Baumwolle im Strang wird in der "gemischten Küpe" wie in der Indigoküpe ausgefärbt. Wolle färbt man warm, wie in der gewöhnlichen Indigo-Hyposulfitküpe. Die Ersparnis an Indigo bei obigem Färbeprozesse ist eine nicht unbedeutende. Im großen ausgeführte Versuche haben gezeigt, daß 100 kg Indigo durch circa 55 kg Indigo und 18 bis 19 kg Indo- phenol ersetzt werden können. Da das Indophenol billiger als Indigo ist, so hat man im Minimum eine Ersparnis von 25 Prozent.
Die erhaltenen Nüancen sind lebhafter als die mit Indigo allein ge- färbten, und die gemischte Küpe hat den Vorteil, auch die sog. toten Fasern (Coton mort) anzufärben, was der Indigo allein nicht thut.
Alle indifferenten Farbstoffe zeichnen sich aber auch durch große Echt- heit aus und zählen darum mit Recht zu jenen Farbstoffen, welche -- mit Ausnahme von Anilinschwarz -- zur Wollenechtfärberei sich vorzüglich eignen.
§ 52. Die Modefarben.
Unter Modefarben versteht man eine ganze Anzahl von Farbtönen, welche sich in die allgemein bekannten Hauptfarben nicht einreihen lassen, auch nicht wohl als Misch- oder Zwischenfarben aufgefaßt werden können; es sind fast durchweg unbestimmte Töne, von denen es schwer hält, einen Grundton anzugeben. Eine Anzahl zeichnen sich durch einen mattgelben Schein aus; sie heißen Drapfarben. Das große Gebiet von Nüancen, welche zwischen diesen und dem Schwarz, dem Braun, dem Oliv, dem Grau und Weiß liegen und bald rötlichen (Taubenhalsfarbe), bald grünlichen (Schlamm- grün), bald bläulichen (Schieferblau) Schein haben, gehört den Modefarben. Da wir keinen Farbstoff besitzen, welcher ohne weiteres eine Modefarbe er- zeugt, so sind alle Modefarben durch Mischung darzustellen. Für das Färben von Modefarben lassen sich keinerlei allgemeine Regeln aufstellen; auch die von einigen Autoren beliebte Deutung, daß Modefarben nur ganz geringe Farb- stoffmengen zu ihrer Herstellung brauchen, trifft nicht zu.
Bis in die neuere Zeit wurden die Modefarben vorwiegend aus Holz- farben dargestellt; erst die neueste Zeit kann darin einen Uebergang zu den künstlichen organischen Farbstoffen verzeichnen. Insonderheit seit es mit Hilfe ganz geringer Mengen Alizarinschwarz möglich ist, einen grauen Fond in jeder gewünschten Nüance zu erzeugen, erschließt sich den Modefarben eine ganz neue Aera, welche die Herstellung zarter, wasch und lichtechter Töne in einfachster Weise ermöglicht. Beispiele hier zu geben, unterfange ich mich nicht; dieselben würden ohne Musterbeleg nur geringen Wert haben; zudem ist dieses Werk ein Hand- und Lehrbuch, aber kein Rezept- und Musterbuch. Auf Wolle werden die grünlichen und bläulichen Modefarben durch Anblauen auf der Küpe und eine entsprechende Aufsatzfarbe erzeugt, ohne daß das jedoch Bedingung wäre. Spezielle Vorschriften zur Erzeugung von Mode- farben finden sich mit Mustern in allen Fachzeitungen und können daher hier um so eher entbehrt werden.
Baumwolle im Strang wird in der „gemiſchten Küpe“ wie in der Indigoküpe ausgefärbt. Wolle färbt man warm, wie in der gewöhnlichen Indigo-Hypoſulfitküpe. Die Erſparnis an Indigo bei obigem Färbeprozeſſe iſt eine nicht unbedeutende. Im großen ausgeführte Verſuche haben gezeigt, daß 100 kg Indigo durch circa 55 kg Indigo und 18 bis 19 kg Indo- phenol erſetzt werden können. Da das Indophenol billiger als Indigo iſt, ſo hat man im Minimum eine Erſparnis von 25 Prozent.
