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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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schen Tinktur, worauf der Anfall kürzer und leichter
wurde. In den meisten erleichterte sie den Kopf,
und machte einen häufigen Schweiß, der angenehm
warm war; sie machte einen ruhigen Schlaf, und stärk-
te den matten Kranken. Das Irreseyn machte sie
nie stärker, wo es dasselbe nicht hob. Sehr starke
und wiederholte Gaben Mohnsaft erregen im Rücken-
und Bauchkrampf keine Betäubung.*) Das nämliche
geschieht, wenn Mohnsaft gegen den trockenen Brand,
wo er so herrliche Dienste thut, in grossen Gaben ge-
braucht wird. Wall hat bemerkt, daß unter den
nämlichen Umständen kleine Gaben Mohnsaft sehr oft
die Reizbarkeit vermehrten, wo hingegen starke Gaben
die grösten Unordnungen der Nerven beruhigten. u. s. w.

Selten darf man den Bauchflüssen in faulich-
ten Krankheiten ganz Einhalt thun. Indessen giebt
man in diesem Falle doch den herben Säuren den
Vorzug. Walcarrenghi gab den Granatäpfelsaft
in Wasser nach dem Beyspiele des Alexander Tral-
lianus
und anderer Alten. "Sanis, sagt dieser,
alvum adstringunt, aegris autem non item. In
Gallfiebern gab Planchon bey aufgelösten Stühlen
öfters den Weinschädling- oder den Quittensaft, wel-
che sonst ebenfalls stopfen. Die Stühle wurden zwar
verdickt, aber nicht aufgehalten, weil die Erschlap-
pung der Gedärme zu groß, die Säfte des Magens,
der Leber und der Gedärme zu aufgelöset sind, als
daß dieses zu befürchten wäre. -- Wenn bey Blut-
flüssen oder andern Ausleerungen die Kräfte erschöpft

werden,
*) Maebride P. II. p. 271.

ſchen Tinktur, worauf der Anfall kuͤrzer und leichter
wurde. In den meiſten erleichterte ſie den Kopf,
und machte einen haͤufigen Schweiß, der angenehm
warm war; ſie machte einen ruhigen Schlaf, und ſtaͤrk-
te den matten Kranken. Das Irreſeyn machte ſie
nie ſtaͤrker, wo es daſſelbe nicht hob. Sehr ſtarke
und wiederholte Gaben Mohnſaft erregen im Ruͤcken-
und Bauchkrampf keine Betaͤubung.*) Das naͤmliche
geſchieht, wenn Mohnſaft gegen den trockenen Brand,
wo er ſo herrliche Dienſte thut, in groſſen Gaben ge-
braucht wird. Wall hat bemerkt, daß unter den
naͤmlichen Umſtaͤnden kleine Gaben Mohnſaft ſehr oft
die Reizbarkeit vermehrten, wo hingegen ſtarke Gaben
die groͤſten Unordnungen der Nerven beruhigten. u. ſ. w.

Selten darf man den Bauchfluͤſſen in faulich-
ten Krankheiten ganz Einhalt thun. Indeſſen giebt
man in dieſem Falle doch den herben Saͤuren den
Vorzug. Walcarrenghi gab den Granataͤpfelſaft
in Waſſer nach dem Beyſpiele des Alexander Tral-
lianus
und anderer Alten. “Sanis, ſagt dieſer,
alvum adſtringunt, ægris autem non item. In
Gallfiebern gab Planchon bey aufgeloͤſten Stuͤhlen
oͤfters den Weinſchaͤdling- oder den Quittenſaft, wel-
che ſonſt ebenfalls ſtopfen. Die Stuͤhle wurden zwar
verdickt, aber nicht aufgehalten, weil die Erſchlap-
pung der Gedaͤrme zu groß, die Saͤfte des Magens,
der Leber und der Gedaͤrme zu aufgeloͤſet ſind, als
daß dieſes zu befuͤrchten waͤre. — Wenn bey Blut-
fluͤſſen oder andern Ausleerungen die Kraͤfte erſchoͤpft

werden,
*) Maebride P. II. p. 271.
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[606/0625] ſchen Tinktur, worauf der Anfall kuͤrzer und leichter wurde. In den meiſten erleichterte ſie den Kopf, und machte einen haͤufigen Schweiß, der angenehm warm war; ſie machte einen ruhigen Schlaf, und ſtaͤrk- te den matten Kranken. Das Irreſeyn machte ſie nie ſtaͤrker, wo es daſſelbe nicht hob. Sehr ſtarke und wiederholte Gaben Mohnſaft erregen im Ruͤcken- und Bauchkrampf keine Betaͤubung. *) Das naͤmliche geſchieht, wenn Mohnſaft gegen den trockenen Brand, wo er ſo herrliche Dienſte thut, in groſſen Gaben ge- braucht wird. Wall hat bemerkt, daß unter den naͤmlichen Umſtaͤnden kleine Gaben Mohnſaft ſehr oft die Reizbarkeit vermehrten, wo hingegen ſtarke Gaben die groͤſten Unordnungen der Nerven beruhigten. u. ſ. w. Selten darf man den Bauchfluͤſſen in faulich- ten Krankheiten ganz Einhalt thun. Indeſſen giebt man in dieſem Falle doch den herben Saͤuren den Vorzug. Walcarrenghi gab den Granataͤpfelſaft in Waſſer nach dem Beyſpiele des Alexander Tral- lianus und anderer Alten. “Sanis, ſagt dieſer, alvum adſtringunt, ægris autem non item. In Gallfiebern gab Planchon bey aufgeloͤſten Stuͤhlen oͤfters den Weinſchaͤdling- oder den Quittenſaft, wel- che ſonſt ebenfalls ſtopfen. Die Stuͤhle wurden zwar verdickt, aber nicht aufgehalten, weil die Erſchlap- pung der Gedaͤrme zu groß, die Saͤfte des Magens, der Leber und der Gedaͤrme zu aufgeloͤſet ſind, als daß dieſes zu befuͤrchten waͤre. — Wenn bey Blut- fluͤſſen oder andern Ausleerungen die Kraͤfte erſchoͤpft werden, *) Maebride P. II. p. 271.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/625>, abgerufen am 24.11.2024.