Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

acht und fünfzigste durch die Wiedereröffnung eines
zugeheilten Geschwüres vom Wahnsinn, und der ein
und fünfzigste durch ein Wechselfieber von der Melan-
cholie geheilet. Ueberhaupt ist den Milzsüchtigen nichts
heilsamer, als ein ruhrartiger Durchfall. Clerc*)
erzählt von einem Frauenzimmer, bey welchem gegen
einen verborgenen Krebs in der Brust alle bekannten
Heilmittel umsonst gebraucht wurden. Es zeigte sich
aber endlich an dem einen Fuße eine Geschwulst,
welche nachher eiterte. Das Geschwür wurde grös-
ser, die Eyterung reichlicher, und nach und nach ver-
schwand der Krebs. Weil man das Geschwür zu
frühe heilte, so erschien der Krebs wieder. Man öf-
nete die alte Stelle wieder, und der Krebs verschwand
vollständig auf die neue häufige Eiterung.

§. 5.

Noch lehrreicher sind die Untersuchungen, wel-
che das gewöhnliche Betragen der Natur in den ge-
wöhnlichen Gebrechen des Menschen zum Gegenstan-
de haben. Wenn wohlgemästete Körper sehr starke
und häufige Nahrungsmittel zu sich nehmen, und die
Verdauung und Verzehrung derselben wird nicht durch
Bewegung oder Arbeit unterstüzt, so wird die Natur
genöthigt, hie und da ein leichtes Fieber zu erregen,
oder das gewöhnliche Daufieber beynahe immerfort
zu unterhalten, um sich des Ueberflusses theils durch
die vermehrten Ausleerungen, als Harn, Schweiß u.

d.
*) l'Histoire naturelle de l'homme malade.

acht und fuͤnfzigſte durch die Wiedereroͤffnung eines
zugeheilten Geſchwuͤres vom Wahnſinn, und der ein
und fuͤnfzigſte durch ein Wechſelfieber von der Melan-
cholie geheilet. Ueberhaupt iſt den Milzſuͤchtigen nichts
heilſamer, als ein ruhrartiger Durchfall. Clerc*)
erzaͤhlt von einem Frauenzimmer, bey welchem gegen
einen verborgenen Krebs in der Bruſt alle bekannten
Heilmittel umſonſt gebraucht wurden. Es zeigte ſich
aber endlich an dem einen Fuße eine Geſchwulſt,
welche nachher eiterte. Das Geſchwuͤr wurde groͤſ-
ſer, die Eyterung reichlicher, und nach und nach ver-
ſchwand der Krebs. Weil man das Geſchwuͤr zu
fruͤhe heilte, ſo erſchien der Krebs wieder. Man oͤf-
nete die alte Stelle wieder, und der Krebs verſchwand
vollſtaͤndig auf die neue haͤufige Eiterung.

§. 5.

Noch lehrreicher ſind die Unterſuchungen, wel-
che das gewoͤhnliche Betragen der Natur in den ge-
woͤhnlichen Gebrechen des Menſchen zum Gegenſtan-
de haben. Wenn wohlgemaͤſtete Koͤrper ſehr ſtarke
und haͤufige Nahrungsmittel zu ſich nehmen, und die
Verdauung und Verzehrung derſelben wird nicht durch
Bewegung oder Arbeit unterſtuͤzt, ſo wird die Natur
genoͤthigt, hie und da ein leichtes Fieber zu erregen,
oder das gewoͤhnliche Daufieber beynahe immerfort
zu unterhalten, um ſich des Ueberfluſſes theils durch
die vermehrten Ausleerungen, als Harn, Schweiß u.

