worfen und sterben gählings. Zuweilen schwellen die Beine, und dann ergießet sich Wasser in die Brust- und Bauchhöle. Später verlieren die Kranken den Schlaf, holen tiefe Seufzer, und verlieren alle Hoff- nung der Wiedergenesung. Einige werden sogar aus Kummer und immerwährender Todesangst sinnlos, bis sie endlich unterliegen. -- Aber manchmal fehlen alle diese Zeichen, oder es hat gerade das Gegentheil statt. Selbst nach unglaublichen Ausleerungen ist oft noch eine große Blutmenge zugegen.
Diese Beyspiele beweisen, wie sehr diejenigen irren, welche mit den Ausleerungen so lange fortfah- ren zu müssen glauben, bis die Gefäße und die Haut zusammen gefallen sind. So gewiß es ist, so wenig kann ich begreifen, wie man behaupten und Beyfall finden kann, daß diese Entleerung der Gefäße, das wahre Maaß der Entkräftung seye, auf welches man die Kranken in hitzigen Krankheiten herabsetzen müße. *) Haben denn solche Männer nie die aufgebläheten, strotzenden, hoch oder dunkelrothen, feurigen Gesichter der an faulichten Krankheiten oder an Gallfiebern sehr gefährlich darnieder liegenden Kranken gesehen? -- Wenn man diese durch Ausleerungen besonders des Blutes heilen will, und dann die erfolgenden Zufälle und den Tod einer vorgegebenen Bösartigkeit der Krank- heit zuschreibet, so ist es freylich kein Wunder, daß man seinen Irrthum nie einsieht. Verschafften sie aber solchen Kranken den Zutritt der frischen, kühlen Luft,
sollte
*)Pujati de Victu sebric. p. 120. und einige angesehene noch lebende Aerzte.
worfen und ſterben gaͤhlings. Zuweilen ſchwellen die Beine, und dann ergießet ſich Waſſer in die Bruſt- und Bauchhoͤle. Spaͤter verlieren die Kranken den Schlaf, holen tiefe Seufzer, und verlieren alle Hoff- nung der Wiedergeneſung. Einige werden ſogar aus Kummer und immerwaͤhrender Todesangſt ſinnlos, bis ſie endlich unterliegen. — Aber manchmal fehlen alle dieſe Zeichen, oder es hat gerade das Gegentheil ſtatt. Selbſt nach unglaublichen Ausleerungen iſt oft noch eine große Blutmenge zugegen.
Dieſe Beyſpiele beweiſen, wie ſehr diejenigen irren, welche mit den Ausleerungen ſo lange fortfah- ren zu muͤſſen glauben, bis die Gefaͤße und die Haut zuſammen gefallen ſind. So gewiß es iſt, ſo wenig kann ich begreifen, wie man behaupten und Beyfall finden kann, daß dieſe Entleerung der Gefaͤße, das wahre Maaß der Entkraͤftung ſeye, auf welches man die Kranken in hitzigen Krankheiten herabſetzen muͤße. *) Haben denn ſolche Maͤnner nie die aufgeblaͤheten, ſtrotzenden, hoch oder dunkelrothen, feurigen Geſichter der an faulichten Krankheiten oder an Gallfiebern ſehr gefaͤhrlich darnieder liegenden Kranken geſehen? — Wenn man dieſe durch Ausleerungen beſonders des Blutes heilen will, und dann die erfolgenden Zufaͤlle und den Tod einer vorgegebenen Boͤsartigkeit der Krank- heit zuſchreibet, ſo iſt es freylich kein Wunder, daß man ſeinen Irrthum nie einſieht. Verſchafften ſie aber ſolchen Kranken den Zutritt der friſchen, kuͤhlen Luft,
ſollte
*)Pujati de Victu ſebric. p. 120. und einige angeſehene noch lebende Aerzte.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0507"n="488"/>
worfen und ſterben gaͤhlings. Zuweilen ſchwellen die<lb/>
Beine, und dann ergießet ſich Waſſer in die Bruſt-<lb/>
und Bauchhoͤle. Spaͤter verlieren die Kranken den<lb/>
