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Breuer, Josef und Freud, Sigmund: Studien über Hysterie. Leipzig u. a., 1895.

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Mit der Erwähnung dieses sexuellen Traumas in früher Jugend war aber nicht nur die Herkunft der ersten Zwangsvorstellungen, sondern auch das späterhin pathogen wirkende Trauma aufgedeckt. - Die Sonderbarkeit dieses Falles bestand nur in dem Auftauchen von einzelnen Schlagworten, die von uns zu Sätzen verarbeitet werden mussten, denn der Schein der Beziehungs- und Zusammenhangslosigkeit haftet an den ganzen Einfällen und Scenen, die sich sonst beim Drücken ergeben, gerade so wie an diesen orakelhaft hervorgestossenen Worten. Bei weiterer Verfolgung stellt sich dann regelmässig heraus, dass die scheinbar unzusammenhängenden Reminiscenzen durch Gedankenbande enge verknüpft sind, und dass sie ganz direct zu dem gesuchten pathogenen Moment hinführen.

Gerne erinnere ich mich daher an einen Fall von Analyse, in welchem mein Zutrauen in die Ergebnisse des Drückens zuerst auf eine harte Probe gestellt, dann aber glänzend gerechtfertigt wurde: Eine sehr intelligente und anscheinend sehr glückliche junge Frau hatte mich wegen eines hartnäckigen Schmerzes im Unterleib consultirt, welcher der Therapie nicht weichen wollte. Ich erkannte, dass der Schmerz in den Bauchdecken sitze, auf greifbare Muskelschwielen zu beziehen sei, und ordnete locale Behandlung an.

Nach Monaten sah ich die Kranke wieder, die mir sagte: Der Schmerz von damals ist nach der angerathenen Behandlung vergangen und lange weggeblieben, aber jetzt ist er als nervöser wiedergekehrt. Ich erkenne es daran, dass ich ihn nicht mehr bei Bewegungen habe wie früher, sondern nur zu bestimmten Stunden, z. B. morgens beim Erwachen und bei Aufregungen von gewisser Art. - Die Diagnose der Dame war ganz richtig; es galt jetzt, die Ursache dieses Schmerzes auffinden, und dazu konnte sie mir im unbeeinflussten Zustande nicht verhelfen. In der Concentration und unter dem Drucke meiner Hand, als ich sie fragte, ob ihr etwas einfiele oder ob sie etwas sehe, entschied sie sich für's Sehen und begann mir ihre Gesichtsbilder zu beschreiben. Sie sah etwas wie eine Sonne mit Strahlen, was ich natürlich für ein Phosphen, hervorgebracht durch Druck auf die Augen, halten musste. Ich erwartete, dass Brauchbareres nachkommen würde, allein sie setzte fort: Sterne von eigenthümlich blassblauem Licht wie Mondlicht u. dgl. mehr, lauter Flimmer, Glanz und leuchtende Punkte vor den Augen, wie ich meinte. Ich war schon bereit, diesen Versuch zu den missglückten zu zählen, und dachte daran, wie ich mich unauffällig aus der Affaire ziehen

Mit der Erwähnung dieses sexuellen Traumas in früher Jugend war aber nicht nur die Herkunft der ersten Zwangsvorstellungen, sondern auch das späterhin pathogen wirkende Trauma aufgedeckt. – Die Sonderbarkeit dieses Falles bestand nur in dem Auftauchen von einzelnen Schlagworten, die von uns zu Sätzen verarbeitet werden mussten, denn der Schein der Beziehungs- und Zusammenhangslosigkeit haftet an den ganzen Einfällen und Scenen, die sich sonst beim Drücken ergeben, gerade so wie an diesen orakelhaft hervorgestossenen Worten. Bei weiterer Verfolgung stellt sich dann regelmässig heraus, dass die scheinbar unzusammenhängenden Reminiscenzen durch Gedankenbande enge verknüpft sind, und dass sie ganz direct zu dem gesuchten pathogenen Moment hinführen.

