Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Natur, und es ist sehr wichtig zu untersuchen, in wie-
sern diese gehört zu werden verdiene.

§. 111.

Die Bewohner der mittäglichen und der mitter-
nächtlichen Gegenden lieben sehr die stark berauschenden
und geistigen Getränke. Der Aethiope und der Grön-
länder verschaffen sich dadurch eine stärkere Ausdün-
stung, welche beyden sehr nützlich ist. Franklin
machte in den amerikanischen Kolonien, besonders un-
ter den Sklaven die Beobachtung, daß diejenigen,
welche das Feld bauen, oder immer unter freyem Him-
mel jagen, auf keine andere Art den gefährlichsten Krank-
heiten und oft einem plötzlichen Tode entgehen können.
Fehlt es den Aegyptiern, Persern und Arabern am
Mohnsafte, so ersetzen sie ihn durch hitzige Getränke.
Nebstdem salben die Bewohner der heißen Erdstriche
ihre Leiber mit Oel, vielleicht um sich gegen die aus-
trocknenden Sonnenstrahlen, gegen die Einsaugung
der häufigen bösen Ausdünstungen, und gegen die
Stiche der giftigen Insekten, deren es bey ihnen sehr
viele gibt, zu schützen. In den nördlichen Gegen-
den sind besonders Ausschlagskrankheiten, als Pocken
sehr gefährlich, weil sie wegen der allzugrossen Dicke
der Säfte fast gar nicht zum Ausbruche kommen
können. Deßwegen lieben diese Völker vorzüglich
bittere Dinge, Pfeffer, weil diese den zähen, rotzi-
gen Schleim am besten zertheilen. Ihre straffen Fa-
sern erweichen sie durch fette Speisen, und den Thran
der Fische, welche ihr allermeister Genuß sind.

Die
Gall I. Band. T t

Natur, und es iſt ſehr wichtig zu unterſuchen, in wie-
ſern dieſe gehoͤrt zu werden verdiene.

§. 111.

Die Bewohner der mittaͤglichen und der mitter-
naͤchtlichen Gegenden lieben ſehr die ſtark berauſchenden
und geiſtigen Getraͤnke. Der Aethiope und der Groͤn-
laͤnder verſchaffen ſich dadurch eine ſtaͤrkere Ausduͤn-
ſtung, welche beyden ſehr nuͤtzlich iſt. Franklin
machte in den amerikaniſchen Kolonien, beſonders un-
ter den Sklaven die Beobachtung, daß diejenigen,
welche das Feld bauen, oder immer unter freyem Him-
mel jagen, auf keine andere Art den gefaͤhrlichſten Krank-
heiten und oft einem ploͤtzlichen Tode entgehen koͤnnen.
Fehlt es den Aegyptiern, Perſern und Arabern am
Mohnſafte, ſo erſetzen ſie ihn durch hitzige Getraͤnke.
Nebſtdem ſalben die Bewohner der heißen Erdſtriche
ihre Leiber mit Oel, vielleicht um ſich gegen die aus-
trocknenden Sonnenſtrahlen, gegen die Einſaugung
der haͤufigen boͤſen Ausduͤnſtungen, und gegen die
Stiche der giftigen Inſekten, deren es bey ihnen ſehr
viele gibt, zu ſchuͤtzen. In den noͤrdlichen Gegen-
den ſind beſonders Ausſchlagskrankheiten, als Pocken
ſehr gefaͤhrlich, weil ſie wegen der allzugroſſen Dicke
der Saͤfte faſt gar nicht zum Ausbruche kommen
koͤnnen. Deßwegen lieben dieſe Voͤlker vorzuͤglich
bittere Dinge, Pfeffer, weil dieſe den zaͤhen, rotzi-
gen Schleim am beſten zertheilen. Ihre ſtraffen Fa-
ſern erweichen ſie durch fette Speiſen, und den Thran
der Fiſche, welche ihr allermeiſter Genuß ſind.

