Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

kräusler, wollte Gott, ich wäre auch los und ledig wie Ihr, und könnte meine eigenen Wege gehen.

Aber was habt Ihr denn vor?

Sie haben da drüben auf der Burgdorfer Straße den Hauptrebellen eingefangen, wißt Ihr, den kleinen Hauptmann Henzi, und den sollen wir in die Stadt führen, wenn sie ihn herabbringen.

Und für den einzigen kleinen Hauptmann sind eurer so Viele nothwendig, Meister?

Ja, wißt Ihr, Herr Theobald, Ihr habt ganz recht, es ist nicht geheuer in der Stadt, erwiderte der Haarkräusler, ohne sich Mühe zu geben, seine Aengstlichkeit zu verbergen; man weiß nicht, wie Viele drinnen bereit sind, dem Mordbrenner davonzuhelfen.

Aber diese ganze Schaar da steht treu zur Obrigkeit?

Es sind alles redliche Burger ... fleißige Handwerksleute, die ihr Brod von unsern gnädigen Herren verdienen müssen, wie ich, Herr Theobald.

Und wer hat den Henzi gefangen genommen?

Zwei Rathsherren, sagt man; meiner Treu, seht, da bringen sie ihn schon.

Und in der That kamen den Weg herab langsam die zwei Reiter gegangen, die vor kaum einer halben Stunde vorübergaloppirt. Sie waren von den Pferden gestiegen und ließen einen kleinen, aber gewandt und kräftig aussehenden Mann zwischen ihnen hergehen, indem der Eine den blanken Degen, der Oberst eine gespannte Pistole in der Faust trug. Der Gefangene

kräusler, wollte Gott, ich wäre auch los und ledig wie Ihr, und könnte meine eigenen Wege gehen.

Aber was habt Ihr denn vor?

Sie haben da drüben auf der Burgdorfer Straße den Hauptrebellen eingefangen, wißt Ihr, den kleinen Hauptmann Henzi, und den sollen wir in die Stadt führen, wenn sie ihn herabbringen.

Und für den einzigen kleinen Hauptmann sind eurer so Viele nothwendig, Meister?

Ja, wißt Ihr, Herr Theobald, Ihr habt ganz recht, es ist nicht geheuer in der Stadt, erwiderte der Haarkräusler, ohne sich Mühe zu geben, seine Aengstlichkeit zu verbergen; man weiß nicht, wie Viele drinnen bereit sind, dem Mordbrenner davonzuhelfen.

Aber diese ganze Schaar da steht treu zur Obrigkeit?

Es sind alles redliche Burger … fleißige Handwerksleute, die ihr Brod von unsern gnädigen Herren verdienen müssen, wie ich, Herr Theobald.

Und wer hat den Henzi gefangen genommen?

Zwei Rathsherren, sagt man; meiner Treu, seht, da bringen sie ihn schon.

Und in der That kamen den Weg herab langsam die zwei Reiter gegangen, die vor kaum einer halben Stunde vorübergaloppirt. Sie waren von den Pferden gestiegen und ließen einen kleinen, aber gewandt und kräftig aussehenden Mann zwischen ihnen hergehen, indem der Eine den blanken Degen, der Oberst eine gespannte Pistole in der Faust trug. Der Gefangene

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="4">
        <p><pb facs="#f0065"/>
kräusler, wollte Gott, ich wäre auch los und      ledig wie Ihr, und könnte meine eigenen Wege gehen.</p><lb/>
        <p>Aber was habt Ihr denn vor?</p><lb/>
        <p>Sie haben da drüben auf der Burgdorfer Straße den Hauptrebellen eingefangen, wißt Ihr, den      kleinen Hauptmann Henzi, und den sollen wir in die Stadt führen, wenn sie ihn herabbringen.</p><lb/>
        <p>Und für den einzigen kleinen Hauptmann sind eurer so Viele nothwendig, Meister?</p><lb/>
        <p>Ja, wißt Ihr, Herr Theobald, Ihr habt ganz recht, es ist nicht geheuer in der Stadt,      erwiderte der Haarkräusler, ohne sich Mühe zu geben, seine Aengstlichkeit zu verbergen; man weiß      nicht, wie Viele drinnen bereit sind, dem Mordbrenner davonzuhelfen.</p><lb/>
        <p>Aber diese ganze Schaar da steht treu zur Obrigkeit?</p><lb/>
        <p>Es sind alles redliche Burger &#x2026; fleißige Handwerksleute, die ihr Brod von unsern gnädigen      Herren verdienen müssen, wie ich, Herr Theobald.</p><lb/>
        <p>Und wer hat den Henzi gefangen genommen?</p><lb/>
        <p>Zwei Rathsherren, sagt man; meiner Treu, seht, da bringen sie ihn schon.</p><lb/>
        <p>Und in der That kamen den Weg herab langsam die zwei Reiter gegangen, die vor kaum einer      halben Stunde vorübergaloppirt. Sie waren von den Pferden gestiegen und ließen einen kleinen,      aber gewandt und kräftig aussehenden Mann zwischen ihnen hergehen, indem der Eine den blanken      Degen, der Oberst eine gespannte Pistole in der Faust trug. Der Gefangene<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0065] kräusler, wollte Gott, ich wäre auch los und ledig wie Ihr, und könnte meine eigenen Wege gehen. Aber was habt Ihr denn vor? Sie haben da drüben auf der Burgdorfer Straße den Hauptrebellen eingefangen, wißt Ihr, den kleinen Hauptmann Henzi, und den sollen wir in die Stadt führen, wenn sie ihn herabbringen. Und für den einzigen kleinen Hauptmann sind eurer so Viele nothwendig, Meister? Ja, wißt Ihr, Herr Theobald, Ihr habt ganz recht, es ist nicht geheuer in der Stadt, erwiderte der Haarkräusler, ohne sich Mühe zu geben, seine Aengstlichkeit zu verbergen; man weiß nicht, wie Viele drinnen bereit sind, dem Mordbrenner davonzuhelfen. Aber diese ganze Schaar da steht treu zur Obrigkeit? Es sind alles redliche Burger … fleißige Handwerksleute, die ihr Brod von unsern gnädigen Herren verdienen müssen, wie ich, Herr Theobald. Und wer hat den Henzi gefangen genommen? Zwei Rathsherren, sagt man; meiner Treu, seht, da bringen sie ihn schon. Und in der That kamen den Weg herab langsam die zwei Reiter gegangen, die vor kaum einer halben Stunde vorübergaloppirt. Sie waren von den Pferden gestiegen und ließen einen kleinen, aber gewandt und kräftig aussehenden Mann zwischen ihnen hergehen, indem der Eine den blanken Degen, der Oberst eine gespannte Pistole in der Faust trug. Der Gefangene

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:04:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:04:13Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/65
Zitationshilfe: Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/65>, abgerufen am 23.11.2024.