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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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rotölprozeß, bei dem ja doch Schafmist nicht zur Anwendung gelangt. Was
ist denn aber Türkischrotöl anders als eine Seife, wenn auch eine Seife,
die aus dem engen Rahmen des gewöhnlichen Seifenbegriffs etwas heraus-
tritt? Türkischrotöl ist eine Seife, welche als Alkali Ammoniak und als
Fettsäure Sulfoleinsäure und Oxystearinsäure enthält. Diese Bestandteile
sind durch die Arbeiten von Müller-Jacobs, sowie von Liechti und
Suida klargelegt worden. Die Seifennatur des Türkischrotöls ist durch
meine eigenen Arbeiten über die Sulfoleate*) festgestellt worden und der
Prozeß der Einwirkung der Schwefelsäure auf Fettsäuren von mir (an
der gleichen Stelle entwickelt) und später von Ssabanejeff**) bestätigt wor-
den. Letzterer hat durch Einwirkenlassen von Schwefelsäure auf reine Oel-
säure nachgewiesen (im Gegensatz zu Liechti und Suida, welche Oxyolein-
säure angeben), daß sich dabei Oxystearinsäure bildet, was wiederum
durch meine Untersuchungen (Pharm. Centralh. 1886, 486) bestätigt wurde.
Romens Behauptung ist demnach nicht haltbar. Das Schafmistbad ist
durch eine sehr lange Praxis sanktioniert, geheiligt gewesen; es ist an der
Zeit, wenn wir dasselbe durch einfachere, billigere und vor allem sauberere
Methoden ersetzen!

Ich schlage zu dem Zweck folgendes vereinfachtes Verfahren vor:
Für 1000 kg.

Abkochen der Ware während 6 bis 8 Stunden in einer ganz schwachen
Sodalösung unter Hochdruck, gutes Auswaschen mit Wasser, Centrifugieren,
Trocknen. -- Sodann werden 25 kg käufl. Salmiakgeist und 75 kg Olivenöl
in einer Holzkufe durch heftiges Rühren so lange gemischt, bis sie eine weiße,
weiche, salbenähnliche Masse geben; gleichzeitig werden weitere 75 kg Olivenöl
mit soviel einer warmen konzentrierten Sodalösung vermischt, bis Verseifung
eintritt; der entstandenen Lauge wird das salbenähnliche Salmiakgeistgemisch
und soviel Wasser in kleinen Portionen unter jedesmaligem tüchtigen Umrüh-
ren hinzugefügt, bis das Ganze 2000 l beträgt. In diese Emulsion wird,
ohne zu erwärmen, über Nacht kalt eingelegt. Am nächsten Morgen wird
mittels Auswindemaschine abgerungen und 24 Stunden lang erst an der
Luft, dann im Ofen getrocknet. Dann wird über Nacht in eine Lösung
von kohlensaurem Ammoniak von 0,5° Be. eingelegt; am nächsten Morgen
ausgequetscht und in Wasser gewaschen. Dann wird 3 Stunden auf einem
Tanninbade behandelt, und von hier direkt auf ein Bad von basischem
Aluminiumsulfat gegangen. Der übrige Verlauf ist dann genau so wie oben
als 9. bis 12. Operation beschrieben war, nur fällt beim Färbebade das
Ochsenblut, sowie der Schmack und die Kreide in Wegfall; dagegen empfehle
ich als Zusatz zum Färbebade etwas essigsaures Natron.

§ 82. Das Türkischrotfärben nach Steiners Verfahren.

Das Steinersche Verfahren wird, soviel mir bekannt, nur auf Ge-
webe angewendet, und ist in seinen letzteren Operationen mit dem vorigen
identisch, die vorbereitenden Arbeiten aber sind viel einfacher und vernunft-
gemäßer.

