wie z. B. der Redner, der Dichter, der Tonkünstler, der Mechaniker, der Feldherr, der Spöttler, der Selbstdenker und der Nachahmer etc. ohne ursprüngliche Anlage bey allem Fleiße nur elende Stümper bleiben; und daß die verschiedene Form des Gehirns, bey ge- höriger Behutsamkeit, schon diese verschiedenen Fähig- keiten eben so sicher verrätht, als man von einer gros- sen mit hervorstehenden Nervenwarzen besetzten Zunge auf eine gute Eßlust, und von weitaufgesperrten Nasen- löchern auf einen scharfen Geruch schließet.
Hieraus ist auch zum Theil erklärbar, warum die Seelenkräfte nicht in gleichem Verhältniß mit dem Körper verfallen. So überwand der alte Entall den jungen Dares; Plato studirte bis in sein 81tes Jahr immerfort; Sophokles schrieb noch im höchsten Alter Trauerspiele; Kato fühlte in seinem 80ten Jahr noch keinen Lebensüberdruß; Isokrates schrieb in seinem 94ten Jahre sein Panathenaicum; Ximenes über- nahm im 80ten Jahre die Regentschaft von Spanien; Fleury saß im 90ten am Staatsruder von Frankreich; der große Orangzeb commandirte noch nach seinem hundertsten Jahr im Lager; und den Helden Loudon verließ seine richtige Durchschauungskraft auch im ho- hen Alter nicht. "Sie wirkte bey Belgrad noch eben so entschieden, wie dreysig Jahre früher bey Dommstädtl." *) Unstreitig muß man in ähnlichen Fällen vieles der Ausbildung der Seelenkräfte zu- schreiben.
§. 46.
*) Loudons Lebensgeschichte von Joh. Pezzl. 1791.
wie z. B. der Redner, der Dichter, der Tonkuͤnſtler, der Mechaniker, der Feldherr, der Spoͤttler, der Selbſtdenker und der Nachahmer ꝛc. ohne urſpruͤngliche Anlage bey allem Fleiße nur elende Stuͤmper bleiben; und daß die verſchiedene Form des Gehirns, bey ge- hoͤriger Behutſamkeit, ſchon dieſe verſchiedenen Faͤhig- keiten eben ſo ſicher verraͤtht, als man von einer groſ- ſen mit hervorſtehenden Nervenwarzen beſetzten Zunge auf eine gute Eßluſt, und von weitaufgeſperrten Naſen- loͤchern auf einen ſcharfen Geruch ſchließet.
Hieraus iſt auch zum Theil erklaͤrbar, warum die Seelenkraͤfte nicht in gleichem Verhaͤltniß mit dem Koͤrper verfallen. So uͤberwand der alte Entall den jungen Dares; Plato ſtudirte bis in ſein 81tes Jahr immerfort; Sophokles ſchrieb noch im hoͤchſten Alter Trauerſpiele; Kato fuͤhlte in ſeinem 80ten Jahr noch keinen Lebensuͤberdruß; Iſokrates ſchrieb in ſeinem 94ten Jahre ſein Panathenaicum; Ximenes uͤber- nahm im 80ten Jahre die Regentſchaft von Spanien; Fleury ſaß im 90ten am Staatsruder von Frankreich; der große Orangzeb commandirte noch nach ſeinem hundertſten Jahr im Lager; und den Helden Loudon verließ ſeine richtige Durchſchauungskraft auch im ho- hen Alter nicht. “Sie wirkte bey Belgrad noch eben ſo entſchieden, wie dreyſig Jahre fruͤher bey Dommſtaͤdtl.„ *) Unſtreitig muß man in aͤhnlichen Faͤllen vieles der Ausbildung der Seelenkraͤfte zu- ſchreiben.
§. 46.
*) Loudons Lebensgeſchichte von Joh. Pezzl. 1791.
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hoͤriger Behutſamkeit, ſchon dieſe verſchiedenen Faͤhig-
keiten eben ſo ſicher verraͤtht, als man von einer groſ-
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auf eine gute Eßluſt, und von weitaufgeſperrten Naſen-
loͤchern auf einen ſcharfen Geruch ſchließet.
Hieraus iſt auch zum Theil erklaͤrbar, warum
die Seelenkraͤfte nicht in gleichem Verhaͤltniß mit dem
Koͤrper verfallen. So uͤberwand der alte Entall den
jungen Dares; Plato ſtudirte bis in ſein 81tes Jahr
immerfort; Sophokles ſchrieb noch im hoͤchſten Alter
Trauerſpiele; Kato fuͤhlte in ſeinem 80ten Jahr noch
keinen Lebensuͤberdruß; Iſokrates ſchrieb in ſeinem
94ten Jahre ſein Panathenaicum; Ximenes uͤber-
nahm im 80ten Jahre die Regentſchaft von Spanien;
Fleury ſaß im 90ten am Staatsruder von Frankreich;
der große Orangzeb commandirte noch nach ſeinem
hundertſten Jahr im Lager; und den Helden Loudon
verließ ſeine richtige Durchſchauungskraft auch im ho-
hen Alter nicht. “Sie wirkte bey Belgrad noch
eben ſo entſchieden, wie dreyſig Jahre fruͤher bey
Dommſtaͤdtl.„ *) Unſtreitig muß man in aͤhnlichen
Faͤllen vieles der Ausbildung der Seelenkraͤfte zu-
ſchreiben.
§. 46.
*) Loudons Lebensgeſchichte von Joh. Pezzl. 1791.
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/218>, abgerufen am 21.11.2024.
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