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Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

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ist die Lisbeth! Natürlich sollst Du die Bücher haben, ich mache Dir ein ordentliches Paket zusammen, und dann kannst Du sehen, ob Du's brauchen kannst. Ich habe allerdings keinen Hochschein, was Du verstehst, oder was Du eigentlich lernen möchtest. Du drückst Dich ziemlich unpräcise aus. Auch möchte ich Dir die Illusion beschneiden, daß es "uns" so viel klarer und sicherer im Kopf sei. Ich sage Dir, wir rennen täglich an ein neues Brett, wo wir nicht weiter können. Schadet aber nicht, das Rennen selbst ist die Freude. Daß Du die "einfachsten Dinge" nicht beantworten kannst, braucht Dich auch nicht zu ärgern, die "einfachsten Dinge" sind meist die komplizirtesten. Frag mich zum Beispiel nicht, warum der Baum wächst, Wasser aus dem Boden aufnimmt und bis in die höchste Krone treibt; es hat's noch kein Gelehrter recht ergründet. Wir beschäftigen uns übrigens recht wenig jetzt mit Spekulation, die Metaphysik ist an den Nagel gehängt. Alle Wissenschaft ist heute deskriptiv, und warum Ihr Weibsen da nicht ebensogut wie wir Eure Augen und Ohren aufthun und beobachten solltet, wüßte ich wahrhaftig nicht zu sagen. Entschuldige, liebe Cousine, aber die Wahrheit ist, daß Ihr scheußlich faul und indolent seid, so im Allgemeinen. Du nicht, Du scheinst mir ja eine wundervolle Ausnahme zu sein, obwohl Du freilich auch bis zu Deinem zwanzigsten Jahr warten mußtest, ehe Du Augen kriegtest!

ist die Lisbeth! Natürlich sollst Du die Bücher haben, ich mache Dir ein ordentliches Paket zusammen, und dann kannst Du sehen, ob Du’s brauchen kannst. Ich habe allerdings keinen Hochschein, was Du verstehst, oder was Du eigentlich lernen möchtest. Du drückst Dich ziemlich unpräcise aus. Auch möchte ich Dir die Illusion beschneiden, daß es „uns“ so viel klarer und sicherer im Kopf sei. Ich sage Dir, wir rennen täglich an ein neues Brett, wo wir nicht weiter können. Schadet aber nicht, das Rennen selbst ist die Freude. Daß Du die „einfachsten Dinge“ nicht beantworten kannst, braucht Dich auch nicht zu ärgern, die „einfachsten Dinge“ sind meist die komplizirtesten. Frag mich zum Beispiel nicht, warum der Baum wächst, Wasser aus dem Boden aufnimmt und bis in die höchste Krone treibt; es hat’s noch kein Gelehrter recht ergründet. Wir beschäftigen uns übrigens recht wenig jetzt mit Spekulation, die Metaphysik ist an den Nagel gehängt. Alle Wissenschaft ist heute deskriptiv, und warum Ihr Weibsen da nicht ebensogut wie wir Eure Augen und Ohren aufthun und beobachten solltet, wüßte ich wahrhaftig nicht zu sagen. Entschuldige, liebe Cousine, aber die Wahrheit ist, daß Ihr scheußlich faul und indolent seid, so im Allgemeinen. Du nicht, Du scheinst mir ja eine wundervolle Ausnahme zu sein, obwohl Du freilich auch bis zu Deinem zwanzigsten Jahr warten mußtest, ehe Du Augen kriegtest!

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[309/0317] ist die Lisbeth! Natürlich sollst Du die Bücher haben, ich mache Dir ein ordentliches Paket zusammen, und dann kannst Du sehen, ob Du’s brauchen kannst. Ich habe allerdings keinen Hochschein, was Du verstehst, oder was Du eigentlich lernen möchtest. Du drückst Dich ziemlich unpräcise aus. Auch möchte ich Dir die Illusion beschneiden, daß es „uns“ so viel klarer und sicherer im Kopf sei. Ich sage Dir, wir rennen täglich an ein neues Brett, wo wir nicht weiter können. Schadet aber nicht, das Rennen selbst ist die Freude. Daß Du die „einfachsten Dinge“ nicht beantworten kannst, braucht Dich auch nicht zu ärgern, die „einfachsten Dinge“ sind meist die komplizirtesten. Frag mich zum Beispiel nicht, warum der Baum wächst, Wasser aus dem Boden aufnimmt und bis in die höchste Krone treibt; es hat’s noch kein Gelehrter recht ergründet. Wir beschäftigen uns übrigens recht wenig jetzt mit Spekulation, die Metaphysik ist an den Nagel gehängt. Alle Wissenschaft ist heute deskriptiv, und warum Ihr Weibsen da nicht ebensogut wie wir Eure Augen und Ohren aufthun und beobachten solltet, wüßte ich wahrhaftig nicht zu sagen. Entschuldige, liebe Cousine, aber die Wahrheit ist, daß Ihr scheußlich faul und indolent seid, so im Allgemeinen. Du nicht, Du scheinst mir ja eine wundervolle Ausnahme zu sein, obwohl Du freilich auch bis zu Deinem zwanzigsten Jahr warten mußtest, ehe Du Augen kriegtest!

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/317>, abgerufen am 22.11.2024.