Die erhaltenen Nüancen ſind lebhafter als die mit Indigo allein ge- färbten, und die gemiſchte Küpe hat den Vorteil, auch die ſog. toten Faſern (Coton mort) anzufärben, was der Indigo allein nicht thut.
Alle indifferenten Farbſtoffe zeichnen ſich aber auch durch große Echt- heit aus und zählen darum mit Recht zu jenen Farbſtoffen, welche — mit Ausnahme von Anilinſchwarz — zur Wollenechtfärberei ſich vorzüglich eignen.
§ 52. Die Modefarben.
Unter Modefarben verſteht man eine ganze Anzahl von Farbtönen, welche ſich in die allgemein bekannten Hauptfarben nicht einreihen laſſen, auch nicht wohl als Miſch- oder Zwiſchenfarben aufgefaßt werden können; es ſind faſt durchweg unbeſtimmte Töne, von denen es ſchwer hält, einen Grundton anzugeben. Eine Anzahl zeichnen ſich durch einen mattgelben Schein aus; ſie heißen Drapfarben. Das große Gebiet von Nüancen, welche zwiſchen dieſen und dem Schwarz, dem Braun, dem Oliv, dem Grau und Weiß liegen und bald rötlichen (Taubenhalsfarbe), bald grünlichen (Schlamm- grün), bald bläulichen (Schieferblau) Schein haben, gehört den Modefarben. Da wir keinen Farbſtoff beſitzen, welcher ohne weiteres eine Modefarbe er- zeugt, ſo ſind alle Modefarben durch Miſchung darzuſtellen. Für das Färben von Modefarben laſſen ſich keinerlei allgemeine Regeln aufſtellen; auch die von einigen Autoren beliebte Deutung, daß Modefarben nur ganz geringe Farb- ſtoffmengen zu ihrer Herſtellung brauchen, trifft nicht zu.
Bis in die neuere Zeit wurden die Modefarben vorwiegend aus Holz- farben dargeſtellt; erſt die neueſte Zeit kann darin einen Uebergang zu den künſtlichen organiſchen Farbſtoffen verzeichnen. Inſonderheit ſeit es mit Hilfe ganz geringer Mengen Alizarinſchwarz möglich iſt, einen grauen Fond in jeder gewünſchten Nüance zu erzeugen, erſchließt ſich den Modefarben eine ganz neue Aera, welche die Herſtellung zarter, waſch und lichtechter Töne in einfachſter Weiſe ermöglicht. Beiſpiele hier zu geben, unterfange ich mich nicht; dieſelben würden ohne Muſterbeleg nur geringen Wert haben; zudem iſt dieſes Werk ein Hand- und Lehrbuch, aber kein Rezept- und Muſterbuch. Auf Wolle werden die grünlichen und bläulichen Modefarben durch Anblauen auf der Küpe und eine entſprechende Aufſatzfarbe erzeugt, ohne daß das jedoch Bedingung wäre. Spezielle Vorſchriften zur Erzeugung von Mode- farben finden ſich mit Muſtern in allen Fachzeitungen und können daher hier um ſo eher entbehrt werden.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0607"n="559"/><p>Baumwolle im Strang wird in der „gemiſchten Küpe“ wie in der<lb/>
Indigoküpe ausgefärbt. Wolle färbt man warm, wie in der gewöhnlichen<lb/>
Indigo-Hypoſulfitküpe. Die Erſparnis an Indigo bei obigem Färbeprozeſſe<lb/>
iſt eine nicht unbedeutende. Im großen ausgeführte Verſuche haben gezeigt,<lb/>
daß 100 <hirendition="#aq">kg</hi> Indigo durch circa 55 <hirendition="#aq">kg</hi> Indigo und 18 bis 19 <hirendition="#aq">kg</hi> Indo-<lb/>
phenol erſetzt werden können. Da das Indophenol billiger als Indigo iſt,<lb/>ſo hat man im Minimum eine Erſparnis von 25 Prozent.</p><lb/><p>Die erhaltenen Nüancen ſind lebhafter als die mit Indigo allein ge-<lb/>
