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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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über das Interessirende.
sind die meisten Regeln darüber gegeben worden;
man hat nur einem gewissen Stande, einer ge-
wissen Art von Umständen und Vorfällen, in
Griechenland sogar nur gewissen Familien und
Geschichten, erlaubet zu rühren; und das ganze
übrige menschliche Leben ist bloß dem Lächer-
lichen Preis gegeben worden. Diese Schranken
müssen wir jezt niederreissen, da wir anfangen,
die Menschheit selbst zu schätzen, was sie werth
ist. Aber die andre Verschiedenheit, die Ver-
schiedenheit der Eindrücke, welche dieselbe Bege-
benheit auf verschiedne Gemüther macht; und
welche Eiudrücke es eigentlich sind, an welchen
der Zuschauer Theil nimmt, und an welchen er
am meisten Theil nimmt: das ist zwar von gu-
ten Dichtern nicht aus der Acht gelassen, aber
von den Kunstrichtern weniger bearbeitet wor-
den. Und hier nun, glauben wir, können wir,
zu folge der obigen Erfahrungen und Schlüsse,
folgende Regeln festsezen.

1) Alle moralische Vergnügungen und Lei-
den lassen sich leichter mittheilen, und werden

Z 5

uͤber das Intereſſirende.
ſind die meiſten Regeln daruͤber gegeben worden;
man hat nur einem gewiſſen Stande, einer ge-
wiſſen Art von Umſtaͤnden und Vorfaͤllen, in
Griechenland ſogar nur gewiſſen Familien und
Geſchichten, erlaubet zu ruͤhren; und das ganze
uͤbrige menſchliche Leben iſt bloß dem Laͤcher-
lichen Preis gegeben worden. Dieſe Schranken
muͤſſen wir jezt niederreiſſen, da wir anfangen,
die Menſchheit ſelbſt zu ſchaͤtzen, was ſie werth
iſt. Aber die andre Verſchiedenheit, die Ver-
ſchiedenheit der Eindruͤcke, welche dieſelbe Bege-
benheit auf verſchiedne Gemuͤther macht; und
welche Eiudruͤcke es eigentlich ſind, an welchen
der Zuſchauer Theil nimmt, und an welchen er
am meiſten Theil nimmt: das iſt zwar von gu-
ten Dichtern nicht aus der Acht gelaſſen, aber
von den Kunſtrichtern weniger bearbeitet wor-
den. Und hier nun, glauben wir, koͤnnen wir,
zu folge der obigen Erfahrungen und Schluͤſſe,
folgende Regeln feſtſezen.

1) Alle moraliſche Vergnuͤgungen und Lei-
den laſſen ſich leichter mittheilen, und werden

Z 5
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[361/0367] uͤber das Intereſſirende. ſind die meiſten Regeln daruͤber gegeben worden; man hat nur einem gewiſſen Stande, einer ge- wiſſen Art von Umſtaͤnden und Vorfaͤllen, in Griechenland ſogar nur gewiſſen Familien und Geſchichten, erlaubet zu ruͤhren; und das ganze uͤbrige menſchliche Leben iſt bloß dem Laͤcher- lichen Preis gegeben worden. Dieſe Schranken muͤſſen wir jezt niederreiſſen, da wir anfangen, die Menſchheit ſelbſt zu ſchaͤtzen, was ſie werth iſt. Aber die andre Verſchiedenheit, die Ver- ſchiedenheit der Eindruͤcke, welche dieſelbe Bege- benheit auf verſchiedne Gemuͤther macht; und welche Eiudruͤcke es eigentlich ſind, an welchen der Zuſchauer Theil nimmt, und an welchen er am meiſten Theil nimmt: das iſt zwar von gu- ten Dichtern nicht aus der Acht gelaſſen, aber von den Kunſtrichtern weniger bearbeitet wor- den. Und hier nun, glauben wir, koͤnnen wir, zu folge der obigen Erfahrungen und Schluͤſſe, folgende Regeln feſtſezen. 1) Alle moraliſche Vergnuͤgungen und Lei- den laſſen ſich leichter mittheilen, und werden Z 5

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/367>, abgerufen am 21.11.2024.