Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

dringendsten Bitte, daß man sie allein lassen möge.
*) -- Die Vorboten der verschiedenen hitzigen
Krankheiten sind jedem Arzte bekannt.**) Daß sie aber
bald nur als bloße, blinde Zusälle erscheinen, bald
mit einem mehr oder weniger deutlichen Gefühle des
folgenden Uibels, wovon sie als ein Theil angesehen
werden müssen, verbunden sind, das beruht auf der
mehr oder weniger lebhaften Einbildungskraft und der
mehr oder weniger feinen Empfindlichkeit des Kranken.

§. 23.
Ahndungen.

Was nun noch die eigentlichen Ahndungen un-
serer Schwärmer betrift, so kann ich nichts bessers
darüber sagen, als was Plattner §. 1123 gesagt hat.
"Außer Furcht und Hofnung soll es noch andere vor-
hersehende Empfindungen geben, welche in der Spra-
che des Aberglaubens Ahndungen genannt werden.
Merkwürdig ist es, so viel erstens die historische Wahr-
scheinlichkeit derselben betrifft, daß alle Erfahrungen
davon nur allein in dem Besitze entweder des gemei-
nen Pöbels, oder doch solcher Menschen sind, welche,
sollten ihnen auch mancherley Kenntniße und Fähigkei-
ten nicht abgesprochen werden können, doch gewiß von
aller wahren philosophischen Aufklärung entfernt sind;
weder deutliche und wohlgeordnete Begriffe, noch feste
Grundsätze besitzen, und ihre Köpfe durch Schwärme-
rey und Aberglauben verdüstert haben" -- Sie berufen

sich
*) Ant. L. B. d. Störck Praecep. Medic. Diss. I. T. II. p. 9.
**) De frequentioribus febrium prodromis Opuscula Schröderi
V. I.

dringendſten Bitte, daß man ſie allein laſſen moͤge.
*) — Die Vorboten der verſchiedenen hitzigen
Krankheiten ſind jedem Arzte bekannt.**) Daß ſie aber
bald nur als bloße, blinde Zuſaͤlle erſcheinen, bald
mit einem mehr oder weniger deutlichen Gefuͤhle des
folgenden Uibels, wovon ſie als ein Theil angeſehen
werden muͤſſen, verbunden ſind, das beruht auf der
mehr oder weniger lebhaften Einbildungskraft und der
mehr oder weniger feinen Empfindlichkeit des Kranken.

§. 23.
Ahndungen.

Was nun noch die eigentlichen Ahndungen un-
ſerer Schwaͤrmer betrift, ſo kann ich nichts beſſers
daruͤber ſagen, als was Plattner §. 1123 geſagt hat.
“Außer Furcht und Hofnung ſoll es noch andere vor-
herſehende Empfindungen geben, welche in der Spra-
che des Aberglaubens Ahndungen genannt werden.
Merkwuͤrdig iſt es, ſo viel erſtens die hiſtoriſche Wahr-
ſcheinlichkeit derſelben betrifft, daß alle Erfahrungen
davon nur allein in dem Beſitze entweder des gemei-
nen Poͤbels, oder doch ſolcher Menſchen ſind, welche,
ſollten ihnen auch mancherley Kenntniße und Faͤhigkei-
ten nicht abgeſprochen werden koͤnnen, doch gewiß von
aller wahren philoſophiſchen Aufklaͤrung entfernt ſind;
weder deutliche und wohlgeordnete Begriffe, noch feſte
Grundſaͤtze beſitzen, und ihre Koͤpfe durch Schwaͤrme-
rey und Aberglauben verduͤſtert haben„ — Sie berufen

