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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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starrt es mit den Augen unbeweglich, und stößet end-
lich bey wiederkehrendem Bewußtseyn ein heftiges,
wildes Geschrey aus. Ist es unwillig und aufgebracht
so läuft ihm das ganze Gesicht roth auf, es wirft
ungeduldig den Kopf hin und her, verzerrt das Maul,
geifert und schreiet heftig, zappelt mit Händ und Fü-
ßen, strampft, und schlägt die Finger ein, zum Zei-
chen, wie es sich einst bey bessern Kräften wird zu
helfen wissen. --

Die Seltenheit solcher Schauspieler, welche auf
der Bühne durch Nachahmung der Natur, selbst Na-
tur zu werden scheinen, beweiset hinlänglich, was es
für ein vielfaches, kunstvolles, verwickeltes Geschäft
um den äußerlichen Ausdruck einer innern Empfindung
sey; dennoch besitzet das Kind, in allen Neigungen,
die es zu seinen Bedürfnissen einstweilen erhalten hat,
eine meisterhafte Geschicklichkeit, sich auszudrücken --
So wie sich neue Neigungen entspinnen, so ist der Mensch
in dem Ausdruck derselben vollkommen, und Erfah-
rung und Klugheit sind oft noch nicht im Stande,
die Aeußerung weniger kennbar zu machen. Man
denke sich den frohlockenden Knaben, daß mit seiner
Puppe beschäftigte Mädchen, das vor Eifersucht ra-
sende Weib, den schwärmerisch verliebten Jüngling,
den mit dem Feinde kämpfenden Streiter, den in Gram
versunkenen Hausvater, die büßende Sünderin, --
das Staunen, den Schrecken, die Furcht, die Ver-
zweiflung, die Hofnung und Freude u. s. w. welch
unbeschreibliche Mannigfaltigkeit von Spannen, und
Erschlaffen, von Ordnung und Verwirrung, von Kraft

und

ſtarrt es mit den Augen unbeweglich, und ſtoͤßet end-
lich bey wiederkehrendem Bewußtſeyn ein heftiges,
wildes Geſchrey aus. Iſt es unwillig und aufgebracht
ſo laͤuft ihm das ganze Geſicht roth auf, es wirft
ungeduldig den Kopf hin und her, verzerrt das Maul,
geifert und ſchreiet heftig, zappelt mit Haͤnd und Fuͤ-
ßen, ſtrampft, und ſchlaͤgt die Finger ein, zum Zei-
chen, wie es ſich einſt bey beſſern Kraͤften wird zu
helfen wiſſen. —

Die Seltenheit ſolcher Schauſpieler, welche auf
der Buͤhne durch Nachahmung der Natur, ſelbſt Na-
tur zu werden ſcheinen, beweiſet hinlaͤnglich, was es
fuͤr ein vielfaches, kunſtvolles, verwickeltes Geſchaͤft
um den aͤußerlichen Ausdruck einer innern Empfindung
ſey; dennoch beſitzet das Kind, in allen Neigungen,
die es zu ſeinen Beduͤrfniſſen einſtweilen erhalten hat,
eine meiſterhafte Geſchicklichkeit, ſich auszudruͤcken —
So wie ſich neue Neigungen entſpinnen, ſo iſt der Menſch
in dem Ausdruck derſelben vollkommen, und Erfah-
rung und Klugheit ſind oft noch nicht im Stande,
die Aeußerung weniger kennbar zu machen. Man
denke ſich den frohlockenden Knaben, daß mit ſeiner
Puppe beſchaͤftigte Maͤdchen, das vor Eiferſucht ra-
ſende Weib, den ſchwaͤrmeriſch verliebten Juͤngling,
den mit dem Feinde kaͤmpfenden Streiter, den in Gram
verſunkenen Hausvater, die buͤßende Suͤnderin, —
das Staunen, den Schrecken, die Furcht, die Ver-
zweiflung, die Hofnung und Freude u. ſ. w. welch
unbeſchreibliche Mannigfaltigkeit von Spannen, und
Erſchlaffen, von Ordnung und Verwirrung, von Kraft

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[116/0135] ſtarrt es mit den Augen unbeweglich, und ſtoͤßet end- lich bey wiederkehrendem Bewußtſeyn ein heftiges, wildes Geſchrey aus. Iſt es unwillig und aufgebracht ſo laͤuft ihm das ganze Geſicht roth auf, es wirft ungeduldig den Kopf hin und her, verzerrt das Maul, geifert und ſchreiet heftig, zappelt mit Haͤnd und Fuͤ- ßen, ſtrampft, und ſchlaͤgt die Finger ein, zum Zei- chen, wie es ſich einſt bey beſſern Kraͤften wird zu helfen wiſſen. — Die Seltenheit ſolcher Schauſpieler, welche auf der Buͤhne durch Nachahmung der Natur, ſelbſt Na- tur zu werden ſcheinen, beweiſet hinlaͤnglich, was es fuͤr ein vielfaches, kunſtvolles, verwickeltes Geſchaͤft um den aͤußerlichen Ausdruck einer innern Empfindung ſey; dennoch beſitzet das Kind, in allen Neigungen, die es zu ſeinen Beduͤrfniſſen einſtweilen erhalten hat, eine meiſterhafte Geſchicklichkeit, ſich auszudruͤcken — So wie ſich neue Neigungen entſpinnen, ſo iſt der Menſch in dem Ausdruck derſelben vollkommen, und Erfah- rung und Klugheit ſind oft noch nicht im Stande, die Aeußerung weniger kennbar zu machen. Man denke ſich den frohlockenden Knaben, daß mit ſeiner Puppe beſchaͤftigte Maͤdchen, das vor Eiferſucht ra- ſende Weib, den ſchwaͤrmeriſch verliebten Juͤngling, den mit dem Feinde kaͤmpfenden Streiter, den in Gram verſunkenen Hausvater, die buͤßende Suͤnderin, — das Staunen, den Schrecken, die Furcht, die Ver- zweiflung, die Hofnung und Freude u. ſ. w. welch unbeſchreibliche Mannigfaltigkeit von Spannen, und Erſchlaffen, von Ordnung und Verwirrung, von Kraft und

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/135>, abgerufen am 21.11.2024.