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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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wir oben schon gesehen haben. Galenus glaubte,
die Lebensgeister werden dadurch zerstreuet, der gan-
ze Körper erkaltet, und alle natürlichen Verrichtun-
gen ins Stecken gebracht. Von Swieten bemerkt,
daß diejenigen Mannsleute, welche öftern Blutflüssen
unterworfen sind, zu der gewöhnlichen Zeit solcher
Entleerungen eben solche Zufälle bekommen, welche
den Weibsleuten eigen sind, so, daß ihr natürliche
Stärke endlich in die Schwächlichkeit des weiblichen
Geschlechts ausartet.

Selbst die Natur ist sehr sparsam mit dieser
Art von Ausleerung, so lange die Kräfte der Kran-
ken noch aufrecht sind. Tissot beobachtete in sei-
nen Gallfiebern nie weder einen kritischen Blutfluß,
noch Mutterfluß, nicht einmal bey solchen, die sonst
an Bluten gewohnt waren. Sapiens natura adeo in-
fensam crisim non moliebatur, quamdiu Oeconomia
naturalis nondum obruta erat.
Weßwegen nicht ein-
mal der Zeitfluß, wenn er in den Zeitpunkt der Schwä-
che fällt, für ganz gleichgültig kann angesehen wer-
den. Und wenn endlich aus Hinfälligkeit der Kräfte
Blutflüsse entstunden, so waren sie tödtlich. So blu-
tete die Kindbetterin bey Hippokrates den vierzehnten
Tag aus der Nase, und sie starb.*) Ausser demjenigen
hitzigen Blutfieber, welches Hippokrates im dritten
Wetterstand beschreibt, und wo häufiges Nasenbluten
theils allein, theils mit andern Ausleerungen entschei-
dend war, ist unter seinen zwey und vierzig angeführ-
ten Krankengeschichten keine, deren Heilung man ei-

nen
*) 3tes B. von den Landseuchen 2te Ab. 12te Krankengesch.

wir oben ſchon geſehen haben. Galenus glaubte,
die Lebensgeiſter werden dadurch zerſtreuet, der gan-
ze Koͤrper erkaltet, und alle natuͤrlichen Verrichtun-
gen ins Stecken gebracht. Von Swieten bemerkt,
daß diejenigen Mannsleute, welche oͤftern Blutfluͤſſen
unterworfen ſind, zu der gewoͤhnlichen Zeit ſolcher
Entleerungen eben ſolche Zufaͤlle bekommen, welche
den Weibsleuten eigen ſind, ſo, daß ihr natuͤrliche
Staͤrke endlich in die Schwaͤchlichkeit des weiblichen
Geſchlechts ausartet.

Selbſt die Natur iſt ſehr ſparſam mit dieſer
Art von Ausleerung, ſo lange die Kraͤfte der Kran-
ken noch aufrecht ſind. Tiſſot beobachtete in ſei-
nen Gallfiebern nie weder einen kritiſchen Blutfluß,
noch Mutterfluß, nicht einmal bey ſolchen, die ſonſt
an Bluten gewohnt waren. Sapiens natura adeo in-
fenſam criſim non moliebatur, quamdiu Oeconomia
naturalis nondum obruta erat.
Weßwegen nicht ein-
mal der Zeitfluß, wenn er in den Zeitpunkt der Schwaͤ-
che faͤllt, fuͤr ganz gleichguͤltig kann angeſehen wer-
den. Und wenn endlich aus Hinfaͤlligkeit der Kraͤfte
Blutfluͤſſe entſtunden, ſo waren ſie toͤdtlich. So blu-
tete die Kindbetterin bey Hippokrates den vierzehnten
Tag aus der Naſe, und ſie ſtarb.*) Auſſer demjenigen
hitzigen Blutfieber, welches Hippokrates im dritten
Wetterſtand beſchreibt, und wo haͤufiges Naſenbluten
theils allein, theils mit andern Ausleerungen entſchei-
dend war, iſt unter ſeinen zwey und vierzig angefuͤhr-
ten Krankengeſchichten keine, deren Heilung man ei-

nen
*) 3tes B. von den Landſeuchen 2te Ab. 12te Krankengeſch.
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[383/0402] wir oben ſchon geſehen haben. Galenus glaubte, die Lebensgeiſter werden dadurch zerſtreuet, der gan- ze Koͤrper erkaltet, und alle natuͤrlichen Verrichtun- gen ins Stecken gebracht. Von Swieten bemerkt, daß diejenigen Mannsleute, welche oͤftern Blutfluͤſſen unterworfen ſind, zu der gewoͤhnlichen Zeit ſolcher Entleerungen eben ſolche Zufaͤlle bekommen, welche den Weibsleuten eigen ſind, ſo, daß ihr natuͤrliche Staͤrke endlich in die Schwaͤchlichkeit des weiblichen Geſchlechts ausartet. Selbſt die Natur iſt ſehr ſparſam mit dieſer Art von Ausleerung, ſo lange die Kraͤfte der Kran- ken noch aufrecht ſind. Tiſſot beobachtete in ſei- nen Gallfiebern nie weder einen kritiſchen Blutfluß, noch Mutterfluß, nicht einmal bey ſolchen, die ſonſt an Bluten gewohnt waren. Sapiens natura adeo in- fenſam criſim non moliebatur, quamdiu Oeconomia naturalis nondum obruta erat. Weßwegen nicht ein- mal der Zeitfluß, wenn er in den Zeitpunkt der Schwaͤ- che faͤllt, fuͤr ganz gleichguͤltig kann angeſehen wer- den. Und wenn endlich aus Hinfaͤlligkeit der Kraͤfte Blutfluͤſſe entſtunden, ſo waren ſie toͤdtlich. So blu- tete die Kindbetterin bey Hippokrates den vierzehnten Tag aus der Naſe, und ſie ſtarb. *) Auſſer demjenigen hitzigen Blutfieber, welches Hippokrates im dritten Wetterſtand beſchreibt, und wo haͤufiges Naſenbluten theils allein, theils mit andern Ausleerungen entſchei- dend war, iſt unter ſeinen zwey und vierzig angefuͤhr- ten Krankengeſchichten keine, deren Heilung man ei- nen *) 3tes B. von den Landſeuchen 2te Ab. 12te Krankengeſch.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/402>, abgerufen am 22.11.2024.