des Hasses. &#x201E;Das Mädchen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0173] „Aber was – was trauen Sie mir denn zu?“ rief er mit halberstickter Stimme. Ein strafender Blick fuhr über ihn hin. „Zwingen Sie mich, Ihnen die Geschichte noch einmal zu wiederholen? Das ginge doch wohl zu weit. Aber diese Liaison ist jetzt endgültig abgebrochen, nicht wahr? Das darf ich doch von Ihrer Ehrenhaftigkeit erwarten, hoffe ich! Ich lege kein zu starkes Gewicht auf diese Dinge,“ flüsterte sie dann, und ihre Miene ward mild und nachsichtig, „wenn man selbst verheirathet gewesen ist, und – ach, du mein Gott, man weiß es ja leider, wieviel leichtfertige Frauenzimmer es gibt, und wie die Verführung in jeder Gestalt an so einen jungen Mann herantritt.“ Hausdörffer erinnerte sich blitzartig schnell, daß auch er zuweilen geprahlt, man könne sich der Weiber kaum erwehren, in diesem Augenblicke gab er der Wahrheit die Ehre, ein ungeheurer Ekel packte ihn. „Und Sie kommen zu mir, zu mir, von dem Sie in diese Weise denken,“ zischte er, „um mir Ihre Tochter von neuem anzutragen? Ist das nicht über alle Begriffe?“ Er wollte noch mehr sagen, aber er sah die Frau blaß werden und zittern, und er bezwang sich. „Ich habe es für Toni gethan; was thut eine Mutter nicht für ihr Kind,“ flüsterte sie mit einem Blick der Furcht und des Hasses. „Das Mädchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/173
Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/173>, abgerufen am 25.11.2024.