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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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§. 3.

Das Wunderbare dieser Beobachtungen fällt
weg, sobald man ächte Begriffe hat von dem, was
Kranheit, und was Zufall ist. Da es von der äus-
sersten Wichtigkeit ist, daß man diesen Unterschied
jederzeit zu machen wisse, so werde ich ihm in der
Folge eine besondere Abhandlung widmen, und die
ungeheure Zahl der Krankheiten, wie man sie bey ei-
nigen wichtigen Schriftstellern findet, allermeist auf
blosse Zufälle herabsetzen. Folgende Bemerkungen
werden einstweilen den Leser in Stand setzen, über
alle dergleichen oben angeführte Erfahrungen ein rich-
tiges Urtheil zu fällen, und ihre Vortreflichkeit für
denkende Köpfe kennen zu lernen, obschon sie bey der
gewöhnlichen Art, wie sie angeführt werden, aller-
meist unbenützt verloren gehen.

Denjenigen Zustand des lebenden menschlichen
Körpers, wodurch er unfähig wird, die dem Men-
schen eignen Geschäfte, den Vorschriften der Gesund-
heit gemäß, auszuüben, heißet man Krankheit.*)
Dieser Begrif, wenn er gehörig erläutert und ohne
praktische Anwendung gebraucht wird, ist zwar rich-
tig. Allein Er macht uns unendlich viele Erscheinun-
gen für Krankheiten ansehen, die auf keine Weise da-
für angesehen werden dürfen. Durch die im 1ten Kapi-
tel §. 3. errzählten Ursachen werden im Menschen ge-
wisse der Gesundheit widrige Beschaffenheiten erzeugt.
Den Zustand aber, wo eine solche Beschaffenheit statt

hat
*) Gaubi[u]s Krankheitslehre §. 34.
§. 3.

Das Wunderbare dieſer Beobachtungen faͤllt
weg, ſobald man aͤchte Begriffe hat von dem, was
Kranheit, und was Zufall iſt. Da es von der aͤuſ-
ſerſten Wichtigkeit iſt, daß man dieſen Unterſchied
jederzeit zu machen wiſſe, ſo werde ich ihm in der
Folge eine beſondere Abhandlung widmen, und die
ungeheure Zahl der Krankheiten, wie man ſie bey ei-
nigen wichtigen Schriftſtellern findet, allermeiſt auf
bloſſe Zufaͤlle herabſetzen. Folgende Bemerkungen
werden einſtweilen den Leſer in Stand ſetzen, uͤber
alle dergleichen oben angefuͤhrte Erfahrungen ein rich-
tiges Urtheil zu faͤllen, und ihre Vortreflichkeit fuͤr
denkende Koͤpfe kennen zu lernen, obſchon ſie bey der
gewoͤhnlichen Art, wie ſie angefuͤhrt werden, aller-
meiſt unbenuͤtzt verloren gehen.

Denjenigen Zuſtand des lebenden menſchlichen
Koͤrpers, wodurch er unfaͤhig wird, die dem Men-
ſchen eignen Geſchaͤfte, den Vorſchriften der Geſund-
heit gemaͤß, auszuuͤben, heißet man Krankheit.*)
Dieſer Begrif, wenn er gehoͤrig erlaͤutert und ohne
praktiſche Anwendung gebraucht wird, iſt zwar rich-
tig. Allein Er macht uns unendlich viele Erſcheinun-
gen fuͤr Krankheiten anſehen, die auf keine Weiſe da-
fuͤr angeſehen werden duͤrfen. Durch die im 1ten Kapi-
tel §. 3. errzaͤhlten Urſachen werden im Menſchen ge-
wiſſe der Geſundheit widrige Beſchaffenheiten erzeugt.
Den Zuſtand aber, wo eine ſolche Beſchaffenheit ſtatt

hat
*) Gaubi[u]s Krankheitslehre §. 34.
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[212/0231] §. 3. Das Wunderbare dieſer Beobachtungen faͤllt weg, ſobald man aͤchte Begriffe hat von dem, was Kranheit, und was Zufall iſt. Da es von der aͤuſ- ſerſten Wichtigkeit iſt, daß man dieſen Unterſchied jederzeit zu machen wiſſe, ſo werde ich ihm in der Folge eine beſondere Abhandlung widmen, und die ungeheure Zahl der Krankheiten, wie man ſie bey ei- nigen wichtigen Schriftſtellern findet, allermeiſt auf bloſſe Zufaͤlle herabſetzen. Folgende Bemerkungen werden einſtweilen den Leſer in Stand ſetzen, uͤber alle dergleichen oben angefuͤhrte Erfahrungen ein rich- tiges Urtheil zu faͤllen, und ihre Vortreflichkeit fuͤr denkende Koͤpfe kennen zu lernen, obſchon ſie bey der gewoͤhnlichen Art, wie ſie angefuͤhrt werden, aller- meiſt unbenuͤtzt verloren gehen. Denjenigen Zuſtand des lebenden menſchlichen Koͤrpers, wodurch er unfaͤhig wird, die dem Men- ſchen eignen Geſchaͤfte, den Vorſchriften der Geſund- heit gemaͤß, auszuuͤben, heißet man Krankheit. *) Dieſer Begrif, wenn er gehoͤrig erlaͤutert und ohne praktiſche Anwendung gebraucht wird, iſt zwar rich- tig. Allein Er macht uns unendlich viele Erſcheinun- gen fuͤr Krankheiten anſehen, die auf keine Weiſe da- fuͤr angeſehen werden duͤrfen. Durch die im 1ten Kapi- tel §. 3. errzaͤhlten Urſachen werden im Menſchen ge- wiſſe der Geſundheit widrige Beſchaffenheiten erzeugt. Den Zuſtand aber, wo eine ſolche Beſchaffenheit ſtatt hat *) Gaubius Krankheitslehre §. 34.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/231>, abgerufen am 24.11.2024.