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Breuer, Josef und Freud, Sigmund: Studien über Hysterie. Leipzig u. a., 1895.

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betreffenden Individuum und die Affektgrösse des Traumas in entgegengesetztem Sinne variiren.

Wir wissen nichts Neues darüber zu sagen, worin die disponirenden hypnoiden Zustände begründet sind. Sie entwickeln sich oft, sollten wir meinen, aus dem auch bei Gesunden so häufigen "Tagträumen", zu dem z. B. die weiblichen Handarbeiten so viel Anlass bieten. Die Frage, wesshalb die "pathologischen Associationen", die sich in solchen Zuständen bilden, so feste sind und die somatischen Vorgänge so viel stärker beeinflussen, als wir es sonst von Vorstellungen gewohnt sind, fällt zusammen mit dem Problem der Wirksamkeit hypnotischer Suggestionen überhaupt. Unsere Erfahrungen bringen hierüber nichts Neues, sie beleuchten dagegen den Widerspruch zwischen dem Satz: "Hysterie ist eine Psychose", und der Thatsache, dass man unter den Hysterischen die geistig klarsten, willensstärksten, charaktervollsten und kritischsten Menschen finden kann. In diesen Fällen ist solche Charakteristik richtig für das wache Denken des Menschen, in seinen hypnoiden Zuständen ist er alienirt, wie wir es alle im Traum sind. Aber während unsere Traumpsychosen unseren Wachzustand nicht beeinflussen, ragen die Producte der hypnoiden Zustände als hysterische Phänomene in's wache Leben hinein.

IV.

Fast die nämlichen Behauptungen, die wir für die hysterischen Dauersymptome aufgestellt haben, können wir auch für die hysterischen Anfälle wiederholen. Wir besitzen, wie bekannt, eine von Charcot gegebene schematische Beschreibung des "grossen" hysterischen Anfalles, welcher zufolge ein vollständiger Anfall vier Phasen erkennen lässt, 1. die epileptoide, 2. die der grossen Bewegungen, 3. die der attitudes passionnelles (die hallucinatorische Phase), 4. die des abschliessenden Deliriums. Aus der Verkürzung und Verlängerung, dem Ausfall und der Isolirung der einzelnen Phasen lässt Charcot alle jene Formen des hysterischen Anfalles hervorgehen, die man thatsächlich häufiger als die vollständige grande attaque beobachtet.

Unser Erklärungsversuch knüpft an die dritte Phase, die der attitudes passionelles an. Wo dieselbe ausgeprägt ist, liegt in ihr die hallucinatorische Reproduction einer Erinnerung bloss, welche für den Ausbruch der Hysterie bedeutsam war, die Erinnerung an das eine grosse Trauma der kat' exokhen sogenannten traumatischen Hysterie oder an eine Reihe von zusammengehörigen Partialtraumen, wie sie

betreffenden Individuum und die Affektgrösse des Traumas in entgegengesetztem Sinne variiren.

Wir wissen nichts Neues darüber zu sagen, worin die disponirenden hypnoiden Zustände begründet sind. Sie entwickeln sich oft, sollten wir meinen, aus dem auch bei Gesunden so häufigen „Tagträumen“, zu dem z. B. die weiblichen Handarbeiten so viel Anlass bieten. Die Frage, wesshalb die „pathologischen Associationen“, die sich in solchen Zuständen bilden, so feste sind und die somatischen Vorgänge so viel stärker beeinflussen, als wir es sonst von Vorstellungen gewohnt sind, fällt zusammen mit dem Problem der Wirksamkeit hypnotischer Suggestionen überhaupt. Unsere Erfahrungen bringen hierüber nichts Neues, sie beleuchten dagegen den Widerspruch zwischen dem Satz: „Hysterie ist eine Psychose“, und der Thatsache, dass man unter den Hysterischen die geistig klarsten, willensstärksten, charaktervollsten und kritischsten Menschen finden kann. In diesen Fällen ist solche Charakteristik richtig für das wache Denken des Menschen, in seinen hypnoiden Zuständen ist er alienirt, wie wir es alle im Traum sind. Aber während unsere Traumpsychosen unseren Wachzustand nicht beeinflussen, ragen die Producte der hypnoiden Zustände als hysterische Phänomene in’s wache Leben hinein.

