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Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Strudel zu durchrudern, und mit der andern Hand den sich sträubenden Gegner festzuhalten; fast übermenschlicher Kraft und Gewandtheit bedurfte es dazu. Aber unbegreiflicher lautete doch etwas Anderes, was namentlich der Meister Hänni mit ebenso geheimnißvollem Gesichte als hohem Selbstgefühl Jedem erzählte, der ihn anhören mochte. Und es hörten ihm Viele zu, Manche drei, vier Mal, gleichsam als könnten sie das Unglaubliche durch ein öfteres Wiederholen ihrem Begriffsvermögen gewöhnlicher und zugänglicher machen. Als nämlich der Theobald mit seinem Gefangenen ans Ufer gestiegen, habe der Oberst ihn alsogleich ein wenig beiseits gezogen und mit einem Gesichte, aus dem in jeder Miene ängstliche Erwartung gesprochen, gefragt; ob er nun seine Tochter nicht sogleich zur Gemahlin begehre? -- Darauf aber habe der Theobald sich noch erst eine Weile besonnen und dann erwidert: je nachdem; darüber müsse das Fräulein befragt werden; begehre sie ihn, so werde er nicht Nein sagen.

Diese Geschichte nun würde unbedingt und ohne Besinnen ins Gebiet der Fabel verwiesen worden sein, wären nicht so viele unbetheiligte Zeugen zu ihrer Bestätigung vorhanden gewesen. Wer den Obersten genauer kannte, war wohl überzeugt, daß er sich selbst in die Aare gestürzt, oder sich eine Kugel durch den Kopf gejagt hätte, wenn der seiner Obhut anvertraute Gefangene entwischt wäre; aber daß der standes- und geschlechtsstolze Patrizier einem Haarkräuslergesellen seine

Strudel zu durchrudern, und mit der andern Hand den sich sträubenden Gegner festzuhalten; fast übermenschlicher Kraft und Gewandtheit bedurfte es dazu. Aber unbegreiflicher lautete doch etwas Anderes, was namentlich der Meister Hänni mit ebenso geheimnißvollem Gesichte als hohem Selbstgefühl Jedem erzählte, der ihn anhören mochte. Und es hörten ihm Viele zu, Manche drei, vier Mal, gleichsam als könnten sie das Unglaubliche durch ein öfteres Wiederholen ihrem Begriffsvermögen gewöhnlicher und zugänglicher machen. Als nämlich der Theobald mit seinem Gefangenen ans Ufer gestiegen, habe der Oberst ihn alsogleich ein wenig beiseits gezogen und mit einem Gesichte, aus dem in jeder Miene ängstliche Erwartung gesprochen, gefragt; ob er nun seine Tochter nicht sogleich zur Gemahlin begehre? — Darauf aber habe der Theobald sich noch erst eine Weile besonnen und dann erwidert: je nachdem; darüber müsse das Fräulein befragt werden; begehre sie ihn, so werde er nicht Nein sagen.

Diese Geschichte nun würde unbedingt und ohne Besinnen ins Gebiet der Fabel verwiesen worden sein, wären nicht so viele unbetheiligte Zeugen zu ihrer Bestätigung vorhanden gewesen. Wer den Obersten genauer kannte, war wohl überzeugt, daß er sich selbst in die Aare gestürzt, oder sich eine Kugel durch den Kopf gejagt hätte, wenn der seiner Obhut anvertraute Gefangene entwischt wäre; aber daß der standes- und geschlechtsstolze Patrizier einem Haarkräuslergesellen seine

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[0074] Strudel zu durchrudern, und mit der andern Hand den sich sträubenden Gegner festzuhalten; fast übermenschlicher Kraft und Gewandtheit bedurfte es dazu. Aber unbegreiflicher lautete doch etwas Anderes, was namentlich der Meister Hänni mit ebenso geheimnißvollem Gesichte als hohem Selbstgefühl Jedem erzählte, der ihn anhören mochte. Und es hörten ihm Viele zu, Manche drei, vier Mal, gleichsam als könnten sie das Unglaubliche durch ein öfteres Wiederholen ihrem Begriffsvermögen gewöhnlicher und zugänglicher machen. Als nämlich der Theobald mit seinem Gefangenen ans Ufer gestiegen, habe der Oberst ihn alsogleich ein wenig beiseits gezogen und mit einem Gesichte, aus dem in jeder Miene ängstliche Erwartung gesprochen, gefragt; ob er nun seine Tochter nicht sogleich zur Gemahlin begehre? — Darauf aber habe der Theobald sich noch erst eine Weile besonnen und dann erwidert: je nachdem; darüber müsse das Fräulein befragt werden; begehre sie ihn, so werde er nicht Nein sagen. Diese Geschichte nun würde unbedingt und ohne Besinnen ins Gebiet der Fabel verwiesen worden sein, wären nicht so viele unbetheiligte Zeugen zu ihrer Bestätigung vorhanden gewesen. Wer den Obersten genauer kannte, war wohl überzeugt, daß er sich selbst in die Aare gestürzt, oder sich eine Kugel durch den Kopf gejagt hätte, wenn der seiner Obhut anvertraute Gefangene entwischt wäre; aber daß der standes- und geschlechtsstolze Patrizier einem Haarkräuslergesellen seine

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:04:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:04:13Z)

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Zitationshilfe: Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/74>, abgerufen am 27.11.2024.