Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

ähnlich, aber ihn wandelte die Lust an, sie zum Fenster hinauszuwerfen, obgleich sie nun in der Lampenbeleuchtung einen zierlichen Schatten an die Zimmertäfelung warfen und etwas festliches über den ganzen Raum verbreiteten. Hoffmann war ihm unsympathisch. Er hatte eine so schafsgeduldige Miene und betrieb den Kommunismus bereits praktisch, während die anderen noch theoretisirten. Auf seiner Bude gab es beständig verlumpte, verhungerte Mitschläfer und Mitesser. Wer in Hoffmann's Nähe kam, wurde für diese "Genossen" unfehlbar angepumpt. Er selbst hatte seine Bedürfnisse auf das Geringste beschränkt. Aber er führte auch Reden wie: "Unbegreiflich, daß es Menschen gibt, die zwei Stuben haben, drei sogar! Denkt euch, drei Stuben hat dieser Maler, dieser - ich will ihn nicht nennen, denn ich möchte niemand aufhetzen. Er sagt, er brauche das zum Malen. Wenn er das Geld für all' den Luxus, Farben, Leinwand, was weiß ich, den Genossen zukommen ließe, wieviel mehr diente er der Menschheit als durch diese Bilder, dieser Porträts, die ihm seine Zeit und sein Geld kosten." Iversen hielt sich bei solchen Exkursen die Ohren zu. Auch das vermochte Hoffmann nicht zu kränken. "Wenn du wieder hören magst, sprech ich weiter," sagte er gemütlich. Er hatte Zeiten, wo er Iversen geradezu belagerte. Der hatte schon einmal Blumen gebracht. Und als Iversen ihn kaltblütig fragte, ob

ähnlich, aber ihn wandelte die Lust an, sie zum Fenster hinauszuwerfen, obgleich sie nun in der Lampenbeleuchtung einen zierlichen Schatten an die Zimmertäfelung warfen und etwas festliches über den ganzen Raum verbreiteten. Hoffmann war ihm unsympathisch. Er hatte eine so schafsgeduldige Miene und betrieb den Kommunismus bereits praktisch, während die anderen noch theoretisirten. Auf seiner Bude gab es beständig verlumpte, verhungerte Mitschläfer und Mitesser. Wer in Hoffmann’s Nähe kam, wurde für diese „Genossen“ unfehlbar angepumpt. Er selbst hatte seine Bedürfnisse auf das Geringste beschränkt. Aber er führte auch Reden wie: „Unbegreiflich, daß es Menschen gibt, die zwei Stuben haben, drei sogar! Denkt euch, drei Stuben hat dieser Maler, dieser – ich will ihn nicht nennen, denn ich möchte niemand aufhetzen. Er sagt, er brauche das zum Malen. Wenn er das Geld für all’ den Luxus, Farben, Leinwand, was weiß ich, den Genossen zukommen ließe, wieviel mehr diente er der Menschheit als durch diese Bilder, dieser Porträts, die ihm seine Zeit und sein Geld kosten.“ Iversen hielt sich bei solchen Exkursen die Ohren zu. Auch das vermochte Hoffmann nicht zu kränken. „Wenn du wieder hören magst, sprech ich weiter,“ sagte er gemütlich. Er hatte Zeiten, wo er Iversen geradezu belagerte. Der hatte schon einmal Blumen gebracht. Und als Iversen ihn kaltblütig fragte, ob

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0043" n="35"/>
ähnlich, aber ihn wandelte die Lust an, sie zum Fenster hinauszuwerfen, obgleich sie nun in der Lampenbeleuchtung einen zierlichen Schatten an die Zimmertäfelung warfen und etwas festliches über den ganzen Raum verbreiteten. Hoffmann war ihm unsympathisch. Er hatte eine so schafsgeduldige Miene und betrieb den Kommunismus bereits praktisch, während die anderen noch theoretisirten. Auf seiner Bude gab es beständig verlumpte, verhungerte Mitschläfer und Mitesser. Wer in Hoffmann&#x2019;s Nähe kam, wurde für diese &#x201E;Genossen&#x201C; unfehlbar angepumpt. Er selbst hatte seine Bedürfnisse auf das Geringste beschränkt. Aber er führte auch Reden wie: &#x201E;Unbegreiflich, daß es Menschen gibt, die zwei Stuben haben, drei sogar! Denkt euch, drei Stuben hat dieser Maler, dieser &#x2013; ich will ihn nicht nennen, denn ich möchte niemand aufhetzen. Er sagt, er brauche das zum Malen. Wenn er das Geld für all&#x2019; den Luxus, Farben, Leinwand, was weiß ich, den Genossen zukommen ließe, wieviel mehr diente er der Menschheit als durch diese Bilder, dieser Porträts, die ihm seine Zeit und sein Geld kosten.&#x201C; Iversen hielt sich bei solchen Exkursen die Ohren zu. Auch das vermochte Hoffmann nicht zu kränken. &#x201E;Wenn du wieder hören magst, sprech ich weiter,&#x201C; sagte er gemütlich. Er hatte Zeiten, wo er Iversen geradezu belagerte. Der hatte schon einmal Blumen gebracht. Und als Iversen ihn kaltblütig fragte, ob
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0043] ähnlich, aber ihn wandelte die Lust an, sie zum Fenster hinauszuwerfen, obgleich sie nun in der Lampenbeleuchtung einen zierlichen Schatten an die Zimmertäfelung warfen und etwas festliches über den ganzen Raum verbreiteten. Hoffmann war ihm unsympathisch. Er hatte eine so schafsgeduldige Miene und betrieb den Kommunismus bereits praktisch, während die anderen noch theoretisirten. Auf seiner Bude gab es beständig verlumpte, verhungerte Mitschläfer und Mitesser. Wer in Hoffmann’s Nähe kam, wurde für diese „Genossen“ unfehlbar angepumpt. Er selbst hatte seine Bedürfnisse auf das Geringste beschränkt. Aber er führte auch Reden wie: „Unbegreiflich, daß es Menschen gibt, die zwei Stuben haben, drei sogar! Denkt euch, drei Stuben hat dieser Maler, dieser – ich will ihn nicht nennen, denn ich möchte niemand aufhetzen. Er sagt, er brauche das zum Malen. Wenn er das Geld für all’ den Luxus, Farben, Leinwand, was weiß ich, den Genossen zukommen ließe, wieviel mehr diente er der Menschheit als durch diese Bilder, dieser Porträts, die ihm seine Zeit und sein Geld kosten.“ Iversen hielt sich bei solchen Exkursen die Ohren zu. Auch das vermochte Hoffmann nicht zu kränken. „Wenn du wieder hören magst, sprech ich weiter,“ sagte er gemütlich. Er hatte Zeiten, wo er Iversen geradezu belagerte. Der hatte schon einmal Blumen gebracht. Und als Iversen ihn kaltblütig fragte, ob

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/43
Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/43>, abgerufen am 21.11.2024.