Der Indigo ist nicht allein der wichtigste blaue Farbstoff, sondern auch der wichtigste der sämtlichen vegetabilischen Farbstoffe überhaupt. Er war schon den alten Griechen und Römern bekannt, welche ihn aber nicht zum Färben, sondern als Malerfarbe benutzten; da er aus Indien kam, nannten sie ihn Indicum (aus Indien Kommendes), woraus sich die heutige allge- meine Bezeichnung Indigo gebildet hat. Seine Verwendung als Farbmaterial datiert erst seit der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, wo die Holländer nach Entdeckung des Seeweges nach Ostindien um die Südspitze von Afrika ihn nach Europa brachten. Der Indigo hat damals einen schweren Kampf zu bestehen gehabt. In fast allen Ländern, besonders in Deutsch- land, wurde der Indigo seitens der Regierungen anfänglich verboten. Man hielt ihn nämlich für ein minderwertiges Farbmaterial, als den Waid, und befürchtete einen Rückgang der damals noch blühenden Waidkultur. Man hatte den Waid bis dahin seit Jahrhunderten zum Blaufärben angewendet; in Deutschland, vornehmlich in Thüringen, wurde der Waidbau getrieben. Der Indigo hat diesen fast ganz verdrängt und der in Europa heute noch betriebene Waidbau ist nicht mehr ein Schatten des einstigen.
Abstammung. Der Indigo ist keineswegs nur ein Bestandteil der Indigopflanze, vielmehr ist er im Pflanzenreiche verbreiteter, als allgemein geglaubt wird. Eine ganze Menge Pflanzen liefern Indigo oder indigo- ähnliche Farben. Ob sie aber wirklich technisch zur Indigogewinnung ver- wendet, oder ob sie etwa lediglich zum Ansetzen von Küpen verwendet werden, ist mir nicht bekannt. Historisch verbürgt ist nur, daß in Europa zur Zeit der Kontinentalsperre anfangs dieses Jahrhunderts -- aus Waid Indigo ge- wonnen worden ist. -- Bei der großen Anzahl der Indigo liefernden Pflan- zen werden zur technischen Gewinnung des Indigos nur die durch einen ver- hältnismäßig hohen Gehalt daran ausgezeichneten Pflanzen verwendet. Es sind dies verschiedene in Asien und Amerika heimische, zur Familie der Papilionaceen gehörige Arten der Gattung Indigofera; am meisten verwendet werden die 5 folgenden Arten:
Indigofera tinctoria L. in Ostindien,
" Anil L. in Südamerika,
" argentea L. in Aegypten und Ostindien,
" disperma L. in Ostindien,
" pseudotinctoria in Ostindien.
Von der ersten dieser Arten, der verbreitetsten und wichtigsten, welche zugleich den schönsten Indigo liefern soll, gibt Schützenberger in seinem Werke: "Die Farbstoffe" folgende Beschreibung:
Indigofera tinctoria, Färberindig. -- Die Pflanze erreicht eine Höhe von 1 bis 11/2 m; wenn sie nicht beschnitten wird, trifft man sie oft mannshoch an. Der Stengel ist einfach, halbholzig, kahl, ungefähr finger- dick, am oberen Ende in viele aufrechtstehende Zweige geteilt, an welchen die unpaarig gefiederten Blätter sitzen; Fiederblättchen eiförmig, gegenständig,
II. Blaue Farbmaterialien.
§ 31. Indigo.
Der Indigo iſt nicht allein der wichtigſte blaue Farbſtoff, ſondern auch der wichtigſte der ſämtlichen vegetabiliſchen Farbſtoffe überhaupt. Er war ſchon den alten Griechen und Römern bekannt, welche ihn aber nicht zum Färben, ſondern als Malerfarbe benutzten; da er aus Indien kam, nannten ſie ihn Indicum (aus Indien Kommendes), woraus ſich die heutige allge- meine Bezeichnung Indigo gebildet hat. Seine Verwendung als Farbmaterial datiert erſt ſeit der Mitte des ſechzehnten Jahrhunderts, wo die Holländer nach Entdeckung des Seeweges nach Oſtindien um die Südſpitze von Afrika ihn nach Europa brachten. Der Indigo hat damals einen ſchweren Kampf zu beſtehen gehabt. In faſt allen Ländern, beſonders in Deutſch- land, wurde der Indigo ſeitens der Regierungen anfänglich verboten. Man hielt ihn nämlich für ein minderwertiges Farbmaterial, als den Waid, und befürchtete einen Rückgang der damals noch blühenden Waidkultur. Man hatte den Waid bis dahin ſeit Jahrhunderten zum Blaufärben angewendet; in Deutſchland, vornehmlich in Thüringen, wurde der Waidbau getrieben. Der Indigo hat dieſen faſt ganz verdrängt und der in Europa heute noch betriebene Waidbau iſt nicht mehr ein Schatten des einſtigen.
