Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich vermag Euch nicht zu verstehen.

Nun ja, Euch gegenüber kann ich mich schon deutlicher aussprechen, erwiderte der Ankerwirth, doch erst nachdem er noch einen prüfenden Blick auf seinen Begleiter geworfen. Ihr seid fremd in der Stadt, und ich möcht' auch nicht, daß Euch ein unverschuldetes Leid widerführe. Gestern sind viele freche Gesellen vom Lande in der Stadt gewesen, sie zogen vereinzelt oder [n]ur zwei zu zwei überall herum, und am Abend haben sich auch einige in meiner Wirthschaft zusammengefunden ... ich habe da manches Wort gehört, das gerade nicht für meine Ohren berechnet war.

Und weiter?

Und weiter glaube ich, daß die Rathsherrenhäuser über Nacht mit diesen Dingern da bezeichnet worden find, damit die Bauernbanden, wenn ihnen die Ueberrumpelung der Stadt gelingen sollte, wissen, wo sie zunächst mit Raub und Mord einzubrechen haben.

Glaubt Ihr an solche Plane und ist das Euer Ernst?

Mein voller Ernst, Herr ... wahrhaftig, jetzt ist's nicht Zeit zum spaßen.

Nun, beim Himmel, rief Theobald, dann ist's schlimm genug bestellt, wenn Jeder das Gegentheil der Meinung des Andern behauptet und am Ende doch Keiner weiß, wo die Geschichten hinaus wollen!

Ich hab' Euch meine Ansicht gesagt, erwiderte der

Ich vermag Euch nicht zu verstehen.

Nun ja, Euch gegenüber kann ich mich schon deutlicher aussprechen, erwiderte der Ankerwirth, doch erst nachdem er noch einen prüfenden Blick auf seinen Begleiter geworfen. Ihr seid fremd in der Stadt, und ich möcht' auch nicht, daß Euch ein unverschuldetes Leid widerführe. Gestern sind viele freche Gesellen vom Lande in der Stadt gewesen, sie zogen vereinzelt oder [n]ur zwei zu zwei überall herum, und am Abend haben sich auch einige in meiner Wirthschaft zusammengefunden … ich habe da manches Wort gehört, das gerade nicht für meine Ohren berechnet war.

Und weiter?

Und weiter glaube ich, daß die Rathsherrenhäuser über Nacht mit diesen Dingern da bezeichnet worden find, damit die Bauernbanden, wenn ihnen die Ueberrumpelung der Stadt gelingen sollte, wissen, wo sie zunächst mit Raub und Mord einzubrechen haben.

Glaubt Ihr an solche Plane und ist das Euer Ernst?

Mein voller Ernst, Herr … wahrhaftig, jetzt ist's nicht Zeit zum spaßen.

Nun, beim Himmel, rief Theobald, dann ist's schlimm genug bestellt, wenn Jeder das Gegentheil der Meinung des Andern behauptet und am Ende doch Keiner weiß, wo die Geschichten hinaus wollen!

Ich hab' Euch meine Ansicht gesagt, erwiderte der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="3">
        <pb facs="#f0045"/>
        <p>Ich vermag Euch nicht zu verstehen.</p><lb/>
        <p>Nun ja, Euch gegenüber kann ich mich schon deutlicher aussprechen, erwiderte der Ankerwirth,      doch erst nachdem er noch einen prüfenden Blick auf seinen Begleiter geworfen. Ihr seid fremd      in der Stadt, und ich möcht' auch nicht, daß Euch ein unverschuldetes Leid widerführe. Gestern      sind viele freche Gesellen vom Lande in der Stadt gewesen, sie zogen vereinzelt oder <supplied>n</supplied>ur zwei zu      zwei überall herum, und am Abend haben sich auch einige in meiner Wirthschaft zusammengefunden      &#x2026; ich habe da manches Wort gehört, das gerade nicht für meine Ohren berechnet war.</p><lb/>
        <p>Und weiter?</p><lb/>
        <p>Und weiter glaube ich, daß die Rathsherrenhäuser über Nacht mit diesen Dingern da bezeichnet      worden find, damit die Bauernbanden, wenn ihnen die Ueberrumpelung der Stadt gelingen sollte,      wissen, wo sie zunächst mit Raub und Mord einzubrechen haben.</p><lb/>
        <p>Glaubt Ihr an solche Plane und ist das Euer Ernst?</p><lb/>
        <p>Mein voller Ernst, Herr &#x2026; wahrhaftig, jetzt ist's nicht Zeit zum spaßen.</p><lb/>
        <p>Nun, beim Himmel, rief Theobald, dann ist's schlimm genug bestellt, wenn Jeder das Gegentheil      der Meinung des Andern behauptet und am Ende doch Keiner weiß, wo die Geschichten hinaus      wollen!</p><lb/>
        <p>Ich hab' Euch meine Ansicht gesagt, erwiderte der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0045] Ich vermag Euch nicht zu verstehen. Nun ja, Euch gegenüber kann ich mich schon deutlicher aussprechen, erwiderte der Ankerwirth, doch erst nachdem er noch einen prüfenden Blick auf seinen Begleiter geworfen. Ihr seid fremd in der Stadt, und ich möcht' auch nicht, daß Euch ein unverschuldetes Leid widerführe. Gestern sind viele freche Gesellen vom Lande in der Stadt gewesen, sie zogen vereinzelt oder nur zwei zu zwei überall herum, und am Abend haben sich auch einige in meiner Wirthschaft zusammengefunden … ich habe da manches Wort gehört, das gerade nicht für meine Ohren berechnet war. Und weiter? Und weiter glaube ich, daß die Rathsherrenhäuser über Nacht mit diesen Dingern da bezeichnet worden find, damit die Bauernbanden, wenn ihnen die Ueberrumpelung der Stadt gelingen sollte, wissen, wo sie zunächst mit Raub und Mord einzubrechen haben. Glaubt Ihr an solche Plane und ist das Euer Ernst? Mein voller Ernst, Herr … wahrhaftig, jetzt ist's nicht Zeit zum spaßen. Nun, beim Himmel, rief Theobald, dann ist's schlimm genug bestellt, wenn Jeder das Gegentheil der Meinung des Andern behauptet und am Ende doch Keiner weiß, wo die Geschichten hinaus wollen! Ich hab' Euch meine Ansicht gesagt, erwiderte der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:04:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:04:13Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/45
Zitationshilfe: Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/45>, abgerufen am 21.11.2024.