Schlaf, holen tiefe Seufzer, und verlieren alle Hoff-<lb/>
nung der Wiedergeneſung. Einige werden ſogar aus<lb/>
Kummer und immerwaͤhrender Todesangſt ſinnlos,<lb/>
bis ſie endlich unterliegen. — Aber manchmal fehlen<lb/>
alle dieſe Zeichen, oder es hat gerade das Gegentheil<lb/>ſtatt. Selbſt nach unglaublichen Ausleerungen iſt oft<lb/>
noch eine große Blutmenge zugegen.</p><lb/><p>Dieſe Beyſpiele beweiſen, wie ſehr diejenigen<lb/>
irren, welche mit den Ausleerungen ſo lange fortfah-<lb/>
ren zu muͤſſen glauben, bis die Gefaͤße und die Haut<lb/>
zuſammen gefallen ſind. So gewiß es iſt, ſo wenig<lb/>
kann ich begreifen, wie man behaupten und Beyfall<lb/>
finden kann, daß dieſe Entleerung der Gefaͤße, das<lb/>
wahre Maaß der Entkraͤftung ſeye, auf welches man<lb/>
die Kranken in hitzigen Krankheiten herabſetzen muͤße.<lb/><noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#aq">Pujati de Victu ſebric. p.</hi> 120. und einige angeſehene noch<lb/>
lebende Aerzte.</note> Haben denn ſolche Maͤnner nie die aufgeblaͤheten,<lb/>ſtrotzenden, hoch oder dunkelrothen, feurigen Geſichter<lb/>
der an faulichten Krankheiten oder an Gallfiebern ſehr<lb/>
gefaͤhrlich darnieder liegenden Kranken geſehen? —<lb/>
Wenn man dieſe durch Ausleerungen beſonders des<lb/>
Blutes heilen will, und dann die erfolgenden Zufaͤlle<lb/>
und den Tod einer vorgegebenen Boͤsartigkeit der Krank-<lb/>
heit zuſchreibet, ſo iſt es freylich kein Wunder, daß<lb/>
man ſeinen Irrthum nie einſieht. Verſchafften ſie aber<lb/>ſolchen Kranken den Zutritt der friſchen, kuͤhlen Luft,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſollte</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[488/0507]
worfen und ſterben gaͤhlings. Zuweilen ſchwellen die
Beine, und dann ergießet ſich Waſſer in die Bruſt-
und Bauchhoͤle. Spaͤter verlieren die Kranken den
Schlaf, holen tiefe Seufzer, und verlieren alle Hoff-
nung der Wiedergeneſung. Einige werden ſogar aus
Kummer und immerwaͤhrender Todesangſt ſinnlos,
bis ſie endlich unterliegen. — Aber manchmal fehlen
alle dieſe Zeichen, oder es hat gerade das Gegentheil
ſtatt. Selbſt nach unglaublichen Ausleerungen iſt oft
noch eine große Blutmenge zugegen.
Dieſe Beyſpiele beweiſen, wie ſehr diejenigen
irren, welche mit den Ausleerungen ſo lange fortfah-
ren zu muͤſſen glauben, bis die Gefaͤße und die Haut
zuſammen gefallen ſind. So gewiß es iſt, ſo wenig
kann ich begreifen, wie man behaupten und Beyfall
finden kann, daß dieſe Entleerung der Gefaͤße, das
wahre Maaß der Entkraͤftung ſeye, auf welches man
die Kranken in hitzigen Krankheiten herabſetzen muͤße.
*) Haben denn ſolche Maͤnner nie die aufgeblaͤheten,
ſtrotzenden, hoch oder dunkelrothen, feurigen Geſichter
der an faulichten Krankheiten oder an Gallfiebern ſehr
gefaͤhrlich darnieder liegenden Kranken geſehen? —
Wenn man dieſe durch Ausleerungen beſonders des
Blutes heilen will, und dann die erfolgenden Zufaͤlle
und den Tod einer vorgegebenen Boͤsartigkeit der Krank-
heit zuſchreibet, ſo iſt es freylich kein Wunder, daß
man ſeinen Irrthum nie einſieht. Verſchafften ſie aber
ſolchen Kranken den Zutritt der friſchen, kuͤhlen Luft,
ſollte
*) Pujati de Victu ſebric. p. 120. und einige angeſehene noch
lebende Aerzte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/507>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.