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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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reich sind, kommen mit ziemlicher Uebereinstimmung
und Brauchbarkeit ihrer Theile zur Welt, wie zum
Beispiel das Fülle und das Kalb. -- Andere, die
in vielen Rücksichten zu niedern Klassen gehören, ha-
ben vielleicht eine mit der Dauer ihres Lebens ver-
hältnißmäßig eben so langsame Entwicklung, als der
Mensch, z. B. die Mause. Der Hund, so erhaben er
über die Maus ist, steht ihr doch vielleicht in dieser
Rücksicht nach. Mir scheint hier wieder, daß sich
die Natur weder an die grössere Vollkommenheit des
Thieres, noch an die verhältnißmäsige Dauer seines
Lebens, sondern gerade an die Art der Bedürfnisse
gehalten habe; und auf diesen großen Hauptendzweck
hin sind alle Arten des Entstehens, der Geburt und
der Lebensart in die Bestimmung einer jedweden Thier-
gattung verwebt werden. Der Vogel, die Mause,
der Hund und der Mensch konnten ihren Jungen ein
Nest, eine Höhle, ein Bett, überhaupt einen Schutz
verschaffen; aber das flüchtige Reh, das muthige
Roß, u. s. w. musten alsogleich ihr Junges davon füh-
ren können, wenn es nicht vor der Zeit unter so vie-
len Gefahren zu Grunde gehen sollte. Andere, wie
z. B. das Enten- und Hühnergeschlecht haben die Fer-
tigkeit bekommen, vom Eye weg zu schwimmen oder
durch die Felder zu laufen, und erst spät sind ihnen die
Erfodernisse zum Fluge gegeben worden. Wie lang-
sam kommen die Insekten, die Frösche zu ihrer eigent-
lichen Bestimmung! Ein sehr überzeugender Beweis,
wie sehr sich die Natur an das bloße Bedürfniß gehal-
ten habe, ist der allermeist mangelhafte Gebrauch je-

ner

reich ſind, kommen mit ziemlicher Uebereinſtimmung
und Brauchbarkeit ihrer Theile zur Welt, wie zum
Beiſpiel das Fuͤlle und das Kalb. — Andere, die
in vielen Ruͤckſichten zu niedern Klaſſen gehoͤren, ha-
ben vielleicht eine mit der Dauer ihres Lebens ver-
haͤltnißmaͤßig eben ſo langſame Entwicklung, als der
Menſch, z. B. die Mauſe. Der Hund, ſo erhaben er
uͤber die Maus iſt, ſteht ihr doch vielleicht in dieſer
Ruͤckſicht nach. Mir ſcheint hier wieder, daß ſich
die Natur weder an die groͤſſere Vollkommenheit des
Thieres, noch an die verhaͤltnißmaͤſige Dauer ſeines
Lebens, ſondern gerade an die Art der Beduͤrfniſſe
gehalten habe; und auf dieſen großen Hauptendzweck
hin ſind alle Arten des Entſtehens, der Geburt und
der Lebensart in die Beſtimmung einer jedweden Thier-
gattung verwebt werden. Der Vogel, die Mauſe,
der Hund und der Menſch konnten ihren Jungen ein
Neſt, eine Hoͤhle, ein Bett, uͤberhaupt einen Schutz
verſchaffen; aber das fluͤchtige Reh, das muthige
Roß, u. ſ. w. muſten alſogleich ihr Junges davon fuͤh-
ren koͤnnen, wenn es nicht vor der Zeit unter ſo vie-
len Gefahren zu Grunde gehen ſollte. Andere, wie
z. B. das Enten- und Huͤhnergeſchlecht haben die Fer-
tigkeit bekommen, vom Eye weg zu ſchwimmen oder
durch die Felder zu laufen, und erſt ſpaͤt ſind ihnen die
Erfoderniſſe zum Fluge gegeben worden. Wie lang-
ſam kommen die Inſekten, die Froͤſche zu ihrer eigent-
lichen Beſtimmung! Ein ſehr uͤberzeugender Beweis,
wie ſehr ſich die Natur an das bloße Beduͤrfniß gehal-
ten habe, iſt der allermeiſt mangelhafte Gebrauch je-

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[119/0138] reich ſind, kommen mit ziemlicher Uebereinſtimmung und Brauchbarkeit ihrer Theile zur Welt, wie zum Beiſpiel das Fuͤlle und das Kalb. — Andere, die in vielen Ruͤckſichten zu niedern Klaſſen gehoͤren, ha- ben vielleicht eine mit der Dauer ihres Lebens ver- haͤltnißmaͤßig eben ſo langſame Entwicklung, als der Menſch, z. B. die Mauſe. Der Hund, ſo erhaben er uͤber die Maus iſt, ſteht ihr doch vielleicht in dieſer Ruͤckſicht nach. Mir ſcheint hier wieder, daß ſich die Natur weder an die groͤſſere Vollkommenheit des Thieres, noch an die verhaͤltnißmaͤſige Dauer ſeines Lebens, ſondern gerade an die Art der Beduͤrfniſſe gehalten habe; und auf dieſen großen Hauptendzweck hin ſind alle Arten des Entſtehens, der Geburt und der Lebensart in die Beſtimmung einer jedweden Thier- gattung verwebt werden. Der Vogel, die Mauſe, der Hund und der Menſch konnten ihren Jungen ein Neſt, eine Hoͤhle, ein Bett, uͤberhaupt einen Schutz verſchaffen; aber das fluͤchtige Reh, das muthige Roß, u. ſ. w. muſten alſogleich ihr Junges davon fuͤh- ren koͤnnen, wenn es nicht vor der Zeit unter ſo vie- len Gefahren zu Grunde gehen ſollte. Andere, wie z. B. das Enten- und Huͤhnergeſchlecht haben die Fer- tigkeit bekommen, vom Eye weg zu ſchwimmen oder durch die Felder zu laufen, und erſt ſpaͤt ſind ihnen die Erfoderniſſe zum Fluge gegeben worden. Wie lang- ſam kommen die Inſekten, die Froͤſche zu ihrer eigent- lichen Beſtimmung! Ein ſehr uͤberzeugender Beweis, wie ſehr ſich die Natur an das bloße Beduͤrfniß gehal- ten habe, iſt der allermeiſt mangelhafte Gebrauch je- ner

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/138>, abgerufen am 09.11.2024.