färbten, und die gemiſchte Küpe hat den Vorteil, auch die ſog. toten Faſern<lb/>
(Coton mort) anzufärben, was der Indigo allein nicht thut.</p><lb/><p>Alle indifferenten Farbſtoffe zeichnen ſich aber auch durch große Echt-<lb/>
heit aus und zählen darum mit Recht zu jenen Farbſtoffen, welche — mit<lb/>
Ausnahme von Anilinſchwarz — zur Wollenechtfärberei ſich vorzüglich<lb/>
eignen.</p></div><lb/><divn="4"><head>§ 52. <hirendition="#b">Die Modefarben.</hi></head><lb/><p>Unter Modefarben verſteht man eine ganze Anzahl von Farbtönen,<lb/>
welche ſich in die allgemein bekannten Hauptfarben nicht einreihen laſſen,<lb/>
auch nicht wohl als Miſch- oder Zwiſchenfarben aufgefaßt werden können;<lb/>
es ſind faſt durchweg unbeſtimmte Töne, von denen es ſchwer hält, einen<lb/>
Grundton anzugeben. Eine Anzahl zeichnen ſich durch einen mattgelben<lb/>
Schein aus; ſie heißen Drapfarben. Das große Gebiet von Nüancen, welche<lb/>
zwiſchen dieſen und dem Schwarz, dem Braun, dem Oliv, dem Grau und<lb/>
Weiß liegen und bald rötlichen (Taubenhalsfarbe), bald grünlichen (Schlamm-<lb/>
grün), bald bläulichen (Schieferblau) Schein haben, gehört den Modefarben.<lb/>
Da wir keinen Farbſtoff beſitzen, welcher ohne weiteres eine Modefarbe er-<lb/>
zeugt, ſo ſind alle Modefarben durch Miſchung darzuſtellen. Für das Färben<lb/>
von Modefarben laſſen ſich keinerlei allgemeine Regeln aufſtellen; auch die von<lb/>
einigen Autoren beliebte Deutung, daß Modefarben nur ganz geringe Farb-<lb/>ſtoffmengen zu ihrer Herſtellung brauchen, trifft nicht zu.</p><lb/><p>Bis in die neuere Zeit wurden die Modefarben vorwiegend aus Holz-<lb/>
farben dargeſtellt; erſt die neueſte Zeit kann darin einen Uebergang zu den<lb/>
künſtlichen organiſchen Farbſtoffen verzeichnen. Inſonderheit ſeit es mit<lb/>
Hilfe ganz geringer Mengen Alizarinſchwarz möglich iſt, einen grauen Fond<lb/>
in jeder gewünſchten Nüance zu erzeugen, erſchließt ſich den Modefarben<lb/>
eine ganz neue Aera, welche die Herſtellung zarter, waſch und lichtechter<lb/>
Töne in einfachſter Weiſe ermöglicht. Beiſpiele hier zu geben, unterfange ich<lb/>
mich nicht; dieſelben würden ohne Muſterbeleg nur geringen Wert haben; zudem<lb/>
iſt dieſes Werk ein Hand- und Lehrbuch, aber kein Rezept- und Muſterbuch.<lb/>
Auf Wolle werden die grünlichen und bläulichen Modefarben durch Anblauen<lb/>
auf der Küpe und eine entſprechende Aufſatzfarbe erzeugt, ohne daß das<lb/>
jedoch Bedingung wäre. Spezielle Vorſchriften zur Erzeugung von Mode-<lb/>
farben finden ſich mit Muſtern in allen Fachzeitungen und können daher hier<lb/>
um ſo eher entbehrt werden.</p></div></div><lb/></div></div></body></text></TEI>
[559/0607]
Baumwolle im Strang wird in der „gemiſchten Küpe“ wie in der
Indigoküpe ausgefärbt. Wolle färbt man warm, wie in der gewöhnlichen
Indigo-Hypoſulfitküpe. Die Erſparnis an Indigo bei obigem Färbeprozeſſe
iſt eine nicht unbedeutende. Im großen ausgeführte Verſuche haben gezeigt,
daß 100 kg Indigo durch circa 55 kg Indigo und 18 bis 19 kg Indo-
phenol erſetzt werden können. Da das Indophenol billiger als Indigo iſt,
ſo hat man im Minimum eine Erſparnis von 25 Prozent.
