Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.Schweigend und langsam erröthend spazierte sie neben ihm hin. Zuletzt glaubte er, der mit gespannten Ohren lauschte, etwas von "wieder gut sein" flüstern zu hören. Aber es rührte ihn wenig. "Wozu?" fragte er herb, "Sie haben beständig Lust zu lachen, und ich habe keine Lust zu lachen! Wir verstehen uns nicht, und meine Zeit ist mir zu werthvoll, um sie damit auszufüllen, daß ich Ihnen die Ihrige vertreibe." Mit Befriedigung bemerkte er, daß sie wieder nasse Augen bekam. Er wurde immer grausamer. "Und übrigens, was nützt mir Ihre Güte? Sie wissen, oder können sich's denken, daß ich noch nicht heirathen kann. Vielleicht in zehn Jahren, eher nicht. Also! Und was es sonst noch so gibt, zwischen einem Mann und einem Weibe geben kann, geben könnte, das gibt es für Sie, Fräulein, keinenfalls. Dazu gehört Muth, und wie käme ein" - er stockte - "eine gebildete junge Dame der heutigen guten Gesellschaft zu solchem Muth." Er warf ihr einen heftig forschenden Blick zu, sie hatte tief den Kopf gesenkt und schien wie erstarrt in jeder Bewegung. Die Glocke zum Wiederbeginn der Scene ertönte. "Leben Sie wohl und machen Sie sich nach jeder Richtung hin Vergnügen," fuhr er sarkastisch fort, "es war nur ein flüchtiger Irrthum von Ihnen, daß Sie meiner dazu bedürften." Er verbeugte sich leicht und trat von ihr weg. Mag sie sich allein zu ihrer Schweigend und langsam erröthend spazierte sie neben ihm hin. Zuletzt glaubte er, der mit gespannten Ohren lauschte, etwas von „wieder gut sein“ flüstern zu hören. Aber es rührte ihn wenig. „Wozu?“ fragte er herb, „Sie haben beständig Lust zu lachen, und ich habe keine Lust zu lachen! Wir verstehen uns nicht, und meine Zeit ist mir zu werthvoll, um sie damit auszufüllen, daß ich Ihnen die Ihrige vertreibe.“ Mit Befriedigung bemerkte er, daß sie wieder nasse Augen bekam. Er wurde immer grausamer. „Und übrigens, was nützt mir Ihre Güte? Sie wissen, oder können sich’s denken, daß ich noch nicht heirathen kann. Vielleicht in zehn Jahren, eher nicht. Also! Und was es sonst noch so gibt, zwischen einem Mann und einem Weibe geben kann, geben könnte, das gibt es für Sie, Fräulein, keinenfalls. Dazu gehört Muth, und wie käme ein“ – er stockte – „eine gebildete junge Dame der heutigen guten Gesellschaft zu solchem Muth.“ Er warf ihr einen heftig forschenden Blick zu, sie hatte tief den Kopf gesenkt und schien wie erstarrt in jeder Bewegung. Die Glocke zum Wiederbeginn der Scene ertönte. „Leben Sie wohl und machen Sie sich nach jeder Richtung hin Vergnügen,“ fuhr er sarkastisch fort, „es war nur ein flüchtiger Irrthum von Ihnen, daß Sie meiner dazu bedürften.“ Er verbeugte sich leicht und trat von ihr weg. Mag sie sich allein zu ihrer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0038" n="30"/> <p>Schweigend und langsam erröthend spazierte sie neben ihm hin.</p> <p>Zuletzt glaubte er, der mit gespannten Ohren lauschte, etwas von „wieder gut sein“ flüstern zu hören. Aber es rührte ihn wenig. „Wozu?“ fragte er herb, „Sie haben beständig Lust zu lachen, und ich habe keine Lust zu lachen! Wir verstehen uns nicht, und meine Zeit ist mir zu werthvoll, um sie damit auszufüllen, daß ich Ihnen die Ihrige vertreibe.“ Mit Befriedigung bemerkte er, daß sie wieder nasse Augen bekam. Er wurde immer grausamer. „Und übrigens, was nützt mir Ihre Güte? Sie wissen, oder können sich’s denken, daß ich noch nicht heirathen kann. Vielleicht in zehn Jahren, eher nicht. Also! Und was es sonst noch so gibt, zwischen einem Mann und einem Weibe geben kann, geben könnte, das gibt es für Sie, Fräulein, keinenfalls. Dazu gehört Muth, und wie käme ein“ – er stockte – „eine gebildete junge Dame der heutigen guten Gesellschaft zu solchem Muth.“ Er warf ihr einen heftig forschenden Blick zu, sie hatte tief den Kopf gesenkt und schien wie erstarrt in jeder Bewegung. Die Glocke zum Wiederbeginn der Scene ertönte. „Leben Sie wohl und machen Sie sich nach jeder Richtung hin Vergnügen,“ fuhr er sarkastisch fort, „es war nur ein flüchtiger Irrthum von Ihnen, daß Sie meiner dazu bedürften.“ Er verbeugte sich leicht und trat von ihr weg. Mag sie sich allein zu ihrer </p> </div> </body> </text> </TEI> [30/0038]
Schweigend und langsam erröthend spazierte sie neben ihm hin.
Zuletzt glaubte er, der mit gespannten Ohren lauschte, etwas von „wieder gut sein“ flüstern zu hören. Aber es rührte ihn wenig. „Wozu?“ fragte er herb, „Sie haben beständig Lust zu lachen, und ich habe keine Lust zu lachen! Wir verstehen uns nicht, und meine Zeit ist mir zu werthvoll, um sie damit auszufüllen, daß ich Ihnen die Ihrige vertreibe.“ Mit Befriedigung bemerkte er, daß sie wieder nasse Augen bekam. Er wurde immer grausamer. „Und übrigens, was nützt mir Ihre Güte? Sie wissen, oder können sich’s denken, daß ich noch nicht heirathen kann. Vielleicht in zehn Jahren, eher nicht. Also! Und was es sonst noch so gibt, zwischen einem Mann und einem Weibe geben kann, geben könnte, das gibt es für Sie, Fräulein, keinenfalls. Dazu gehört Muth, und wie käme ein“ – er stockte – „eine gebildete junge Dame der heutigen guten Gesellschaft zu solchem Muth.“ Er warf ihr einen heftig forschenden Blick zu, sie hatte tief den Kopf gesenkt und schien wie erstarrt in jeder Bewegung. Die Glocke zum Wiederbeginn der Scene ertönte. „Leben Sie wohl und machen Sie sich nach jeder Richtung hin Vergnügen,“ fuhr er sarkastisch fort, „es war nur ein flüchtiger Irrthum von Ihnen, daß Sie meiner dazu bedürften.“ Er verbeugte sich leicht und trat von ihr weg. Mag sie sich allein zu ihrer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |