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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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blaue Farbe zu geben, weshalb er demselben den Namen Kyanol (Blauöl)
gab; er soll auf Grund dieser Reaktion der damaligen preußischen Regierung
den Vorschlag gemacht haben, das "Kyanol" im großen Maßstabe herzu-
stellen, mit seinem Vorschlage jedoch abgewiesen sein. v. Fritzsch stellte
1841 zuerst seine Zusammensetzung fest, und nannte dasselbe, da er es aus
Anil (die portugiesische Bezeichnung für Indigo) gewonnen hatte, Anilin,
welcher Name sich bis heute erhalten hat. Bis hierhin hat die Entdeckung
des Anilins noch keine Wichtigkeit, sondern mehr theoretisches Interesse. Das
wurde anders, als es 1842 gelang, Anilin in größern Mengen zu bereiten.
Zinin fand durch Zufall eine ganz neue Methode zur Bereitung von Anilin
aus Nitrobenzol durch Behandeln mit Schwefelwasserstoff, welches Verfahren
später durch das von Bechamp (Behandlung mit Eisenfeile und Essigsäure)
verdrängt worden ist. Durch die Beschaffung größerer Mengen von Anilin
war die Möglichkeit der Weiterentwickelung der bislang bekannten Farben-
reaktionen gegeben.

1856 stellte Perkin zuerst das Mauvein, den ersten wirklichen
Anilinfarbstoff
, dar. Dem Mauvein folgte drei Jahre später das Fuch-
sin; Verguin
, Chemiker in Lyon, stellte dasselbe durch Einwirkung von
Zinnchlorid auf das Anilin des Handels dar. Girard und de Laire haben
später statt der Einwirkung von Zinnchlorid das Arsensäureverfahren einge-
führt. Mit der fabrikmäßigen Bereitung des Fuchsins war eine neue In-
dustrie geschaffen worden, die Teerfarbenindustrie, welche heute tausende
fleißiger Hände beschäftigt. Gleichzeitig damit beginnt aber für
die Färberei eine neue Zeit
, denn die neuen Anilinfarben besaßen für
Seide und Wolle eine so große Anziehungskraft, daß das Färben dieser
Gespinnstfasern auf die denkbar einfachste Weise, ohne alle Beizen, von selbst
vor sich ging. Auch gaben die neuen Anilinfarben bis dahin nicht gekannte
feurige Farbeneffekte und stachen dadurch gegen die bisher bekannten, meist
durchgehends stumpfen Holzfarben vorteilhaft ab.

Es folgten nun die Arbeiten A. W. Hofmanns, den man mit gutem
Gewissen als den Vater der Anilinfarbenchemie bezeichnen kann. 1862 ent-
deckte derselbe das nach ihm benannte Hofmanns Violett, kurz darauf
das Hofmanns Grün. Während die sämtlichen bisher genannten Anilin-
farben von Chemikern gefunden sind, ist es nur recht und billig, auch der
Verdienste eines französischen Färbers zu gedenken, Cherpin, der in dem
gleichen Jahr das Aldehydgrün entdeckt hatte. Von da ab beginnt eine
ununterbrochene Reihe von Entdeckungen und Erfindungen; jedes Jahr brachte
neue Farbstoffe, und gleichzeitig machte die Kenntnis der eigentlichen Zu-
sammensetzung dieser neuen Farbstoffe immer neue Fortschritte, so daß es
gelang, bisher nur natürlich vorkommende Pflanzenfarbstoffe künstlich darzu-
stellen. Nur kurz möge es gestattet sein, die Erfindungen namhaft zu
machen: 1861 erschienen die Lauthschen Farbstoffe, 1863 entdeckte Light-
foot
das Anilinschwarz; 1865 Roth das Phenylbraun; 1866 Martius
das Martiusgelb; 1867 Schiendl das Magdalarot; 1869 Perkin das
Safranin; 1869 stellten Graebe und Liebermann das Alizarin künstlich
dar und lenkten damit die Krappfärberei in völlig neue Bahnen. 1874
entdeckte Caro das Eosin. Mit dem Jahr 1876 erschienen zum erstenmal
die Azofarbstoffe, allen voran als erster das von O. N. Witt entdeckte
Chrysoidin, welchen bald eine ganze Anzahl orangegelber und roter Azo-
farbstoffe folgte. 1877 entdeckte Döbner das Malachitgrün, annähernd

blaue Farbe zu geben, weshalb er demſelben den Namen Kyanol (Blauöl)
gab; er ſoll auf Grund dieſer Reaktion der damaligen preußiſchen Regierung
den Vorſchlag gemacht haben, das „Kyanol“ im großen Maßſtabe herzu-
ſtellen, mit ſeinem Vorſchlage jedoch abgewieſen ſein. v. Fritzſch ſtellte
1841 zuerſt ſeine Zuſammenſetzung feſt, und nannte dasſelbe, da er es aus
Anil (die portugieſiſche Bezeichnung für Indigo) gewonnen hatte, Anilin,
welcher Name ſich bis heute erhalten hat. Bis hierhin hat die Entdeckung
des Anilins noch keine Wichtigkeit, ſondern mehr theoretiſches Intereſſe. Das
wurde anders, als es 1842 gelang, Anilin in größern Mengen zu bereiten.
Zinin fand durch Zufall eine ganz neue Methode zur Bereitung von Anilin
aus Nitrobenzol durch Behandeln mit Schwefelwaſſerſtoff, welches Verfahren
ſpäter durch das von Béchamp (Behandlung mit Eiſenfeile und Eſſigſäure)
verdrängt worden iſt. Durch die Beſchaffung größerer Mengen von Anilin
war die Möglichkeit der Weiterentwickelung der bislang bekannten Farben-
reaktionen gegeben.

1856 ſtellte Perkin zuerſt das Mauveïn, den erſten wirklichen
Anilinfarbſtoff
, dar. Dem Mauveïn folgte drei Jahre ſpäter das Fuch-
ſin; Verguin
, Chemiker in Lyon, ſtellte dasſelbe durch Einwirkung von
Zinnchlorid auf das Anilin des Handels dar. Girard und de Laire haben
ſpäter ſtatt der Einwirkung von Zinnchlorid das Arſenſäureverfahren einge-
führt. Mit der fabrikmäßigen Bereitung des Fuchſins war eine neue In-
duſtrie geſchaffen worden, die Teerfarbeninduſtrie, welche heute tauſende
fleißiger Hände beſchäftigt. Gleichzeitig damit beginnt aber für
die Färberei eine neue Zeit
, denn die neuen Anilinfarben beſaßen für
Seide und Wolle eine ſo große Anziehungskraft, daß das Färben dieſer
Geſpinnſtfaſern auf die denkbar einfachſte Weiſe, ohne alle Beizen, von ſelbſt
vor ſich ging. Auch gaben die neuen Anilinfarben bis dahin nicht gekannte
feurige Farbeneffekte und ſtachen dadurch gegen die bisher bekannten, meiſt
durchgehends ſtumpfen Holzfarben vorteilhaft ab.