IV.

Fast die nämlichen Behauptungen, die wir für die hysterischen Dauersymptome aufgestellt haben, können wir auch für die hysterischen Anfälle wiederholen. Wir besitzen, wie bekannt, eine von Charcot gegebene schematische Beschreibung des „grossen“ hysterischen Anfalles, welcher zufolge ein vollständiger Anfall vier Phasen erkennen lässt, 1. die epileptoide, 2. die der grossen Bewegungen, 3. die der attitudes passionnelles (die hallucinatorische Phase), 4. die des abschliessenden Deliriums. Aus der Verkürzung und Verlängerung, dem Ausfall und der Isolirung der einzelnen Phasen lässt Charcot alle jene Formen des hysterischen Anfalles hervorgehen, die man thatsächlich häufiger als die vollständige grande attaque beobachtet.

Unser Erklärungsversuch knüpft an die dritte Phase, die der attitudes passionelles an. Wo dieselbe ausgeprägt ist, liegt in ihr die hallucinatorische Reproduction einer Erinnerung bloss, welche für den Ausbruch der Hysterie bedeutsam war, die Erinnerung an das eine grosse Trauma der κατ’ ἐξοχὴν sogenannten traumatischen Hysterie oder an eine Reihe von zusammengehörigen Partialtraumen, wie sie

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[10/0016] betreffenden Individuum und die Affektgrösse des Traumas in entgegengesetztem Sinne variiren. Wir wissen nichts Neues darüber zu sagen, worin die disponirenden hypnoiden Zustände begründet sind. Sie entwickeln sich oft, sollten wir meinen, aus dem auch bei Gesunden so häufigen „Tagträumen“, zu dem z. B. die weiblichen Handarbeiten so viel Anlass bieten. Die Frage, wesshalb die „pathologischen Associationen“, die sich in solchen Zuständen bilden, so feste sind und die somatischen Vorgänge so viel stärker beeinflussen, als wir es sonst von Vorstellungen gewohnt sind, fällt zusammen mit dem Problem der Wirksamkeit hypnotischer Suggestionen überhaupt. Unsere Erfahrungen bringen hierüber nichts Neues, sie beleuchten dagegen den Widerspruch zwischen dem Satz: „Hysterie ist eine Psychose“, und der Thatsache, dass man unter den Hysterischen die geistig klarsten, willensstärksten, charaktervollsten und kritischsten Menschen finden kann. In diesen Fällen ist solche Charakteristik richtig für das wache Denken des Menschen, in seinen hypnoiden Zuständen ist er alienirt, wie wir es alle im Traum sind. Aber während unsere Traumpsychosen unseren Wachzustand nicht beeinflussen, ragen die Producte der hypnoiden Zustände als hysterische Phänomene in’s wache Leben hinein. IV. Fast die nämlichen Behauptungen, die wir für die hysterischen Dauersymptome aufgestellt haben, können wir auch für die hysterischen Anfälle wiederholen. Wir besitzen, wie bekannt, eine von Charcot gegebene schematische Beschreibung des „grossen“ hysterischen Anfalles, welcher zufolge ein vollständiger Anfall vier Phasen erkennen lässt, 1. die epileptoide, 2. die der grossen Bewegungen, 3. die der attitudes passionnelles (die hallucinatorische Phase), 4. die des abschliessenden Deliriums. Aus der Verkürzung und Verlängerung, dem Ausfall und der Isolirung der einzelnen Phasen lässt Charcot alle jene Formen des hysterischen Anfalles hervorgehen, die man thatsächlich häufiger als die vollständige grande attaque beobachtet. Unser Erklärungsversuch knüpft an die dritte Phase, die der attitudes passionelles an. Wo dieselbe ausgeprägt ist, liegt in ihr die hallucinatorische Reproduction einer Erinnerung bloss, welche für den Ausbruch der Hysterie bedeutsam war, die Erinnerung an das eine grosse Trauma der κατ’ ἐξοχὴν sogenannten traumatischen Hysterie oder an eine Reihe von zusammengehörigen Partialtraumen, wie sie

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Zitationshilfe: Breuer, Josef und Freud, Sigmund: Studien über Hysterie. Leipzig u. a., 1895, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/freud_hysterie_1895/16>, abgerufen am 21.11.2024.