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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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zem Schmutz überzogene Zähne, die die Lippen nicht
mehr bedecken können; gebrochne, schwache, dumpfich-
te Stimme; vertrocknete, gespaltene, unbewegliche,
schwarzbraune, spröde, schrundige Zunge; Unvermö-
gen zu schlücken; immerwährendes, tiefes Seufzen;
innere Bangigkeiten; mützsamer, kleiner, langsamer,
seltner, oder kleiner und sehr geschwinder, kalter
Athem; bemerkt man ihn nicht einmal, so ist er der
schlimmste, und wird auch der kalte Athem genannt,
weil er öfters kurz vor dem Tode zu erscheinen pflegt;
blasser, gefärbter aber dennoch vollkommen geschmack-
loser Harn, wobey Boerhave den nahen Tod erwar-
tete; stinkende Ausleerungen aller Art; je unerträg-
licher der Gestank ist, desto größer ist die Gefahr; und
dennoch läßt man sich durch eben diesen entsetzlichen
Gestank zu fernern und geradezu mörderischen Auslee-
rungen verführen! matter, oft äußerst geschwinder,
kleiner, unregelmäßiger, aussetzender, manchmal ei-
nige Zeit ganz ausbleibender, zitternder Puls; kalte,
klebrichte, ungleiche, schmelzende, theilweise Schwei-
ße; ein ungemein heftiger Schweiß am Ende hitziger
Fieber ist oft ein Zeichen des Todes, weil er dann
ein Zeichen der äußersten Schwachheit ist, und meh-
rentheils in den kalten und letzten Schweiß übergeht.
Daher ist auch ein wirklich kritischer Schweiß, wenn
er allzu heftig ist, gefährlich, weil er die nöthige
Kräfte erschöpft, und die Krankheit in die Länge zieht.
Auch in auszehrenden Fiebern sind heftige Schweiße
Zeichen einer großen Schwachheit. Trockenheit der
Haut; die Ausschläge kommen nicht hervor; bleiben

tief

zem Schmutz uͤberzogene Zaͤhne, die die Lippen nicht
mehr bedecken koͤnnen; gebrochne, ſchwache, dumpfich-
te Stimme; vertrocknete, geſpaltene, unbewegliche,
ſchwarzbraune, ſproͤde, ſchrundige Zunge; Unvermoͤ-
gen zu ſchluͤcken; immerwaͤhrendes, tiefes Seufzen;
innere Bangigkeiten; muͤtzſamer, kleiner, langſamer,
ſeltner, oder kleiner und ſehr geſchwinder, kalter
Athem; bemerkt man ihn nicht einmal, ſo iſt er der
ſchlimmſte, und wird auch der kalte Athem genannt,
weil er oͤfters kurz vor dem Tode zu erſcheinen pflegt;
blaſſer, gefaͤrbter aber dennoch vollkommen geſchmack-
loſer Harn, wobey Boerhave den nahen Tod erwar-
tete; ſtinkende Ausleerungen aller Art; je unertraͤg-
licher der Geſtank iſt, deſto groͤßer iſt die Gefahr; und
dennoch laͤßt man ſich durch eben dieſen entſetzlichen
Geſtank zu fernern und geradezu moͤrderiſchen Auslee-
rungen verfuͤhren! matter, oft aͤußerſt geſchwinder,
kleiner, unregelmaͤßiger, ausſetzender, manchmal ei-
nige Zeit ganz ausbleibender, zitternder Puls; kalte,
klebrichte, ungleiche, ſchmelzende, theilweiſe Schwei-
ße; ein ungemein heftiger Schweiß am Ende hitziger
Fieber iſt oft ein Zeichen des Todes, weil er dann
ein Zeichen der aͤußerſten Schwachheit iſt, und meh-
rentheils in den kalten und letzten Schweiß uͤbergeht.
Daher iſt auch ein wirklich kritiſcher Schweiß, wenn
er allzu heftig iſt, gefaͤhrlich, weil er die noͤthige
Kraͤfte erſchoͤpft, und die Krankheit in die Laͤnge zieht.
Auch in auszehrenden Fiebern ſind heftige Schweiße
Zeichen einer großen Schwachheit. Trockenheit der
Haut; die Ausſchlaͤge kommen nicht hervor; bleiben

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[429/0448] zem Schmutz uͤberzogene Zaͤhne, die die Lippen nicht mehr bedecken koͤnnen; gebrochne, ſchwache, dumpfich- te Stimme; vertrocknete, geſpaltene, unbewegliche, ſchwarzbraune, ſproͤde, ſchrundige Zunge; Unvermoͤ- gen zu ſchluͤcken; immerwaͤhrendes, tiefes Seufzen; innere Bangigkeiten; muͤtzſamer, kleiner, langſamer, ſeltner, oder kleiner und ſehr geſchwinder, kalter Athem; bemerkt man ihn nicht einmal, ſo iſt er der ſchlimmſte, und wird auch der kalte Athem genannt, weil er oͤfters kurz vor dem Tode zu erſcheinen pflegt; blaſſer, gefaͤrbter aber dennoch vollkommen geſchmack- loſer Harn, wobey Boerhave den nahen Tod erwar- tete; ſtinkende Ausleerungen aller Art; je unertraͤg- licher der Geſtank iſt, deſto groͤßer iſt die Gefahr; und dennoch laͤßt man ſich durch eben dieſen entſetzlichen Geſtank zu fernern und geradezu moͤrderiſchen Auslee- rungen verfuͤhren! matter, oft aͤußerſt geſchwinder, kleiner, unregelmaͤßiger, ausſetzender, manchmal ei- nige Zeit ganz ausbleibender, zitternder Puls; kalte, klebrichte, ungleiche, ſchmelzende, theilweiſe Schwei- ße; ein ungemein heftiger Schweiß am Ende hitziger Fieber iſt oft ein Zeichen des Todes, weil er dann ein Zeichen der aͤußerſten Schwachheit iſt, und meh- rentheils in den kalten und letzten Schweiß uͤbergeht. Daher iſt auch ein wirklich kritiſcher Schweiß, wenn er allzu heftig iſt, gefaͤhrlich, weil er die noͤthige Kraͤfte erſchoͤpft, und die Krankheit in die Laͤnge zieht. Auch in auszehrenden Fiebern ſind heftige Schweiße Zeichen einer großen Schwachheit. Trockenheit der Haut; die Ausſchlaͤge kommen nicht hervor; bleiben tief

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/448>, abgerufen am 22.11.2024.