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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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ge, indem sich die verdorbenen Theile immer mehr
lostrennten. Da aber vom Ellenbogen bis zu den
Fingerspitzen alles zerstöhrt war, und einen garstigen
Gestank von sich gab, so wollten die Wundärzte die-
ses zerstöhrte Zeug wegnehmen, weil es ohnehin kaum
noch mit den andern Theilen zusammen hieng. Allein
das Weib ließ es nicht zu, und vertraute einzig auf
ihre Salbe. Nach sechs Wochen fiel der ganze El-
lenbogen vom Schulterknochen ab. Nun bedeckte sie
auch diesen entblößten Theil mit ihrer Salbe, und
zwar mit so gutem Erfolge, daß er nach einem Mona-
te vom gesunden abfiel, und die ganze Wunde inner-
halb vier Monaten vernarbet war. Swieten läßt
mit Recht die Ehre dieser großen Kur nicht der Sal-
be; und beweißt dieses durch ein anderes Beyspiel,
wo in einem ähnlichen Falle der Verband ganz trocken
gemacht wurde, woraus er also folgert, daß alles
dieses die durch den Wein und die gute Nahrung ge-
stärkte Natur geleistet habe.

§. 51.

Was lernen wir aus allen diesen Beyspielen?
Etwan, daß man dergleichen Uebel der Natur über-
lassen solle? Ich glaube, Nein. Sondern wir ler-
nen das Bedürfniß der Natur kennen; wir sehen den
Weeg, auf welchem sie zu ihrem Ziel gelanget, und
den folglich auch wir betreten müssen, wenn unsere
Bemühungen glücklich seyn sollen. Dem zu Folge
werden wir jedesmal die Heilart, welche eine lang-
wierige Krankheit fodert, mit guter Nahrung und

stärken-
Gall I. Band D d

ge, indem ſich die verdorbenen Theile immer mehr
lostrennten. Da aber vom Ellenbogen bis zu den
Fingerſpitzen alles zerſtoͤhrt war, und einen garſtigen
Geſtank von ſich gab, ſo wollten die Wundaͤrzte die-
ſes zerſtoͤhrte Zeug wegnehmen, weil es ohnehin kaum
noch mit den andern Theilen zuſammen hieng. Allein
das Weib ließ es nicht zu, und vertraute einzig auf
ihre Salbe. Nach ſechs Wochen fiel der ganze El-
lenbogen vom Schulterknochen ab. Nun bedeckte ſie
auch dieſen entbloͤßten Theil mit ihrer Salbe, und
zwar mit ſo gutem Erfolge, daß er nach einem Mona-
te vom geſunden abfiel, und die ganze Wunde inner-
halb vier Monaten vernarbet war. Swieten laͤßt
mit Recht die Ehre dieſer großen Kur nicht der Sal-
be; und beweißt dieſes durch ein anderes Beyſpiel,
wo in einem aͤhnlichen Falle der Verband ganz trocken
gemacht wurde, woraus er alſo folgert, daß alles
dieſes die durch den Wein und die gute Nahrung ge-
ſtaͤrkte Natur geleiſtet habe.

§. 51.

Was lernen wir aus allen dieſen Beyſpielen?
Etwan, daß man dergleichen Uebel der Natur uͤber-
laſſen ſolle? Ich glaube, Nein. Sondern wir ler-
nen das Beduͤrfniß der Natur kennen; wir ſehen den
Weeg, auf welchem ſie zu ihrem Ziel gelanget, und
den folglich auch wir betreten muͤſſen, wenn unſere
Bemuͤhungen gluͤcklich ſeyn ſollen. Dem zu Folge
werden wir jedesmal die Heilart, welche eine lang-
wierige Krankheit fodert, mit guter Nahrung und

ſtaͤrken-
Gall I. Band D d
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[417/0436] ge, indem ſich die verdorbenen Theile immer mehr lostrennten. Da aber vom Ellenbogen bis zu den Fingerſpitzen alles zerſtoͤhrt war, und einen garſtigen Geſtank von ſich gab, ſo wollten die Wundaͤrzte die- ſes zerſtoͤhrte Zeug wegnehmen, weil es ohnehin kaum noch mit den andern Theilen zuſammen hieng. Allein das Weib ließ es nicht zu, und vertraute einzig auf ihre Salbe. Nach ſechs Wochen fiel der ganze El- lenbogen vom Schulterknochen ab. Nun bedeckte ſie auch dieſen entbloͤßten Theil mit ihrer Salbe, und zwar mit ſo gutem Erfolge, daß er nach einem Mona- te vom geſunden abfiel, und die ganze Wunde inner- halb vier Monaten vernarbet war. Swieten laͤßt mit Recht die Ehre dieſer großen Kur nicht der Sal- be; und beweißt dieſes durch ein anderes Beyſpiel, wo in einem aͤhnlichen Falle der Verband ganz trocken gemacht wurde, woraus er alſo folgert, daß alles dieſes die durch den Wein und die gute Nahrung ge- ſtaͤrkte Natur geleiſtet habe. §. 51. Was lernen wir aus allen dieſen Beyſpielen? Etwan, daß man dergleichen Uebel der Natur uͤber- laſſen ſolle? Ich glaube, Nein. Sondern wir ler- nen das Beduͤrfniß der Natur kennen; wir ſehen den Weeg, auf welchem ſie zu ihrem Ziel gelanget, und den folglich auch wir betreten muͤſſen, wenn unſere Bemuͤhungen gluͤcklich ſeyn ſollen. Dem zu Folge werden wir jedesmal die Heilart, welche eine lang- wierige Krankheit fodert, mit guter Nahrung und ſtaͤrken- Gall I. Band D d

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/436>, abgerufen am 22.11.2024.