Es folgten nun die Arbeiten A. W. Hofmanns, den man mit gutem
Gewiſſen als den Vater der Anilinfarbenchemie bezeichnen kann. 1862 ent-
deckte derſelbe das nach ihm benannte Hofmanns Violett, kurz darauf
das Hofmanns Grün. Während die ſämtlichen bisher genannten Anilin-
farben von Chemikern gefunden ſind, iſt es nur recht und billig, auch der
Verdienſte eines franzöſiſchen Färbers zu gedenken, Cherpin, der in dem
gleichen Jahr das Aldehydgrün entdeckt hatte. Von da ab beginnt eine
ununterbrochene Reihe von Entdeckungen und Erfindungen; jedes Jahr brachte
neue Farbſtoffe, und gleichzeitig machte die Kenntnis der eigentlichen Zu-
ſammenſetzung dieſer neuen Farbſtoffe immer neue Fortſchritte, ſo daß es
gelang, bisher nur natürlich vorkommende Pflanzenfarbſtoffe künſtlich darzu-
ſtellen. Nur kurz möge es geſtattet ſein, die Erfindungen namhaft zu
machen: 1861 erſchienen die Lauthſchen Farbſtoffe, 1863 entdeckte Light-
foot
das Anilinſchwarz; 1865 Roth das Phenylbraun; 1866 Martius
das Martiusgelb; 1867 Schiendl das Magdalarot; 1869 Perkin das
Safranin; 1869 ſtellten Graebe und Liebermann das Alizarin künſtlich
dar und lenkten damit die Krappfärberei in völlig neue Bahnen. 1874
entdeckte Caro das Eoſin. Mit dem Jahr 1876 erſchienen zum erſtenmal
die Azofarbſtoffe, allen voran als erſter das von O. N. Witt entdeckte
Chryſoidin, welchen bald eine ganze Anzahl orangegelber und roter Azo-
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[7/0033] blaue Farbe zu geben, weshalb er demſelben den Namen Kyanol (Blauöl) gab; er ſoll auf Grund dieſer Reaktion der damaligen preußiſchen Regierung den Vorſchlag gemacht haben, das „Kyanol“ im großen Maßſtabe herzu- ſtellen, mit ſeinem Vorſchlage jedoch abgewieſen ſein. v. Fritzſch ſtellte 1841 zuerſt ſeine Zuſammenſetzung feſt, und nannte dasſelbe, da er es aus Anil (die portugieſiſche Bezeichnung für Indigo) gewonnen hatte, Anilin, welcher Name ſich bis heute erhalten hat. Bis hierhin hat die Entdeckung des Anilins noch keine Wichtigkeit, ſondern mehr theoretiſches Intereſſe. Das wurde anders, als es 1842 gelang, Anilin in größern Mengen zu bereiten. Zinin fand durch Zufall eine ganz neue Methode zur Bereitung von Anilin aus Nitrobenzol durch Behandeln mit Schwefelwaſſerſtoff, welches Verfahren ſpäter durch das von Béchamp (Behandlung mit Eiſenfeile und Eſſigſäure) verdrängt worden iſt. Durch die Beſchaffung größerer Mengen von Anilin war die Möglichkeit der Weiterentwickelung der bislang bekannten Farben- reaktionen gegeben. 1856 ſtellte Perkin zuerſt das Mauveïn, den erſten wirklichen Anilinfarbſtoff, dar. Dem Mauveïn folgte drei Jahre ſpäter das Fuch- ſin; Verguin, Chemiker in Lyon, ſtellte dasſelbe durch Einwirkung von Zinnchlorid auf das Anilin des Handels dar. Girard und de Laire haben ſpäter ſtatt der Einwirkung von Zinnchlorid das Arſenſäureverfahren einge- führt. Mit der fabrikmäßigen Bereitung des Fuchſins war eine neue In- duſtrie geſchaffen worden, die Teerfarbeninduſtrie, welche heute tauſende fleißiger Hände beſchäftigt. Gleichzeitig damit beginnt aber für die Färberei eine neue Zeit, denn die neuen Anilinfarben beſaßen für Seide und Wolle eine ſo große Anziehungskraft, daß das Färben dieſer Geſpinnſtfaſern auf die denkbar einfachſte Weiſe, ohne alle Beizen, von ſelbſt vor ſich ging. Auch gaben die neuen Anilinfarben bis dahin nicht gekannte feurige Farbeneffekte und ſtachen dadurch gegen die bisher bekannten, meiſt durchgehends ſtumpfen Holzfarben vorteilhaft ab. Es folgten nun die Arbeiten A. W. Hofmanns, den man mit gutem Gewiſſen als den Vater der Anilinfarbenchemie bezeichnen kann. 1862 ent- deckte derſelbe das nach ihm benannte Hofmanns Violett, kurz darauf das Hofmanns Grün. Während die ſämtlichen bisher genannten Anilin- farben von Chemikern gefunden ſind, iſt es nur recht und billig, auch der Verdienſte eines franzöſiſchen Färbers zu gedenken, Cherpin, der in dem gleichen Jahr das Aldehydgrün entdeckt hatte. Von da ab beginnt eine ununterbrochene Reihe von Entdeckungen und Erfindungen; jedes Jahr brachte neue Farbſtoffe, und gleichzeitig machte die Kenntnis der eigentlichen Zu- ſammenſetzung dieſer neuen Farbſtoffe immer neue Fortſchritte, ſo daß es gelang, bisher nur natürlich vorkommende Pflanzenfarbſtoffe künſtlich darzu- ſtellen. Nur kurz möge es geſtattet ſein, die Erfindungen namhaft zu machen: 1861 erſchienen die Lauthſchen Farbſtoffe, 1863 entdeckte Light- foot das Anilinſchwarz; 1865 Roth das Phenylbraun; 1866 Martius das Martiusgelb; 1867 Schiendl das Magdalarot; 1869 Perkin das Safranin; 1869 ſtellten Graebe und Liebermann das Alizarin künſtlich dar und lenkten damit die Krappfärberei in völlig neue Bahnen. 1874 entdeckte Caro das Eoſin. Mit dem Jahr 1876 erſchienen zum erſtenmal die Azofarbſtoffe, allen voran als erſter das von O. N. Witt entdeckte Chryſoidin, welchen bald eine ganze Anzahl orangegelber und roter Azo- farbſtoffe folgte. 1877 entdeckte Döbner das Malachitgrün, annähernd

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/33>, abgerufen am 21.11.2024.