Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Im mittlern Zeitalter erhielten sich die astrologischen Träumereyen mit der Sternkunde zugleich unter den Arabern, von welchen uns verschiedene Schriften davon, hauptsächlich Commentarien über des Ptolemäus Tetrabiblos, übriggeblieben sind. Scaliger (Prolegom. ad Manil. p. 9.) erzählt, daß im Jahre 1179 alle orientalische, christliche, jüdische und arabische Astrologen Briefe ausgesendet, und durch Verkündigung einer fürchterlichen Revolution auf das Jahr 1186, ein allgemeines Schrecken verbreitet hätten. Sollte man sich bey den berufenen Ziehenschen Prophezeihungen, wobey die Kabala, das Buch Chevilla und der Stern Kapella so lächerlich durch einander geworfen werden, nicht um volle 600 Jahre zurückversetzt glauben? Unter den ersten Beförderern der Sternkunde im Occident hiengen noch viele fest an diesem Aberglauben. Zwar bestritt schon gegen das Ende des funfzehnten Jahrhunderts Pico, Graf von Mirandola, die Irrthümer der Astrologie sehr gründlich, fand aber damals noch viel Widerspruch. Im 16ten Jahrhunderte waren Leovitius, Gauricus, Cardan eifrige Vertheidiger des Sterndeutens. Der Letztere trieb diese Thorheiten so weit, daß er dem Heilande der Welt die Nativität stellte (Scaliger proleg. ad Manil. p. 8.), und soll sich zu Tode gehungert haben, um sein vorhergesagtes Sterbejahr nicht zu überleben. Caspar Peucer (De praecipuis divinationum generibus. Vitb. 1560. 8.) hat von der Astrologie mit vielerGelehrsamkeit gehandelt. Noch im vorigen Jahrhunderte hiengen selbst große Astronomen an der Sterndeuterey, wovon sich in Keplers Briefwechsel (Epistolae ad Keplerum, ed. a Hanschio. Lipsiae 1718. fol.) häufige Spuren finden. Kepler selbst stellte Nativitäten, wenn es verlangt ward, und soll sich Wallensteinen, der ihn 1629 nach Sagan berief, durch Vorhersagung seines Glücks zum Gönner
Im mittlern Zeitalter erhielten ſich die aſtrologiſchen Traͤumereyen mit der Sternkunde zugleich unter den Arabern, von welchen uns verſchiedene Schriften davon, hauptſaͤchlich Commentarien uͤber des Ptolemaͤus Tetrabiblos, uͤbriggeblieben ſind. Scaliger (Prolegom. ad Manil. p. 9.) erzaͤhlt, daß im Jahre 1179 alle orientaliſche, chriſtliche, juͤdiſche und arabiſche Aſtrologen Briefe ausgeſendet, und durch Verkuͤndigung einer fuͤrchterlichen Revolution auf das Jahr 1186, ein allgemeines Schrecken verbreitet haͤtten. Sollte man ſich bey den berufenen Ziehenſchen Prophezeihungen, wobey die Kabala, das Buch Chevilla und der Stern Kapella ſo laͤcherlich durch einander geworfen werden, nicht um volle 600 Jahre zuruͤckverſetzt glauben? Unter den erſten Befoͤrderern der Sternkunde im Occident hiengen noch viele feſt an dieſem Aberglauben. Zwar beſtritt ſchon gegen das Ende des funfzehnten Jahrhunderts Pico, Graf von Mirandola, die Irrthuͤmer der Aſtrologie ſehr gruͤndlich, fand aber damals noch viel Widerſpruch. Im 16ten Jahrhunderte waren Leovitius, Gauricus, Cardan eifrige Vertheidiger des Sterndeutens. Der Letztere trieb dieſe Thorheiten ſo weit, daß er dem Heilande der Welt die Nativitaͤt ſtellte (Scaliger proleg. ad Manil. p. 8.), und ſoll ſich zu Tode gehungert haben, um ſein vorhergeſagtes Sterbejahr nicht zu uͤberleben. Caſpar Peucer (De praecipuis divinationum generibus. Vitb. 1560. 