d.
*) l’Hiſtoire naturelle de l’homme malade.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0235" n="216"/>
acht und fu&#x0364;nfzig&#x017F;te durch die Wiederero&#x0364;ffnung eines<lb/>
zugeheilten Ge&#x017F;chwu&#x0364;res vom Wahn&#x017F;inn, und der ein<lb/>
und fu&#x0364;nfzig&#x017F;te durch ein Wech&#x017F;elfieber von der Melan-<lb/>
cholie geheilet. Ueberhaupt i&#x017F;t den Milz&#x017F;u&#x0364;chtigen nichts<lb/>
heil&#x017F;amer, als ein ruhrartiger Durchfall. <hi rendition="#fr">Clerc</hi><note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">l&#x2019;Hi&#x017F;toire naturelle de l&#x2019;homme malade.</hi></note><lb/>
erza&#x0364;hlt von einem Frauenzimmer, bey welchem gegen<lb/>
einen verborgenen Krebs in der Bru&#x017F;t alle bekannten<lb/>
Heilmittel um&#x017F;on&#x017F;t gebraucht wurden. Es zeigte &#x017F;ich<lb/>
aber endlich an dem einen Fuße eine Ge&#x017F;chwul&#x017F;t,<lb/>
welche nachher eiterte. Das Ge&#x017F;chwu&#x0364;r wurde gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er, die Eyterung reichlicher, und nach und nach ver-<lb/>
&#x017F;chwand der Krebs. Weil man das Ge&#x017F;chwu&#x0364;r zu<lb/>
fru&#x0364;he heilte, &#x017F;o er&#x017F;chien der Krebs wieder. Man o&#x0364;f-<lb/>
nete die alte Stelle wieder, und der Krebs ver&#x017F;chwand<lb/>
voll&#x017F;ta&#x0364;ndig auf die neue ha&#x0364;ufige Eiterung.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 5.</head><lb/>
              <p>Noch lehrreicher &#x017F;ind die Unter&#x017F;uchungen, wel-<lb/>
che das gewo&#x0364;hnliche Betragen der Natur in den ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlichen Gebrechen des Men&#x017F;chen zum Gegen&#x017F;tan-<lb/>
de haben. Wenn wohlgema&#x0364;&#x017F;tete Ko&#x0364;rper &#x017F;ehr &#x017F;tarke<lb/>
und ha&#x0364;ufige Nahrungsmittel zu &#x017F;ich nehmen, und die<lb/>
Verdauung und Verzehrung der&#x017F;elben wird nicht durch<lb/>
Bewegung oder Arbeit unter&#x017F;tu&#x0364;zt, &#x017F;o wird die Natur<lb/>
geno&#x0364;thigt, hie und da ein leichtes Fieber zu erregen,<lb/>
oder das gewo&#x0364;hnliche Daufieber beynahe immerfort<lb/>
zu unterhalten, um &#x017F;ich des Ueberflu&#x017F;&#x017F;es theils durch<lb/>
die vermehrten Ausleerungen, als Harn, Schweiß u.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">d.</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0235] acht und fuͤnfzigſte durch die Wiedereroͤffnung eines zugeheilten Geſchwuͤres vom Wahnſinn, und der ein und fuͤnfzigſte durch ein Wechſelfieber von der Melan- cholie geheilet. Ueberhaupt iſt den Milzſuͤchtigen nichts heilſamer, als ein ruhrartiger Durchfall. Clerc *) erzaͤhlt von einem Frauenzimmer, bey welchem gegen einen verborgenen Krebs in der Bruſt alle bekannten Heilmittel umſonſt gebraucht wurden. Es zeigte ſich aber endlich an dem einen Fuße eine Geſchwulſt, welche nachher eiterte. Das Geſchwuͤr wurde groͤſ- ſer, die Eyterung reichlicher, und nach und nach ver- ſchwand der Krebs. Weil man das Geſchwuͤr zu fruͤhe heilte, ſo erſchien der Krebs wieder. Man oͤf- nete die alte Stelle wieder, und der Krebs verſchwand vollſtaͤndig auf die neue haͤufige Eiterung. §. 5. Noch lehrreicher ſind die Unterſuchungen, wel- che das gewoͤhnliche Betragen der Natur in den ge- woͤhnlichen Gebrechen des Menſchen zum Gegenſtan- de haben. Wenn wohlgemaͤſtete Koͤrper ſehr ſtarke und haͤufige Nahrungsmittel zu ſich nehmen, und die Verdauung und Verzehrung derſelben wird nicht durch Bewegung oder Arbeit unterſtuͤzt, ſo wird die Natur genoͤthigt, hie und da ein leichtes Fieber zu erregen, oder das gewoͤhnliche Daufieber beynahe immerfort zu unterhalten, um ſich des Ueberfluſſes theils durch die vermehrten Ausleerungen, als Harn, Schweiß u. d. *) l’Hiſtoire naturelle de l’homme malade.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/235
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/235>, abgerufen am 09.11.2024.