Die erhaltenen Nüancen ſind lebhafter als die mit Indigo allein ge-
färbten, und die gemiſchte Küpe hat den Vorteil, auch die ſog. toten Faſern
(Coton mort) anzufärben, was der Indigo allein nicht thut.
Alle indifferenten Farbſtoffe zeichnen ſich aber auch durch große Echt-
heit aus und zählen darum mit Recht zu jenen Farbſtoffen, welche — mit
Ausnahme von Anilinſchwarz — zur Wollenechtfärberei ſich vorzüglich
eignen.
§ 52. Die Modefarben.
Unter Modefarben verſteht man eine ganze Anzahl von Farbtönen,
welche ſich in die allgemein bekannten Hauptfarben nicht einreihen laſſen,
auch nicht wohl als Miſch- oder Zwiſchenfarben aufgefaßt werden können;
es ſind faſt durchweg unbeſtimmte Töne, von denen es ſchwer hält, einen
Grundton anzugeben. Eine Anzahl zeichnen ſich durch einen mattgelben
Schein aus; ſie heißen Drapfarben. Das große Gebiet von Nüancen, welche
zwiſchen dieſen und dem Schwarz, dem Braun, dem Oliv, dem Grau und
Weiß liegen und bald rötlichen (Taubenhalsfarbe), bald grünlichen (Schlamm-
grün), bald bläulichen (Schieferblau) Schein haben, gehört den Modefarben.
Da wir keinen Farbſtoff beſitzen, welcher ohne weiteres eine Modefarbe er-
zeugt, ſo ſind alle Modefarben durch Miſchung darzuſtellen. Für das Färben
von Modefarben laſſen ſich keinerlei allgemeine Regeln aufſtellen; auch die von
einigen Autoren beliebte Deutung, daß Modefarben nur ganz geringe Farb-
ſtoffmengen zu ihrer Herſtellung brauchen, trifft nicht zu.
Bis in die neuere Zeit wurden die Modefarben vorwiegend aus Holz-
farben dargeſtellt; erſt die neueſte Zeit kann darin einen Uebergang zu den
künſtlichen organiſchen Farbſtoffen verzeichnen. Inſonderheit ſeit es mit
Hilfe ganz geringer Mengen Alizarinſchwarz möglich iſt, einen grauen Fond
in jeder gewünſchten Nüance zu erzeugen, erſchließt ſich den Modefarben
eine ganz neue Aera, welche die Herſtellung zarter, waſch und lichtechter
Töne in einfachſter Weiſe ermöglicht. Beiſpiele hier zu geben, unterfange ich
mich nicht; dieſelben würden ohne Muſterbeleg nur geringen Wert haben; zudem
iſt dieſes Werk ein Hand- und Lehrbuch, aber kein Rezept- und Muſterbuch.
Auf Wolle werden die grünlichen und bläulichen Modefarben durch Anblauen
auf der Küpe und eine entſprechende Aufſatzfarbe erzeugt, ohne daß das
jedoch Bedingung wäre. Spezielle Vorſchriften zur Erzeugung von Mode-
farben finden ſich mit Muſtern in allen Fachzeitungen und können daher hier
um ſo eher entbehrt werden.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/607>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.