die Geschlechtsbegierde, den Kitzel, die thierische Ver- zweiflung von Schmerz, Reiz, Angst u, s. w. -- Ich will seinen Sinn durch einige Paragraphen erläutern.
§. 1193. Die Thätigkeit, mit welcher die Seele entgegenwirkt dem Tode, scheint in ihr erregt zu wer- den durch eine dunkle, wahre, oder täuschende, nahe oder entfernte Vorhersehung einer bevorstehenden Tren- nung des Seelenorgans von ihrer Gemeinschaft mit ihrem Einfluß. Daher jene verdoppelten Schläge der Werkzeuge des Umlaufs, und jene heftigen Zu- ckungen, welche meist ohne wirkliche Todesgefahr er- regt werden.
§. 1201. Die stets fortwährende lebendige Thätigkeit in den Werkzeugen des Kreislaufs wird immerfort erregt durch den Reiz der in dem Umlauf begriffenen Säfte. Dieser Reiz wirkt mittelst der Ner- ven, welche er allzeit zunächst trifft, in das thierische Seelenorgan, und durch dieses in die Seele, mittelst bewustloser Gefühle; diese Gefühle wirken in der Seele bewußtlose Thätigkeiten. Und so entstehen, mittelst der in den Werkzeugen des Umlaufes befind- lichen Muskelfiebern sichtbare Bewegungen oder Er- scheinungen der Hallerischen Reizbarkeit.
Nach §. 167. beruht der Hunger auf dem dunk- len Gefühl der Seele theils von dem Mangel und von dem beginnenden Verderbniß der ernährenden Säfte des Körpers, theils von dem Mangel der Le- benskraft.
Nach §. 768. entsteht der Durst vom Mangel der wässerichten Theile in den Säften des Körpers,
einer
die Geſchlechtsbegierde, den Kitzel, die thieriſche Ver- zweiflung von Schmerz, Reiz, Angſt u, ſ. w. — Ich will ſeinen Sinn durch einige Paragraphen erlaͤutern.
§. 1193. Die Thaͤtigkeit, mit welcher die Seele entgegenwirkt dem Tode, ſcheint in ihr erregt zu wer- den durch eine dunkle, wahre, oder taͤuſchende, nahe oder entfernte Vorherſehung einer bevorſtehenden Tren- nung des Seelenorgans von ihrer Gemeinſchaft mit ihrem Einfluß. Daher jene verdoppelten Schlaͤge der Werkzeuge des Umlaufs, und jene heftigen Zu- ckungen, welche meiſt ohne wirkliche Todesgefahr er- regt werden.
§. 1201. Die ſtets fortwaͤhrende lebendige Thaͤtigkeit in den Werkzeugen des Kreislaufs wird immerfort erregt durch den Reiz der in dem Umlauf begriffenen Saͤfte. Dieſer Reiz wirkt mittelſt der Ner- ven, welche er allzeit zunaͤchſt trifft, in das thieriſche Seelenorgan, und durch dieſes in die Seele, mittelſt bewuſtloſer Gefuͤhle; dieſe Gefuͤhle wirken in der Seele bewußtloſe Thaͤtigkeiten. Und ſo entſtehen, mittelſt der in den Werkzeugen des Umlaufes befind- lichen Muskelfiebern ſichtbare Bewegungen oder Er- ſcheinungen der Halleriſchen Reizbarkeit.
Nach §. 167. beruht der Hunger auf dem dunk- len Gefuͤhl der Seele theils von dem Mangel und von dem beginnenden Verderbniß der ernaͤhrenden Saͤfte des Koͤrpers, theils von dem Mangel der Le- benskraft.
Nach §. 768. entſteht der Durſt vom Mangel der waͤſſerichten Theile in den Saͤften des Koͤrpers,
einer
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die Geſchlechtsbegierde, den Kitzel, die thieriſche Ver-
zweiflung von Schmerz, Reiz, Angſt u, ſ. w. — Ich
will ſeinen Sinn durch einige Paragraphen erlaͤutern.
§. 1193. Die Thaͤtigkeit, mit welcher die Seele
entgegenwirkt dem Tode, ſcheint in ihr erregt zu wer-
den durch eine dunkle, wahre, oder taͤuſchende, nahe
oder entfernte Vorherſehung einer bevorſtehenden Tren-
nung des Seelenorgans von ihrer Gemeinſchaft mit
ihrem Einfluß. Daher jene verdoppelten Schlaͤge
der Werkzeuge des Umlaufs, und jene heftigen Zu-
ckungen, welche meiſt ohne wirkliche Todesgefahr er-
regt werden.
§. 1201. Die ſtets fortwaͤhrende lebendige
Thaͤtigkeit in den Werkzeugen des Kreislaufs wird
immerfort erregt durch den Reiz der in dem Umlauf
begriffenen Saͤfte. Dieſer Reiz wirkt mittelſt der Ner-
ven, welche er allzeit zunaͤchſt trifft, in das thieriſche
Seelenorgan, und durch dieſes in die Seele, mittelſt
bewuſtloſer Gefuͤhle; dieſe Gefuͤhle wirken in der
Seele bewußtloſe Thaͤtigkeiten. Und ſo entſtehen,
mittelſt der in den Werkzeugen des Umlaufes befind-
lichen Muskelfiebern ſichtbare Bewegungen oder Er-
ſcheinungen der Halleriſchen Reizbarkeit.
Nach §. 167. beruht der Hunger auf dem dunk-
len Gefuͤhl der Seele theils von dem Mangel und
von dem beginnenden Verderbniß der ernaͤhrenden
Saͤfte des Koͤrpers, theils von dem Mangel der Le-
benskraft.
Nach §. 768. entſteht der Durſt vom Mangel
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/62>, abgerufen am 22.11.2024.
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