Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.Umstände auf die Bildung etc. Sprachen redete, noch eine so große Menge frem-der Wörter und Redensarten, besonders unter den Vornehmen, erhalten hat, wofür schlechterdings kein gleichgeltender deutscher Ausdruck da ist, der gemein und gebräuchlich wäre? Diese Unart hat indessen an den meisten Orten schon ziemlich nach- gelassen; man bedienet sich schon weit mehr, als vordem, der Ausdrücke der Muttersprache: und wo diese noch nicht gewöhnlich sind, da hat der Schriftsteller das Recht, sie gewöhnlich zu machen. Er bildet, wenn er nur sonst vortreflich ist, die Sprache des Umgangs, wie die Sprache der Bü- cher; und schreibt der Nation vor, wie sie reden soll, wenn er ihr nicht nachschreiben kann, wie sie wirklich redet. Wenn es den Deutschen in irgend einer Umſtaͤnde auf die Bildung ꝛc. Sprachen redete, noch eine ſo große Menge frem-der Woͤrter und Redensarten, beſonders unter den Vornehmen, erhalten hat, wofuͤr ſchlechterdings kein gleichgeltender deutſcher Ausdruck da iſt, der gemein und gebraͤuchlich waͤre? Dieſe Unart hat indeſſen an den meiſten Orten ſchon ziemlich nach- gelaſſen; man bedienet ſich ſchon weit mehr, als vordem, der Ausdruͤcke der Mutterſprache: und wo dieſe noch nicht gewoͤhnlich ſind, da hat der Schriftſteller das Recht, ſie gewoͤhnlich zu machen. Er bildet, wenn er nur ſonſt vortreflich iſt, die Sprache des Umgangs, wie die Sprache der Buͤ- cher; und ſchreibt der Nation vor, wie ſie reden ſoll, wenn er ihr nicht nachſchreiben kann, wie ſie wirklich redet. Wenn es den Deutſchen in irgend einer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0465" n="459"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Umſtaͤnde auf die Bildung ꝛc.</hi></fw><lb/> Sprachen redete, noch eine ſo große Menge frem-<lb/> der Woͤrter und Redensarten, beſonders unter den<lb/> Vornehmen, erhalten hat, wofuͤr ſchlechterdings<lb/> kein gleichgeltender deutſcher Ausdruck da iſt, der<lb/> gemein und gebraͤuchlich waͤre? Dieſe Unart hat<lb/> indeſſen an den meiſten Orten ſchon ziemlich nach-<lb/> gelaſſen; man bedienet ſich ſchon weit mehr, als<lb/> vordem, der Ausdruͤcke der Mutterſprache: und<lb/> wo dieſe noch nicht gewoͤhnlich ſind, da hat der<lb/> Schriftſteller das Recht, ſie gewoͤhnlich zu machen.<lb/> Er bildet, wenn er nur ſonſt vortreflich iſt, die<lb/> Sprache des Umgangs, wie die Sprache der Buͤ-<lb/> cher; und ſchreibt der Nation vor, wie ſie reden<lb/> ſoll, wenn er ihr nicht nachſchreiben kann, wie ſie<lb/> wirklich redet.</p><lb/> <p>Wenn es den Deutſchen in irgend einer<lb/> Gattung der Schreibart an Woͤrtern fehlt, ſo<lb/> fehlt es ihnen in der didaktiſchen Gattung.<lb/> Daher koͤmmt es, daß unſre Philoſophen, oder<lb/> die, welche auch in Werken anderer Art gerne<lb/> philoſophiren, entweder immer in Metaphern<lb/> ſchreiben, oder eine Menge fremder Woͤrter<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [459/0465]
Umſtaͤnde auf die Bildung ꝛc.
Sprachen redete, noch eine ſo große Menge frem-
der Woͤrter und Redensarten, beſonders unter den
Vornehmen, erhalten hat, wofuͤr ſchlechterdings
kein gleichgeltender deutſcher Ausdruck da iſt, der
gemein und gebraͤuchlich waͤre? Dieſe Unart hat
indeſſen an den meiſten Orten ſchon ziemlich nach-
gelaſſen; man bedienet ſich ſchon weit mehr, als
vordem, der Ausdruͤcke der Mutterſprache: und
wo dieſe noch nicht gewoͤhnlich ſind, da hat der
Schriftſteller das Recht, ſie gewoͤhnlich zu machen.
Er bildet, wenn er nur ſonſt vortreflich iſt, die
Sprache des Umgangs, wie die Sprache der Buͤ-
cher; und ſchreibt der Nation vor, wie ſie reden
ſoll, wenn er ihr nicht nachſchreiben kann, wie ſie
wirklich redet.
Wenn es den Deutſchen in irgend einer
Gattung der Schreibart an Woͤrtern fehlt, ſo
fehlt es ihnen in der didaktiſchen Gattung.
Daher koͤmmt es, daß unſre Philoſophen, oder
die, welche auch in Werken anderer Art gerne
philoſophiren, entweder immer in Metaphern
ſchreiben, oder eine Menge fremder Woͤrter
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