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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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er schon sieben Tage gar keine Oeffnung hatte; und
nie kann eine so bedenkliche Krankheit glücklicher ver-
laufen. Den zwanzigsten Tag fieng der Bauch an
zu rumpeln, und es giengen Winde ab; den ein und
zwanzigsten bekam er ein Klystier aus bloßem Oele
mit Fleischbrühe und Eyerdotter, die ihm einige Oeff-
nung machte, nachdem die Krankheit den siebenzehn-
ten schon durch den Harn und Schweiß entschieden
war. --

Bey Tissot ließ sich ein sonst ganz gesunder
und starker Mann wegen heftiger Hitze und Kopf-
schmerzen zur Ader. Er war den sechsten Tag so
schwach, so beängstigt und so beißend heiß, der Kopf-
schmerz so heftig, und die Reitzbarkeit so überspannt,
daß Tissot nicht an die geringste Ausleerung denken
konnte. Er fürchtete, wenn die Materie zu häufig
beweglich gemacht würde, daß die Kräfte zu der-
selben Ausleerung nicht hinreichen möchten. Daher
gab er zu erst gelinde, säuerlichte Herzstärkungen und
Sauerteige, bis sich die Kräfte nach und nach er-
holten, wo er denn mit Ausleerungen die Krankheit
vollends heilte. Es blieb aber lange eine Verstopfung
der Leber zurück, welche eine langwierige Behandlung,
Luftveränderung etc. forderte. Der Kranke war meh-
rere Monate zu allen Verrichtungen unfähig, und er-
langte kaum in einem Jahre wieder seine Kräfte. --
Le C[ - 1 Zeichen fehlt]mus erzählt von einem Knaben, welcher in
einem Seitenstiche durch neunmal Aderlassen schon
bis zum Grabe hingerichtet war; man muste ihm herz-
stärkende Mittel reichen, wodurch er in so weit sich

erhol-

er ſchon ſieben Tage gar keine Oeffnung hatte; und
nie kann eine ſo bedenkliche Krankheit gluͤcklicher ver-
laufen. Den zwanzigſten Tag fieng der Bauch an
zu rumpeln, und es giengen Winde ab; den ein und
zwanzigſten bekam er ein Klyſtier aus bloßem Oele
mit Fleiſchbruͤhe und Eyerdotter, die ihm einige Oeff-
nung machte, nachdem die Krankheit den ſiebenzehn-
ten ſchon durch den Harn und Schweiß entſchieden
war. —

Bey Tiſſot ließ ſich ein ſonſt ganz geſunder
und ſtarker Mann wegen heftiger Hitze und Kopf-
ſchmerzen zur Ader. Er war den ſechſten Tag ſo
ſchwach, ſo beaͤngſtigt und ſo beißend heiß, der Kopf-
ſchmerz ſo heftig, und die Reitzbarkeit ſo uͤberſpannt,
daß Tiſſot nicht an die geringſte Ausleerung denken
konnte. Er fuͤrchtete, wenn die Materie zu haͤufig
beweglich gemacht wuͤrde, daß die Kraͤfte zu der-
ſelben Ausleerung nicht hinreichen moͤchten. Daher
gab er zu erſt gelinde, ſaͤuerlichte Herzſtaͤrkungen und
Sauerteige, bis ſich die Kraͤfte nach und nach er-
holten, wo er denn mit Ausleerungen die Krankheit
vollends heilte. Es blieb aber lange eine Verſtopfung
der Leber zuruͤck, welche eine langwierige Behandlung,
Luftveraͤnderung ꝛc. forderte. Der Kranke war meh-
rere Monate zu allen Verrichtungen unfaͤhig, und er-
langte kaum in einem Jahre wieder ſeine Kraͤfte. —
Le C[ – 1 Zeichen fehlt]mus erzaͤhlt von einem Knaben, welcher in
einem Seitenſtiche durch neunmal Aderlaſſen ſchon
bis zum Grabe hingerichtet war; man muſte ihm herz-
ſtaͤrkende Mittel reichen, wodurch er in ſo weit ſich

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[572/0591] er ſchon ſieben Tage gar keine Oeffnung hatte; und nie kann eine ſo bedenkliche Krankheit gluͤcklicher ver- laufen. Den zwanzigſten Tag fieng der Bauch an zu rumpeln, und es giengen Winde ab; den ein und zwanzigſten bekam er ein Klyſtier aus bloßem Oele mit Fleiſchbruͤhe und Eyerdotter, die ihm einige Oeff- nung machte, nachdem die Krankheit den ſiebenzehn- ten ſchon durch den Harn und Schweiß entſchieden war. — Bey Tiſſot ließ ſich ein ſonſt ganz geſunder und ſtarker Mann wegen heftiger Hitze und Kopf- ſchmerzen zur Ader. Er war den ſechſten Tag ſo ſchwach, ſo beaͤngſtigt und ſo beißend heiß, der Kopf- ſchmerz ſo heftig, und die Reitzbarkeit ſo uͤberſpannt, daß Tiſſot nicht an die geringſte Ausleerung denken konnte. Er fuͤrchtete, wenn die Materie zu haͤufig beweglich gemacht wuͤrde, daß die Kraͤfte zu der- ſelben Ausleerung nicht hinreichen moͤchten. Daher gab er zu erſt gelinde, ſaͤuerlichte Herzſtaͤrkungen und Sauerteige, bis ſich die Kraͤfte nach und nach er- holten, wo er denn mit Ausleerungen die Krankheit vollends heilte. Es blieb aber lange eine Verſtopfung der Leber zuruͤck, welche eine langwierige Behandlung, Luftveraͤnderung ꝛc. forderte. Der Kranke war meh- rere Monate zu allen Verrichtungen unfaͤhig, und er- langte kaum in einem Jahre wieder ſeine Kraͤfte. — Le C_mus erzaͤhlt von einem Knaben, welcher in einem Seitenſtiche durch neunmal Aderlaſſen ſchon bis zum Grabe hingerichtet war; man muſte ihm herz- ſtaͤrkende Mittel reichen, wodurch er in ſo weit ſich erhol-

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/591>, abgerufen am 24.11.2024.