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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

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Meiereien an, wo wir uns mit herrlicher Milch
und mit Eiern versahen, welche, nebst dem frischen
Fleisch, welches wir aus Baltimore mit gebracht
hatten, eine leckere Mahlzeit gaben. Zur Nacht
haben wir bei dem Hause eines Pflanzers Halt
gemacht. Mein Gefolge wird draußen, bei Vieh
und Geräth, Corally und ich werden in dem Hause
schlafen. Von hier aus möchten wir wohl nicht
oft mehr ein Obdach finden; je weiter wir ge-
gen das Gebürge kommen, desto sparsamer werden
die Wohnungen, und doch habe ich diesen Weg
vorgezogen, statt auf Albany zu gehen, die Ge-
gend wird hier viel romantischer.

Die Kinder unsres Wirthes sehen mir neu-
gierig zu, wie ich beim Schein ihres Küchen-
feuers schreibe. Was machst du da? fragt ein
kleiner Knabe. Jch spreche mit meiner Schwe-
ster, erwiedere ich, welche da über dem gro-
ßen Wasser wohnt, Mit den Fingern? sagt er,
und sieht mich kopfschüttelnd an. Jch zeichne die
Worte auf dieß Papier, wie du dort ein Pferd
mit Kohle auf die Wand gemahlt hast, gebe ich zur
Antwort. Er blickt hinein, und sagt: du mußt an
kein Pferd, an keinen Vogel, keinen Baum,

Meiereien an, wo wir uns mit herrlicher Milch
und mit Eiern verſahen, welche, nebſt dem friſchen
Fleiſch, welches wir aus Baltimore mit gebracht
hatten, eine leckere Mahlzeit gaben. Zur Nacht
haben wir bei dem Hauſe eines Pflanzers Halt
gemacht. Mein Gefolge wird draußen, bei Vieh
und Geraͤth, Corally und ich werden in dem Hauſe
ſchlafen. Von hier aus moͤchten wir wohl nicht
oft mehr ein Obdach finden; je weiter wir ge-
gen das Gebuͤrge kommen, deſto ſparſamer werden
die Wohnungen, und doch habe ich dieſen Weg
vorgezogen, ſtatt auf Albany zu gehen, die Ge-
gend wird hier viel romantiſcher.

Die Kinder unſres Wirthes ſehen mir neu-
gierig zu, wie ich beim Schein ihres Kuͤchen-
feuers ſchreibe. Was machſt du da? fragt ein
kleiner Knabe. Jch ſpreche mit meiner Schwe-
ſter, erwiedere ich, welche da uͤber dem gro-
ßen Waſſer wohnt, Mit den Fingern? ſagt er,
und ſieht mich kopfſchuͤttelnd an. Jch zeichne die
Worte auf dieß Papier, wie du dort ein Pferd
mit Kohle auf die Wand gemahlt haſt, gebe ich zur
Antwort. Er blickt hinein, und ſagt: du mußt an
kein Pferd, an keinen Vogel, keinen Baum,

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[39/0047] Meiereien an, wo wir uns mit herrlicher Milch und mit Eiern verſahen, welche, nebſt dem friſchen Fleiſch, welches wir aus Baltimore mit gebracht hatten, eine leckere Mahlzeit gaben. Zur Nacht haben wir bei dem Hauſe eines Pflanzers Halt gemacht. Mein Gefolge wird draußen, bei Vieh und Geraͤth, Corally und ich werden in dem Hauſe ſchlafen. Von hier aus moͤchten wir wohl nicht oft mehr ein Obdach finden; je weiter wir ge- gen das Gebuͤrge kommen, deſto ſparſamer werden die Wohnungen, und doch habe ich dieſen Weg vorgezogen, ſtatt auf Albany zu gehen, die Ge- gend wird hier viel romantiſcher. Die Kinder unſres Wirthes ſehen mir neu- gierig zu, wie ich beim Schein ihres Kuͤchen- feuers ſchreibe. Was machſt du da? fragt ein kleiner Knabe. Jch ſpreche mit meiner Schwe- ſter, erwiedere ich, welche da uͤber dem gro- ßen Waſſer wohnt, Mit den Fingern? ſagt er, und ſieht mich kopfſchuͤttelnd an. Jch zeichne die Worte auf dieß Papier, wie du dort ein Pferd mit Kohle auf die Wand gemahlt haſt, gebe ich zur Antwort. Er blickt hinein, und ſagt: du mußt an kein Pferd, an keinen Vogel, keinen Baum,

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Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/47>, abgerufen am 23.11.2024.