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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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Einige Gedanken
liebt, über deren Beleidigung er ergrimmt: dann
ist das Gemüth im Aufruhr; die Ideen des Hasses
sind neu, und also lebhaft und deutlich, die Ideen
der Liebe sind im Besitze der Seele, und leisten
also muthigen Widerstand, der sie hinwiederum
klärer und lebendiger macht. Mit einem Worte,
der Widerspruch der Ideen und der Begierden,
das ist der Zustand, wo der Mensch seiner selbst
am besten bewußt ist, und wo er am meisten sei-
ne Vorstellungen und Neigungen ausdrücken
kann.

Ueberdieß ist die Erwartung, die zum Inter-
essirenden nothwendig ist, bey dem Streite zweyer
Leidenschaften größer als bey Einer. Was der
Mensch thun wird, der bloß liebt oder bloß haßt,
das ist ausgemacht; die Wahl kann nur zwischen
den Arten der Befriedigung seyn, und dieß erregt
die Neubegierde nicht so stark, weil es nichts ist,
was die Natur des Menschen selbst so sehr an-
gienge. Aber wozu sich der Sohn noch entschlies-
sen wird, der seinen eignen Vater an dem Vater
einer Celiebten rächen soll; was die mütterliche

Einige Gedanken
liebt, uͤber deren Beleidigung er ergrimmt: dann
iſt das Gemuͤth im Aufruhr; die Ideen des Haſſes
ſind neu, und alſo lebhaft und deutlich, die Ideen
der Liebe ſind im Beſitze der Seele, und leiſten
alſo muthigen Widerſtand, der ſie hinwiederum
klaͤrer und lebendiger macht. Mit einem Worte,
der Widerſpruch der Ideen und der Begierden,
das iſt der Zuſtand, wo der Menſch ſeiner ſelbſt
am beſten bewußt iſt, und wo er am meiſten ſei-
ne Vorſtellungen und Neigungen ausdruͤcken
kann.

Ueberdieß iſt die Erwartung, die zum Inter-
eſſirenden nothwendig iſt, bey dem Streite zweyer
Leidenſchaften groͤßer als bey Einer. Was der
Menſch thun wird, der bloß liebt oder bloß haßt,
das iſt ausgemacht; die Wahl kann nur zwiſchen
den Arten der Befriedigung ſeyn, und dieß erregt
die Neubegierde nicht ſo ſtark, weil es nichts iſt,
was die Natur des Menſchen ſelbſt ſo ſehr an-
gienge. Aber wozu ſich der Sohn noch entſchlieſ-
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einer Celiebten raͤchen ſoll; was die muͤtterliche

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[342/0348] Einige Gedanken liebt, uͤber deren Beleidigung er ergrimmt: dann iſt das Gemuͤth im Aufruhr; die Ideen des Haſſes ſind neu, und alſo lebhaft und deutlich, die Ideen der Liebe ſind im Beſitze der Seele, und leiſten alſo muthigen Widerſtand, der ſie hinwiederum klaͤrer und lebendiger macht. Mit einem Worte, der Widerſpruch der Ideen und der Begierden, das iſt der Zuſtand, wo der Menſch ſeiner ſelbſt am beſten bewußt iſt, und wo er am meiſten ſei- ne Vorſtellungen und Neigungen ausdruͤcken kann. Ueberdieß iſt die Erwartung, die zum Inter- eſſirenden nothwendig iſt, bey dem Streite zweyer Leidenſchaften groͤßer als bey Einer. Was der Menſch thun wird, der bloß liebt oder bloß haßt, das iſt ausgemacht; die Wahl kann nur zwiſchen den Arten der Befriedigung ſeyn, und dieß erregt die Neubegierde nicht ſo ſtark, weil es nichts iſt, was die Natur des Menſchen ſelbſt ſo ſehr an- gienge. Aber wozu ſich der Sohn noch entſchlieſ- ſen wird, der ſeinen eignen Vater an dem Vater einer Celiebten raͤchen ſoll; was die muͤtterliche

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/348>, abgerufen am 21.11.2024.