*) Pharm. Centralhalle 1886, 410 ff.
**) Journal der russ. physik. Gesellschaft.

rotölprozeß, bei dem ja doch Schafmiſt nicht zur Anwendung gelangt. Was
iſt denn aber Türkiſchrotöl anders als eine Seife, wenn auch eine Seife,
die aus dem engen Rahmen des gewöhnlichen Seifenbegriffs etwas heraus-
tritt? Türkiſchrotöl iſt eine Seife, welche als Alkali Ammoniak und als
Fettſäure Sulfoleïnſäure und Oxyſtearinſäure enthält. Dieſe Beſtandteile
ſind durch die Arbeiten von Müller-Jacobs, ſowie von Liechti und
Suida klargelegt worden. Die Seifennatur des Türkiſchrotöls iſt durch
meine eigenen Arbeiten über die Sulfoleate*) feſtgeſtellt worden und der
Prozeß der Einwirkung der Schwefelſäure auf Fettſäuren von mir (an
der gleichen Stelle entwickelt) und ſpäter von Sſabanejeff**) beſtätigt wor-
den. Letzterer hat durch Einwirkenlaſſen von Schwefelſäure auf reine Oel-
ſäure nachgewieſen (im Gegenſatz zu Liechti und Suida, welche Oxyoleïn-
ſäure angeben), daß ſich dabei Oxyſtearinſäure bildet, was wiederum
durch meine Unterſuchungen (Pharm. Centralh. 1886, 486) beſtätigt wurde.
Romens Behauptung iſt demnach nicht haltbar. Das Schafmiſtbad iſt
durch eine ſehr lange Praxis ſanktioniert, geheiligt geweſen; es iſt an der
Zeit, wenn wir dasſelbe durch einfachere, billigere und vor allem ſauberere
Methoden erſetzen!

Ich ſchlage zu dem Zweck folgendes vereinfachtes Verfahren vor:
Für 1000 kg.

Abkochen der Ware während 6 bis 8 Stunden in einer ganz ſchwachen
Sodalöſung unter Hochdruck, gutes Auswaſchen mit Waſſer, Centrifugieren,
Trocknen. — Sodann werden 25 kg käufl. Salmiakgeiſt und 75 kg Olivenöl
in einer Holzkufe durch heftiges Rühren ſo lange gemiſcht, bis ſie eine weiße,
weiche, ſalbenähnliche Maſſe geben; gleichzeitig werden weitere 75 kg Olivenöl
mit ſoviel einer warmen konzentrierten Sodalöſung vermiſcht, bis Verſeifung
eintritt; der entſtandenen Lauge wird das ſalbenähnliche Salmiakgeiſtgemiſch
und ſoviel Waſſer in kleinen Portionen unter jedesmaligem tüchtigen Umrüh-
ren hinzugefügt, bis das Ganze 2000 l beträgt. In dieſe Emulſion wird,
ohne zu erwärmen, über Nacht kalt eingelegt. Am nächſten Morgen wird
mittels Auswindemaſchine abgerungen und 24 Stunden lang erſt an der
Luft, dann im Ofen getrocknet. Dann wird über Nacht in eine Löſung
von kohlenſaurem Ammoniak von 0,5° Bé. eingelegt; am nächſten Morgen
ausgequetſcht und in Waſſer gewaſchen. Dann wird 3 Stunden auf einem
Tanninbade behandelt, und von hier direkt auf ein Bad von baſiſchem
Aluminiumſulfat gegangen. Der übrige Verlauf iſt dann genau ſo wie oben
als 9. bis 12. Operation beſchrieben war, nur fällt beim Färbebade das
Ochſenblut, ſowie der Schmack und die Kreide in Wegfall; dagegen empfehle
ich als Zuſatz zum Färbebade etwas eſſigſaures Natron.

§ 82. Das Türkiſchrotfärben nach Steiners Verfahren.

Das Steinerſche Verfahren wird, ſoviel mir bekannt, nur auf Ge-
webe angewendet, und iſt in ſeinen letzteren Operationen mit dem vorigen
identiſch, die vorbereitenden Arbeiten aber ſind viel einfacher und vernunft-
gemäßer.