ſich
*) Ant. L. B. d. Störck Præcep. Medic. Diſſ. I. T. II. p. 9.
**) De frequentioribus febrium prodromis Opuſcula Schröderi
V. I.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0095" n="76"/>
dringend&#x017F;ten Bitte, daß man &#x017F;ie allein la&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;ge.<lb/><note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Ant. L. B. d. Störck Præcep. Medic. Di&#x017F;&#x017F;. I. T. II. p.</hi> 9.</note> &#x2014; Die Vorboten der ver&#x017F;chiedenen hitzigen<lb/>
Krankheiten &#x017F;ind jedem Arzte bekannt.<note place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq">De frequentioribus febrium prodromis Opu&#x017F;cula Schröderi<lb/>
V. I.</hi></note> Daß &#x017F;ie aber<lb/>
bald nur als bloße, blinde Zu&#x017F;a&#x0364;lle er&#x017F;cheinen, bald<lb/>
mit einem mehr oder weniger deutlichen Gefu&#x0364;hle des<lb/>
folgenden Uibels, wovon &#x017F;ie als ein Theil ange&#x017F;ehen<lb/>
werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, verbunden &#x017F;ind, das beruht auf der<lb/>
mehr oder weniger lebhaften Einbildungskraft und der<lb/>
mehr oder weniger feinen Empfindlichkeit des Kranken.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 23.<lb/><hi rendition="#b">Ahndungen.</hi></head><lb/>
            <p>Was nun noch die eigentlichen Ahndungen un-<lb/>
&#x017F;erer Schwa&#x0364;rmer betrift, &#x017F;o kann ich nichts be&#x017F;&#x017F;ers<lb/>
daru&#x0364;ber &#x017F;agen, als was <hi rendition="#fr">Plattner</hi> §. 1123 ge&#x017F;agt hat.<lb/>
&#x201C;Außer Furcht und Hofnung &#x017F;oll es noch andere vor-<lb/>
her&#x017F;ehende Empfindungen geben, welche in der Spra-<lb/>
che des Aberglaubens Ahndungen genannt werden.<lb/>
Merkwu&#x0364;rdig i&#x017F;t es, &#x017F;o viel er&#x017F;tens die hi&#x017F;tori&#x017F;che Wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlichkeit der&#x017F;elben betrifft, daß alle Erfahrungen<lb/>
davon nur allein in dem Be&#x017F;itze entweder des gemei-<lb/>
nen Po&#x0364;bels, oder doch &#x017F;olcher Men&#x017F;chen &#x017F;ind, welche,<lb/>
&#x017F;ollten ihnen auch mancherley Kenntniße und Fa&#x0364;higkei-<lb/>
ten nicht abge&#x017F;prochen werden ko&#x0364;nnen, doch gewiß von<lb/>
aller wahren philo&#x017F;ophi&#x017F;chen Aufkla&#x0364;rung entfernt &#x017F;ind;<lb/>
weder deutliche und wohlgeordnete Begriffe, noch fe&#x017F;te<lb/>
Grund&#x017F;a&#x0364;tze be&#x017F;itzen, und ihre Ko&#x0364;pfe durch Schwa&#x0364;rme-<lb/>
rey und Aberglauben verdu&#x0364;&#x017F;tert haben&#x201E; &#x2014; Sie berufen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ich</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0095] dringendſten Bitte, daß man ſie allein laſſen moͤge. *) — Die Vorboten der verſchiedenen hitzigen Krankheiten ſind jedem Arzte bekannt. **) Daß ſie aber bald nur als bloße, blinde Zuſaͤlle erſcheinen, bald mit einem mehr oder weniger deutlichen Gefuͤhle des folgenden Uibels, wovon ſie als ein Theil angeſehen werden muͤſſen, verbunden ſind, das beruht auf der mehr oder weniger lebhaften Einbildungskraft und der mehr oder weniger feinen Empfindlichkeit des Kranken. §. 23. Ahndungen. Was nun noch die eigentlichen Ahndungen un- ſerer Schwaͤrmer betrift, ſo kann ich nichts beſſers daruͤber ſagen, als was Plattner §. 1123 geſagt hat. “Außer Furcht und Hofnung ſoll es noch andere vor- herſehende Empfindungen geben, welche in der Spra- che des Aberglaubens Ahndungen genannt werden. Merkwuͤrdig iſt es, ſo viel erſtens die hiſtoriſche Wahr- ſcheinlichkeit derſelben betrifft, daß alle Erfahrungen davon nur allein in dem Beſitze entweder des gemei- nen Poͤbels, oder doch ſolcher Menſchen ſind, welche, ſollten ihnen auch mancherley Kenntniße und Faͤhigkei- ten nicht abgeſprochen werden koͤnnen, doch gewiß von aller wahren philoſophiſchen Aufklaͤrung entfernt ſind; weder deutliche und wohlgeordnete Begriffe, noch feſte Grundſaͤtze beſitzen, und ihre Koͤpfe durch Schwaͤrme- rey und Aberglauben verduͤſtert haben„ — Sie berufen ſich *) Ant. L. B. d. Störck Præcep. Medic. Diſſ. I. T. II. p. 9. **) De frequentioribus febrium prodromis Opuſcula Schröderi V. I.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/95
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/95>, abgerufen am 22.11.2024.