nen; Heute kömmt ein Ausschlag hervor, der in ei- nigen Tagen wieder verschwindet; der Harn ist bald blaß, bald setzt er im Geschirre ab u. s. w. Die Versuche der Natur sind überhaupt so unvollständig und kraftlos, daß sowohl ihre Absicht als ihr wirklicher Nutzen von nicht sehr scharfsinnigen Aerzten verkennet wird.
Nach dem schlafsüchtigen epidemischen Fieber des Sydenham ereignete sich bey jenen, welche durch die Langwierigkeit der Krankheit und viele Ausleerun- gen sehr erschöpft, oder ohnehin von schwacher Lei- besbeschaffenheit waren, daß sie in der Nacht, sobald sie zu Bette lagen, häufig schwitzten. Die Natur leerte durch den Schweiß die Säfte aus, welche sie zu schwach war, in gleichmässige Nahrung zu ver- wandlen, und so wurden einige sogar schwindsüchtig. Sydenham half ihnen mit Malagawein, den er Frühe und Abends zu fünf bis sechs Löffel voll trinken ließ.
§. 50.
Wie sehr die Bestrebungen der Natur durch ein verhältnißmässiges Kräftenmaaß unterstützt, durch des- sen Mangel aber unordentlich und fruchtlos gemacht werden, beweisen noch folgende Bemerkungen:
Es wird jetzt durchgängig angenommen, daß ein Fieber, besonders wenn es regelmäßige Anfälle macht; wenn nach jedem Anfalle die Beschwerden leichter und erträglicher werden; wenn die Kräfte des Kranken mehr zu als abnehmen; seine Eßlust, sein Schlaf besser, seine Gesichtsfarbe munterer und leb-
haf-
nen; Heute koͤmmt ein Ausſchlag hervor, der in ei- nigen Tagen wieder verſchwindet; der Harn iſt bald blaß, bald ſetzt er im Geſchirre ab u. ſ. w. Die Verſuche der Natur ſind uͤberhaupt ſo unvollſtaͤndig und kraftlos, daß ſowohl ihre Abſicht als ihr wirklicher Nutzen von nicht ſehr ſcharfſinnigen Aerzten verkennet wird.
Nach dem ſchlafſuͤchtigen epidemiſchen Fieber des Sydenham ereignete ſich bey jenen, welche durch die Langwierigkeit der Krankheit und viele Ausleerun- gen ſehr erſchoͤpft, oder ohnehin von ſchwacher Lei- besbeſchaffenheit waren, daß ſie in der Nacht, ſobald ſie zu Bette lagen, haͤufig ſchwitzten. Die Natur leerte durch den Schweiß die Saͤfte aus, welche ſie zu ſchwach war, in gleichmaͤſſige Nahrung zu ver- wandlen, und ſo wurden einige ſogar ſchwindſuͤchtig. Sydenham half ihnen mit Malagawein, den er Fruͤhe und Abends zu fuͤnf bis ſechs Loͤffel voll trinken ließ.
§. 50.