*) Pharm. Centralhalle 1886, 410 ff.
**) Journal der ruſſ. phyſik. Geſellſchaft.
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[612/0660] rotölprozeß, bei dem ja doch Schafmiſt nicht zur Anwendung gelangt. Was iſt denn aber Türkiſchrotöl anders als eine Seife, wenn auch eine Seife, die aus dem engen Rahmen des gewöhnlichen Seifenbegriffs etwas heraus- tritt? Türkiſchrotöl iſt eine Seife, welche als Alkali Ammoniak und als Fettſäure Sulfoleïnſäure und Oxyſtearinſäure enthält. Dieſe Beſtandteile ſind durch die Arbeiten von Müller-Jacobs, ſowie von Liechti und Suida klargelegt worden. Die Seifennatur des Türkiſchrotöls iſt durch meine eigenen Arbeiten über die Sulfoleate *) feſtgeſtellt worden und der Prozeß der Einwirkung der Schwefelſäure auf Fettſäuren von mir (an der gleichen Stelle entwickelt) und ſpäter von Sſabanejeff **) beſtätigt wor- den. Letzterer hat durch Einwirkenlaſſen von Schwefelſäure auf reine Oel- ſäure nachgewieſen (im Gegenſatz zu Liechti und Suida, welche Oxyoleïn- ſäure angeben), daß ſich dabei Oxyſtearinſäure bildet, was wiederum durch meine Unterſuchungen (Pharm. Centralh. 1886, 486) beſtätigt wurde. Romens Behauptung iſt demnach nicht haltbar. Das Schafmiſtbad iſt durch eine ſehr lange Praxis ſanktioniert, geheiligt geweſen; es iſt an der Zeit, wenn wir dasſelbe durch einfachere, billigere und vor allem ſauberere Methoden erſetzen! Ich ſchlage zu dem Zweck folgendes vereinfachtes Verfahren vor: Für 1000 kg. Abkochen der Ware während 6 bis 8 Stunden in einer ganz ſchwachen Sodalöſung unter Hochdruck, gutes Auswaſchen mit Waſſer, Centrifugieren, Trocknen. — Sodann werden 25 kg käufl. Salmiakgeiſt und 75 kg Olivenöl in einer Holzkufe durch heftiges Rühren ſo lange gemiſcht, bis ſie eine weiße, weiche, ſalbenähnliche Maſſe geben; gleichzeitig werden weitere 75 kg Olivenöl mit ſoviel einer warmen konzentrierten Sodalöſung vermiſcht, bis Verſeifung eintritt; der entſtandenen Lauge wird das ſalbenähnliche Salmiakgeiſtgemiſch und ſoviel Waſſer in kleinen Portionen unter jedesmaligem tüchtigen Umrüh- ren hinzugefügt, bis das Ganze 2000 l beträgt. In dieſe Emulſion wird, ohne zu erwärmen, über Nacht kalt eingelegt. Am nächſten Morgen wird mittels Auswindemaſchine abgerungen und 24 Stunden lang erſt an der Luft, dann im Ofen getrocknet. Dann wird über Nacht in eine Löſung von kohlenſaurem Ammoniak von 0,5° Bé. eingelegt; am nächſten Morgen ausgequetſcht und in Waſſer gewaſchen. Dann wird 3 Stunden auf einem Tanninbade behandelt, und von hier direkt auf ein Bad von baſiſchem Aluminiumſulfat gegangen. Der übrige Verlauf iſt dann genau ſo wie oben als 9. bis 12. Operation beſchrieben war, nur fällt beim Färbebade das Ochſenblut, ſowie der Schmack und die Kreide in Wegfall; dagegen empfehle ich als Zuſatz zum Färbebade etwas eſſigſaures Natron. § 82. Das Türkiſchrotfärben nach Steiners Verfahren. Das Steinerſche Verfahren wird, ſoviel mir bekannt, nur auf Ge- webe angewendet, und iſt in ſeinen letzteren Operationen mit dem vorigen identiſch, die vorbereitenden Arbeiten aber ſind viel einfacher und vernunft- gemäßer. *) Pharm. Centralhalle 1886, 410 ff. **) Journal der ruſſ. phyſik. Geſellſchaft.

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/660>, abgerufen am 22.11.2024.