Gerne erinnere ich mich daher an einen Fall von Analyse, in welchem mein Zutrauen in die Ergebnisse des Drückens zuerst auf eine harte Probe gestellt, dann aber glänzend gerechtfertigt wurde: Eine sehr intelligente und anscheinend sehr glückliche junge Frau hatte mich wegen eines hartnäckigen Schmerzes im Unterleib consultirt, welcher der Therapie nicht weichen wollte. Ich erkannte, dass der Schmerz in den Bauchdecken sitze, auf greifbare Muskelschwielen zu beziehen sei, und ordnete locale Behandlung an.

Nach Monaten sah ich die Kranke wieder, die mir sagte: Der Schmerz von damals ist nach der angerathenen Behandlung vergangen und lange weggeblieben, aber jetzt ist er als nervöser wiedergekehrt. Ich erkenne es daran, dass ich ihn nicht mehr bei Bewegungen habe wie früher, sondern nur zu bestimmten Stunden, z. B. morgens beim Erwachen und bei Aufregungen von gewisser Art. – Die Diagnose der Dame war ganz richtig; es galt jetzt, die Ursache dieses Schmerzes auffinden, und dazu konnte sie mir im unbeeinflussten Zustande nicht verhelfen. In der Concentration und unter dem Drucke meiner Hand, als ich sie fragte, ob ihr etwas einfiele oder ob sie etwas sehe, entschied sie sich für’s Sehen und begann mir ihre Gesichtsbilder zu beschreiben. Sie sah etwas wie eine Sonne mit Strahlen, was ich natürlich für ein Phosphen, hervorgebracht durch Druck auf die Augen, halten musste. Ich erwartete, dass Brauchbareres nachkommen würde, allein sie setzte fort: Sterne von eigenthümlich blassblauem Licht wie Mondlicht u. dgl. mehr, lauter Flimmer, Glanz und leuchtende Punkte vor den Augen, wie ich meinte. Ich war schon bereit, diesen Versuch zu den missglückten zu zählen, und dachte daran, wie ich mich unauffällig aus der Affaire ziehen