Die
Gall I. Band. T t
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0676" n="657"/>
Natur, und es i&#x017F;t &#x017F;ehr wichtig zu unter&#x017F;uchen, in wie-<lb/>
&#x017F;ern die&#x017F;e geho&#x0364;rt zu werden verdiene.</p><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 111.</head><lb/>
              <p>Die Bewohner der mitta&#x0364;glichen und der mitter-<lb/>
na&#x0364;chtlichen Gegenden lieben &#x017F;ehr die &#x017F;tark berau&#x017F;chenden<lb/>
und gei&#x017F;tigen Getra&#x0364;nke. Der Aethiope und der Gro&#x0364;n-<lb/>
la&#x0364;nder ver&#x017F;chaffen &#x017F;ich dadurch eine &#x017F;ta&#x0364;rkere Ausdu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;tung, welche beyden &#x017F;ehr nu&#x0364;tzlich i&#x017F;t. <hi rendition="#fr">Franklin</hi><lb/>
machte in den amerikani&#x017F;chen Kolonien, be&#x017F;onders un-<lb/>
ter den Sklaven die Beobachtung, daß diejenigen,<lb/>
welche das Feld bauen, oder immer unter freyem Him-<lb/>
mel jagen, auf keine andere Art den gefa&#x0364;hrlich&#x017F;ten Krank-<lb/>
heiten und oft einem plo&#x0364;tzlichen Tode entgehen ko&#x0364;nnen.<lb/>
Fehlt es den Aegyptiern, Per&#x017F;ern und Arabern am<lb/>
Mohn&#x017F;afte, &#x017F;o er&#x017F;etzen &#x017F;ie ihn durch hitzige Getra&#x0364;nke.<lb/>
Neb&#x017F;tdem &#x017F;alben die Bewohner der heißen Erd&#x017F;triche<lb/>
ihre Leiber mit Oel, vielleicht um &#x017F;ich gegen die aus-<lb/>
trocknenden Sonnen&#x017F;trahlen, gegen die Ein&#x017F;augung<lb/>
der ha&#x0364;ufigen bo&#x0364;&#x017F;en Ausdu&#x0364;n&#x017F;tungen, und gegen die<lb/>
Stiche der giftigen In&#x017F;ekten, deren es bey ihnen &#x017F;ehr<lb/>
viele gibt, zu &#x017F;chu&#x0364;tzen. In den no&#x0364;rdlichen Gegen-<lb/>
den &#x017F;ind be&#x017F;onders Aus&#x017F;chlagskrankheiten, als Pocken<lb/>
&#x017F;ehr gefa&#x0364;hrlich, weil &#x017F;ie wegen der allzugro&#x017F;&#x017F;en Dicke<lb/>
der Sa&#x0364;fte fa&#x017F;t gar nicht zum Ausbruche kommen<lb/>
ko&#x0364;nnen. Deßwegen lieben die&#x017F;e Vo&#x0364;lker vorzu&#x0364;glich<lb/>
bittere Dinge, Pfeffer, weil die&#x017F;e den za&#x0364;hen, rotzi-<lb/>
gen Schleim am be&#x017F;ten zertheilen. Ihre &#x017F;traffen Fa-<lb/>
&#x017F;ern erweichen &#x017F;ie durch fette Spei&#x017F;en, und den Thran<lb/>
der Fi&#x017F;che, welche ihr allermei&#x017F;ter Genuß &#x017F;ind.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Gall <hi rendition="#aq">I.</hi> Band. T t</fw><fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[657/0676] Natur, und es iſt ſehr wichtig zu unterſuchen, in wie- ſern dieſe gehoͤrt zu werden verdiene. §. 111. Die Bewohner der mittaͤglichen und der mitter- naͤchtlichen Gegenden lieben ſehr die ſtark berauſchenden und geiſtigen Getraͤnke. Der Aethiope und der Groͤn- laͤnder verſchaffen ſich dadurch eine ſtaͤrkere Ausduͤn- ſtung, welche beyden ſehr nuͤtzlich iſt. Franklin machte in den amerikaniſchen Kolonien, beſonders un- ter den Sklaven die Beobachtung, daß diejenigen, welche das Feld bauen, oder immer unter freyem Him- mel jagen, auf keine andere Art den gefaͤhrlichſten Krank- heiten und oft einem ploͤtzlichen Tode entgehen koͤnnen. Fehlt es den Aegyptiern, Perſern und Arabern am Mohnſafte, ſo erſetzen ſie ihn durch hitzige Getraͤnke. Nebſtdem ſalben die Bewohner der heißen Erdſtriche ihre Leiber mit Oel, vielleicht um ſich gegen die aus- trocknenden Sonnenſtrahlen, gegen die Einſaugung der haͤufigen boͤſen Ausduͤnſtungen, und gegen die Stiche der giftigen Inſekten, deren es bey ihnen ſehr viele gibt, zu ſchuͤtzen. In den noͤrdlichen Gegen- den ſind beſonders Ausſchlagskrankheiten, als Pocken ſehr gefaͤhrlich, weil ſie wegen der allzugroſſen Dicke der Saͤfte faſt gar nicht zum Ausbruche kommen koͤnnen. Deßwegen lieben dieſe Voͤlker vorzuͤglich bittere Dinge, Pfeffer, weil dieſe den zaͤhen, rotzi- gen Schleim am beſten zertheilen. Ihre ſtraffen Fa- ſern erweichen ſie durch fette Speiſen, und den Thran der Fiſche, welche ihr allermeiſter Genuß ſind. Die Gall I. Band. T t

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/676
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 657. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/676>, abgerufen am 22.11.2024.