Abſtammung. Der Indigo iſt keineswegs nur ein Beſtandteil der Indigopflanze, vielmehr iſt er im Pflanzenreiche verbreiteter, als allgemein geglaubt wird. Eine ganze Menge Pflanzen liefern Indigo oder indigo- ähnliche Farben. Ob ſie aber wirklich techniſch zur Indigogewinnung ver- wendet, oder ob ſie etwa lediglich zum Anſetzen von Küpen verwendet werden, iſt mir nicht bekannt. Hiſtoriſch verbürgt iſt nur, daß in Europa zur Zeit der Kontinentalſperre anfangs dieſes Jahrhunderts — aus Waid Indigo ge- wonnen worden iſt. — Bei der großen Anzahl der Indigo liefernden Pflan- zen werden zur techniſchen Gewinnung des Indigos nur die durch einen ver- hältnismäßig hohen Gehalt daran ausgezeichneten Pflanzen verwendet. Es ſind dies verſchiedene in Aſien und Amerika heimiſche, zur Familie der Papilionaceen gehörige Arten der Gattung Indigofera; am meiſten verwendet werden die 5 folgenden Arten:
Indigofera tinctoria L. in Oſtindien,
„ Anil L. in Südamerika,
„ argentea L. in Aegypten und Oſtindien,
„ disperma L. in Oſtindien,
„ pseudotinctoria in Oſtindien.
Von der erſten dieſer Arten, der verbreitetſten und wichtigſten, welche zugleich den ſchönſten Indigo liefern ſoll, gibt Schützenberger in ſeinem Werke: „Die Farbſtoffe“ folgende Beſchreibung:
Indigofera tinctoria, Färberindig. — Die Pflanze erreicht eine Höhe von 1 bis 1½ m; wenn ſie nicht beſchnitten wird, trifft man ſie oft mannshoch an. Der Stengel iſt einfach, halbholzig, kahl, ungefähr finger- dick, am oberen Ende in viele aufrechtſtehende Zweige geteilt, an welchen die unpaarig gefiederten Blätter ſitzen; Fiederblättchen eiförmig, gegenſtändig,
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§ 31. Indigo.
Der Indigo iſt nicht allein der wichtigſte blaue Farbſtoff, ſondern auch
der wichtigſte der ſämtlichen vegetabiliſchen Farbſtoffe überhaupt. Er war
ſchon den alten Griechen und Römern bekannt, welche ihn aber nicht zum
Färben, ſondern als Malerfarbe benutzten; da er aus Indien kam, nannten
ſie ihn Indicum (aus Indien Kommendes), woraus ſich die heutige allge-
meine Bezeichnung Indigo gebildet hat. Seine Verwendung als Farbmaterial
datiert erſt ſeit der Mitte des ſechzehnten Jahrhunderts, wo die Holländer
nach Entdeckung des Seeweges nach Oſtindien um die Südſpitze von
Afrika ihn nach Europa brachten. Der Indigo hat damals einen ſchweren
Kampf zu beſtehen gehabt. In faſt allen Ländern, beſonders in Deutſch-
land, wurde der Indigo ſeitens der Regierungen anfänglich verboten. Man
hielt ihn nämlich für ein minderwertiges Farbmaterial, als den Waid, und
befürchtete einen Rückgang der damals noch blühenden Waidkultur. Man
hatte den Waid bis dahin ſeit Jahrhunderten zum Blaufärben angewendet;
in Deutſchland, vornehmlich in Thüringen, wurde der Waidbau getrieben.
Der Indigo hat dieſen faſt ganz verdrängt und der in Europa heute noch
betriebene Waidbau iſt nicht mehr ein Schatten des einſtigen.
Abſtammung. Der Indigo iſt keineswegs nur ein Beſtandteil der
Indigopflanze, vielmehr iſt er im Pflanzenreiche verbreiteter, als allgemein
geglaubt wird. Eine ganze Menge Pflanzen liefern Indigo oder indigo-
ähnliche Farben. Ob ſie aber wirklich techniſch zur Indigogewinnung ver-
wendet, oder ob ſie etwa lediglich zum Anſetzen von Küpen verwendet werden,
iſt mir nicht bekannt. Hiſtoriſch verbürgt iſt nur, daß in Europa zur Zeit
der Kontinentalſperre anfangs dieſes Jahrhunderts — aus Waid Indigo ge-
wonnen worden iſt. — Bei der großen Anzahl der Indigo liefernden Pflan-
zen werden zur techniſchen Gewinnung des Indigos nur die durch einen ver-
hältnismäßig hohen Gehalt daran ausgezeichneten Pflanzen verwendet. Es
ſind dies verſchiedene in Aſien und Amerika heimiſche, zur Familie der
Papilionaceen gehörige Arten der Gattung Indigofera; am meiſten verwendet
werden die 5 folgenden Arten:
Indigofera tinctoria L. in Oſtindien,
„ Anil L. in Südamerika,
„ argentea L. in Aegypten und Oſtindien,
„ disperma L. in Oſtindien,
„ pseudotinctoria in Oſtindien.
Von der erſten dieſer Arten, der verbreitetſten und wichtigſten, welche
zugleich den ſchönſten Indigo liefern ſoll, gibt Schützenberger in ſeinem
Werke: „Die Farbſtoffe“ folgende Beſchreibung:
Indigofera tinctoria, Färberindig. — Die Pflanze erreicht eine
Höhe von 1 bis 1½ m; wenn ſie nicht beſchnitten wird, trifft man ſie oft
mannshoch an. Der Stengel iſt einfach, halbholzig, kahl, ungefähr finger-
dick, am oberen Ende in viele aufrechtſtehende Zweige geteilt, an welchen
die unpaarig gefiederten Blätter ſitzen; Fiederblättchen eiförmig, gegenſtändig,
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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/136>, abgerufen am 23.11.2024.
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