Wie ſehr die Beſtrebungen der Natur durch ein verhaͤltnißmaͤſſiges Kraͤftenmaaß unterſtuͤtzt, durch deſ- ſen Mangel aber unordentlich und fruchtlos gemacht werden, beweiſen noch folgende Bemerkungen:
Es wird jetzt durchgaͤngig angenommen, daß ein Fieber, beſonders wenn es regelmaͤßige Anfaͤlle macht; wenn nach jedem Anfalle die Beſchwerden leichter und ertraͤglicher werden; wenn die Kraͤfte des Kranken mehr zu als abnehmen; ſeine Eßluſt, ſein Schlaf beſſer, ſeine Geſichtsfarbe munterer und leb-
haf-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0429"n="410"/>
nen; Heute koͤmmt ein Ausſchlag hervor, der in ei-<lb/>
nigen Tagen wieder verſchwindet; der Harn iſt bald<lb/>
blaß, bald ſetzt er im Geſchirre ab u. ſ. w. Die Verſuche<lb/>
der Natur ſind uͤberhaupt ſo unvollſtaͤndig und kraftlos,<lb/>
daß ſowohl ihre Abſicht als ihr wirklicher Nutzen von<lb/>
nicht ſehr ſcharfſinnigen Aerzten verkennet wird.</p><lb/><p>Nach dem ſchlafſuͤchtigen epidemiſchen Fieber<lb/>
des <hirendition="#fr">Sydenham</hi> ereignete ſich bey jenen, welche durch<lb/>
die Langwierigkeit der Krankheit und viele Ausleerun-<lb/>
gen ſehr erſchoͤpft, oder ohnehin von ſchwacher Lei-<lb/>
besbeſchaffenheit waren, daß ſie in der Nacht, ſobald<lb/>ſie zu Bette lagen, haͤufig ſchwitzten. Die Natur<lb/>
leerte durch den Schweiß die Saͤfte aus, welche ſie<lb/>
zu ſchwach war, in gleichmaͤſſige Nahrung zu ver-<lb/>
wandlen, und ſo wurden einige ſogar ſchwindſuͤchtig.<lb/><hirendition="#fr">Sydenham</hi> half ihnen mit Malagawein, den er Fruͤhe<lb/>
und Abends zu fuͤnf bis ſechs Loͤffel voll trinken ließ.</p><lb/><divn="4"><head>§. 50.</head><lb/><p>Wie ſehr die Beſtrebungen der Natur durch ein<lb/>
verhaͤltnißmaͤſſiges Kraͤftenmaaß unterſtuͤtzt, durch deſ-<lb/>ſen Mangel aber unordentlich und fruchtlos gemacht<lb/>
werden, beweiſen noch folgende Bemerkungen:</p><lb/><p>Es wird jetzt durchgaͤngig angenommen, daß<lb/>
ein Fieber, beſonders wenn es regelmaͤßige Anfaͤlle<lb/>
macht; wenn nach jedem Anfalle die Beſchwerden<lb/>
leichter und ertraͤglicher werden; wenn die Kraͤfte des<lb/>
Kranken mehr zu als abnehmen; ſeine Eßluſt, ſein<lb/>
Schlaf beſſer, ſeine Geſichtsfarbe munterer und leb-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">haf-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[410/0429]
nen; Heute koͤmmt ein Ausſchlag hervor, der in ei-
nigen Tagen wieder verſchwindet; der Harn iſt bald
blaß, bald ſetzt er im Geſchirre ab u. ſ. w. Die Verſuche
der Natur ſind uͤberhaupt ſo unvollſtaͤndig und kraftlos,
daß ſowohl ihre Abſicht als ihr wirklicher Nutzen von
nicht ſehr ſcharfſinnigen Aerzten verkennet wird.
Nach dem ſchlafſuͤchtigen epidemiſchen Fieber
des Sydenham ereignete ſich bey jenen, welche durch
die Langwierigkeit der Krankheit und viele Ausleerun-
gen ſehr erſchoͤpft, oder ohnehin von ſchwacher Lei-
besbeſchaffenheit waren, daß ſie in der Nacht, ſobald
ſie zu Bette lagen, haͤufig ſchwitzten. Die Natur
leerte durch den Schweiß die Saͤfte aus, welche ſie
zu ſchwach war, in gleichmaͤſſige Nahrung zu ver-
wandlen, und ſo wurden einige ſogar ſchwindſuͤchtig.
Sydenham half ihnen mit Malagawein, den er Fruͤhe
und Abends zu fuͤnf bis ſechs Loͤffel voll trinken ließ.
§. 50.
Wie ſehr die Beſtrebungen der Natur durch ein
verhaͤltnißmaͤſſiges Kraͤftenmaaß unterſtuͤtzt, durch deſ-
ſen Mangel aber unordentlich und fruchtlos gemacht
werden, beweiſen noch folgende Bemerkungen:
Es wird jetzt durchgaͤngig angenommen, daß
ein Fieber, beſonders wenn es regelmaͤßige Anfaͤlle
macht; wenn nach jedem Anfalle die Beſchwerden
leichter und ertraͤglicher werden; wenn die Kraͤfte des
Kranken mehr zu als abnehmen; ſeine Eßluſt, ſein
Schlaf beſſer, ſeine Geſichtsfarbe munterer und leb-
haf-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/429>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.