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Mit der Erwähnung dieses sexuellen Traumas in früher Jugend war aber nicht nur die Herkunft der ersten Zwangsvorstellungen, sondern auch das späterhin pathogen wirkende Trauma aufgedeckt. &#x2013; Die Sonderbarkeit dieses Falles bestand nur in dem Auftauchen von einzelnen Schlagworten, die von uns zu Sätzen verarbeitet werden mussten, denn der Schein der Beziehungs- und Zusammenhangslosigkeit haftet an den ganzen Einfällen und Scenen, die sich sonst beim Drücken ergeben, gerade so wie an diesen orakelhaft hervorgestossenen Worten. Bei weiterer Verfolgung stellt sich dann regelmässig heraus, dass die scheinbar unzusammenhängenden Reminiscenzen durch Gedankenbande enge verknüpft sind, und dass sie ganz direct zu dem gesuchten pathogenen Moment hinführen.</p>
          <p>Gerne erinnere ich mich daher an einen Fall von Analyse, in welchem mein Zutrauen in die Ergebnisse des Drückens zuerst auf eine harte Probe gestellt, dann aber glänzend gerechtfertigt wurde: Eine sehr intelligente und anscheinend sehr glückliche junge Frau hatte mich wegen eines hartnäckigen Schmerzes im Unterleib consultirt, welcher der Therapie nicht weichen wollte. Ich erkannte, dass der Schmerz in den Bauchdecken sitze, auf greifbare Muskelschwielen zu beziehen sei, und ordnete locale Behandlung an.</p>
          <p>Nach Monaten sah ich die Kranke wieder, die mir sagte: Der Schmerz von damals ist nach der angerathenen Behandlung vergangen und lange weggeblieben, aber jetzt ist er als nervöser wiedergekehrt. Ich erkenne es daran, dass ich ihn nicht mehr bei Bewegungen habe wie früher, sondern nur zu bestimmten Stunden, z. B. morgens beim Erwachen und bei Aufregungen von gewisser Art. &#x2013; Die Diagnose der Dame war ganz richtig; es galt jetzt, die Ursache dieses Schmerzes auffinden, und dazu konnte sie mir im unbeeinflussten Zustande nicht verhelfen. In der Concentration und unter dem Drucke meiner Hand, als ich sie fragte, ob ihr etwas einfiele oder ob sie etwas sehe, entschied sie sich für&#x2019;s Sehen und begann mir ihre Gesichtsbilder zu beschreiben. Sie sah etwas wie eine Sonne mit Strahlen, was ich natürlich für ein Phosphen, hervorgebracht durch Druck auf die Augen, halten musste. Ich erwartete, dass Brauchbareres nachkommen würde, allein sie setzte fort: Sterne von eigenthümlich blassblauem Licht wie Mondlicht u. dgl. mehr, lauter Flimmer, Glanz und leuchtende Punkte vor den Augen, wie ich meinte. Ich war schon bereit, diesen Versuch zu den missglückten zu zählen, und dachte daran, wie ich mich unauffällig aus der Affaire ziehen
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[242/0248] Mit der Erwähnung dieses sexuellen Traumas in früher Jugend war aber nicht nur die Herkunft der ersten Zwangsvorstellungen, sondern auch das späterhin pathogen wirkende Trauma aufgedeckt. – Die Sonderbarkeit dieses Falles bestand nur in dem Auftauchen von einzelnen Schlagworten, die von uns zu Sätzen verarbeitet werden mussten, denn der Schein der Beziehungs- und Zusammenhangslosigkeit haftet an den ganzen Einfällen und Scenen, die sich sonst beim Drücken ergeben, gerade so wie an diesen orakelhaft hervorgestossenen Worten. Bei weiterer Verfolgung stellt sich dann regelmässig heraus, dass die scheinbar unzusammenhängenden Reminiscenzen durch Gedankenbande enge verknüpft sind, und dass sie ganz direct zu dem gesuchten pathogenen Moment hinführen. Gerne erinnere ich mich daher an einen Fall von Analyse, in welchem mein Zutrauen in die Ergebnisse des Drückens zuerst auf eine harte Probe gestellt, dann aber glänzend gerechtfertigt wurde: Eine sehr intelligente und anscheinend sehr glückliche junge Frau hatte mich wegen eines hartnäckigen Schmerzes im Unterleib consultirt, welcher der Therapie nicht weichen wollte. Ich erkannte, dass der Schmerz in den Bauchdecken sitze, auf greifbare Muskelschwielen zu beziehen sei, und ordnete locale Behandlung an. Nach Monaten sah ich die Kranke wieder, die mir sagte: Der Schmerz von damals ist nach der angerathenen Behandlung vergangen und lange weggeblieben, aber jetzt ist er als nervöser wiedergekehrt. Ich erkenne es daran, dass ich ihn nicht mehr bei Bewegungen habe wie früher, sondern nur zu bestimmten Stunden, z. B. morgens beim Erwachen und bei Aufregungen von gewisser Art. – Die Diagnose der Dame war ganz richtig; es galt jetzt, die Ursache dieses Schmerzes auffinden, und dazu konnte sie mir im unbeeinflussten Zustande nicht verhelfen. In der Concentration und unter dem Drucke meiner Hand, als ich sie fragte, ob ihr etwas einfiele oder ob sie etwas sehe, entschied sie sich für’s Sehen und begann mir ihre Gesichtsbilder zu beschreiben. Sie sah etwas wie eine Sonne mit Strahlen, was ich natürlich für ein Phosphen, hervorgebracht durch Druck auf die Augen, halten musste. Ich erwartete, dass Brauchbareres nachkommen würde, allein sie setzte fort: Sterne von eigenthümlich blassblauem Licht wie Mondlicht u. dgl. mehr, lauter Flimmer, Glanz und leuchtende Punkte vor den Augen, wie ich meinte. Ich war schon bereit, diesen Versuch zu den missglückten zu zählen, und dachte daran, wie ich mich unauffällig aus der Affaire ziehen

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Zitationshilfe: Breuer, Josef und Freud, Sigmund: Studien über Hysterie. Leipzig u. a., 1895, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/freud_hysterie_1895/248>, abgerufen am 24.11.2024.