Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.nichts, es geht nicht. Ich weiß auch die Adresse nicht." Er schmollte. "Soll ich das Adreßbuch vom Krämer holen?" Annita wollte ihm so gern helfen. "Nein, da steht sie doch nicht drin." Das Mädchen hätte gern mehr gefragt, aber sie dachte an das "Übergucken". "Wenn Ihr mir heut Abend keine Droschke besorgt, kriech' ich auf allen Vieren aus der Hausthür" "Könnte ich nicht den Weg für Dich machen?" schmeichelte Annita mit abgewendetem Gesicht. Adolf zog die Brauen empor und die Mundwinkel hinab; er sah tief unglücklich aus! "Na, seid Ihr recht fidel, Kinder?" sagte Frau Severin, die hereinkam, um sich zu ihnen zu setzen. Drei Tage hütete Annita den ungebärdigen Kranken wie eine Mutter ihren Säugling. Sie kam früh Morgens, wenn noch der Mond goldig am Himmel stand, von ihrer entfernten Wohnung herüber, - abends begleiteten Paul oder Max sie nach Hause. Er war zeitweilig freundlicher, der Patient, und gewann den Mädchen im Damenspiel Nickel ab. Aber von seinem vorübergehenden Frohsinn ließ sich Annita nicht täuschen. Er war unruhig, zuweilen ganz nervös, fuhr vom Sopha auf, wenn irgend ein Geräusch im Hause entstand, betheuerte von Zeit zu Zeit, jetzt müsse er fort, er könne und könne es nicht länger aushalten. nichts, es geht nicht. Ich weiß auch die Adresse nicht.“ Er schmollte. „Soll ich das Adreßbuch vom Krämer holen?“ Annita wollte ihm so gern helfen. „Nein, da steht sie doch nicht drin.“ Das Mädchen hätte gern mehr gefragt, aber sie dachte an das „Übergucken“. „Wenn Ihr mir heut Abend keine Droschke besorgt, kriech’ ich auf allen Vieren aus der Hausthür“ „Könnte ich nicht den Weg für Dich machen?“ schmeichelte Annita mit abgewendetem Gesicht. Adolf zog die Brauen empor und die Mundwinkel hinab; er sah tief unglücklich aus! „Na, seid Ihr recht fidel, Kinder?“ sagte Frau Severin, die hereinkam, um sich zu ihnen zu setzen. Drei Tage hütete Annita den ungebärdigen Kranken wie eine Mutter ihren Säugling. Sie kam früh Morgens, wenn noch der Mond goldig am Himmel stand, von ihrer entfernten Wohnung herüber, – abends begleiteten Paul oder Max sie nach Hause. Er war zeitweilig freundlicher, der Patient, und gewann den Mädchen im Damenspiel Nickel ab. Aber von seinem vorübergehenden Frohsinn ließ sich Annita nicht täuschen. Er war unruhig, zuweilen ganz nervös, fuhr vom Sopha auf, wenn irgend ein Geräusch im Hause entstand, betheuerte von Zeit zu Zeit, jetzt müsse er fort, er könne und könne es nicht länger aushalten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0258" n="250"/> nichts, es geht nicht. Ich weiß auch die Adresse nicht.“ Er schmollte.</p> <p>„Soll ich das Adreßbuch vom Krämer holen?“ Annita wollte ihm so gern helfen.</p> <p>„Nein, da steht sie doch nicht drin.“ Das Mädchen hätte gern mehr gefragt, aber sie dachte an das „Übergucken“.</p> <p>„Wenn Ihr mir heut Abend keine Droschke besorgt, kriech’ ich auf allen Vieren aus der Hausthür“</p> <p>„Könnte ich nicht den Weg für Dich machen?“ schmeichelte Annita mit abgewendetem Gesicht.</p> <p>Adolf zog die Brauen empor und die Mundwinkel hinab; er sah tief unglücklich aus!</p> <p>„Na, seid Ihr recht fidel, Kinder?“ sagte Frau Severin, die hereinkam, um sich zu ihnen zu setzen.</p> <p>Drei Tage hütete Annita den ungebärdigen Kranken wie eine Mutter ihren Säugling. Sie kam früh Morgens, wenn noch der Mond goldig am Himmel stand, von ihrer entfernten Wohnung herüber, – abends begleiteten Paul oder Max sie nach Hause. Er war zeitweilig freundlicher, der Patient, und gewann den Mädchen im Damenspiel Nickel ab. Aber von seinem vorübergehenden Frohsinn ließ sich Annita nicht täuschen. Er war unruhig, zuweilen ganz nervös, fuhr vom Sopha auf, wenn irgend ein Geräusch im Hause entstand, betheuerte von Zeit zu Zeit, jetzt <hi rendition="#g">müsse</hi> er fort, er könne und könne es nicht länger aushalten. </p> </div> </body> </text> </TEI> [250/0258]
nichts, es geht nicht. Ich weiß auch die Adresse nicht.“ Er schmollte.
„Soll ich das Adreßbuch vom Krämer holen?“ Annita wollte ihm so gern helfen.
„Nein, da steht sie doch nicht drin.“ Das Mädchen hätte gern mehr gefragt, aber sie dachte an das „Übergucken“.
„Wenn Ihr mir heut Abend keine Droschke besorgt, kriech’ ich auf allen Vieren aus der Hausthür“
„Könnte ich nicht den Weg für Dich machen?“ schmeichelte Annita mit abgewendetem Gesicht.
Adolf zog die Brauen empor und die Mundwinkel hinab; er sah tief unglücklich aus!
„Na, seid Ihr recht fidel, Kinder?“ sagte Frau Severin, die hereinkam, um sich zu ihnen zu setzen.
Drei Tage hütete Annita den ungebärdigen Kranken wie eine Mutter ihren Säugling. Sie kam früh Morgens, wenn noch der Mond goldig am Himmel stand, von ihrer entfernten Wohnung herüber, – abends begleiteten Paul oder Max sie nach Hause. Er war zeitweilig freundlicher, der Patient, und gewann den Mädchen im Damenspiel Nickel ab. Aber von seinem vorübergehenden Frohsinn ließ sich Annita nicht täuschen. Er war unruhig, zuweilen ganz nervös, fuhr vom Sopha auf, wenn irgend ein Geräusch im Hause entstand, betheuerte von Zeit zu Zeit, jetzt müsse er fort, er könne und könne es nicht länger aushalten.
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