8.) hat von der Aſtrologie mit vielerGelehrſamkeit gehandelt. Noch im vorigen Jahrhunderte hiengen ſelbſt große Aſtronomen an der Sterndeuterey, wovon ſich in Keplers Briefwechſel (Epiſtolae ad Keplerum, ed. a Hanſchio. Lipſiae 1718. fol.) haͤufige Spuren finden. Kepler ſelbſt ſtellte Nativitaͤten, wenn es verlangt ward, und ſoll ſich Wallenſteinen, der ihn 1629 nach Sagan berief, durch Vorherſagung ſeines Gluͤcks zum Goͤnner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0152" xml:id="P.1.138" n="138"/><lb/> Himmelsbegebenheiten, mithin mehr Aufmerkſamkeit auf dieſelben, und mehr Beobachtungen veranlaſſet, auch der Aſtronomie bey manchen Nationen Beyfall und Anſehen verſchaft.</p> <p>Im mittlern Zeitalter erhielten ſich die aſtrologiſchen Traͤumereyen mit der Sternkunde zugleich unter den Arabern, von welchen uns verſchiedene Schriften davon, hauptſaͤchlich Commentarien uͤber des Ptolemaͤus Tetrabiblos, uͤbriggeblieben ſind. <hi rendition="#b">Scaliger</hi> <hi rendition="#aq">(Prolegom. ad Manil. p. 9.)</hi> erzaͤhlt, daß im Jahre 1179 alle orientaliſche, chriſtliche, juͤdiſche und arabiſche Aſtrologen Briefe ausgeſendet, und durch Verkuͤndigung einer fuͤrchterlichen Revolution auf das Jahr 1186, ein allgemeines Schrecken verbreitet haͤtten. Sollte man ſich bey den berufenen <hi rendition="#b">Ziehenſchen</hi> Prophezeihungen, wobey die Kabala, das Buch Chevilla und der Stern Kapella ſo laͤcherlich durch einander geworfen werden, nicht um volle 600 Jahre zuruͤckverſetzt glauben?</p> <p>Unter den erſten Befoͤrderern der Sternkunde im Occident hiengen noch viele feſt an dieſem Aberglauben. Zwar beſtritt ſchon gegen das Ende des funfzehnten Jahrhunderts <hi rendition="#b">Pico,</hi> Graf von Mirandola, die Irrthuͤmer der Aſtrologie ſehr gruͤndlich, fand aber damals noch viel Widerſpruch. Im 16ten Jahrhunderte waren <hi rendition="#b">Leovitius, Gauricus, Cardan</hi> eifrige Vertheidiger des Sterndeutens. Der Letztere trieb dieſe Thorheiten ſo weit, daß er dem Heilande der Welt die Nativitaͤt ſtellte <hi rendition="#aq">(Scaliger proleg. ad Manil. p. 8.),</hi> und ſoll ſich zu Tode gehungert haben, um ſein vorhergeſagtes Sterbejahr nicht zu uͤberleben. <hi rendition="#b">Caſpar Peucer</hi> <hi rendition="#aq">(De praecipuis divinationum generibus. Vitb. 1560. 8.)</hi> hat von der Aſtrologie mit vielerGelehrſamkeit gehandelt. Noch im vorigen Jahrhunderte hiengen ſelbſt große Aſtronomen an der Sterndeuterey, wovon ſich in <hi rendition="#b">Keplers</hi> Briefwechſel <hi rendition="#aq">(Epiſtolae ad Keplerum, ed. a Hanſchio. Lipſiae 1718. fol.)</hi> haͤufige Spuren finden. <hi rendition="#b">Kepler</hi> ſelbſt ſtellte Nativitaͤten, wenn es verlangt ward, und ſoll ſich Wallenſteinen, der ihn 1629 nach Sagan berief, durch Vorherſagung ſeines Gluͤcks zum Goͤnner<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [138/0152]
Himmelsbegebenheiten, mithin mehr Aufmerkſamkeit auf dieſelben, und mehr Beobachtungen veranlaſſet, auch der Aſtronomie bey manchen Nationen Beyfall und Anſehen verſchaft.
Im mittlern Zeitalter erhielten ſich die aſtrologiſchen Traͤumereyen mit der Sternkunde zugleich unter den Arabern, von welchen uns verſchiedene Schriften davon, hauptſaͤchlich Commentarien uͤber des Ptolemaͤus Tetrabiblos, uͤbriggeblieben ſind. Scaliger (Prolegom. ad Manil. p. 9.) erzaͤhlt, daß im Jahre 1179 alle orientaliſche, chriſtliche, juͤdiſche und arabiſche Aſtrologen Briefe ausgeſendet, und durch Verkuͤndigung einer fuͤrchterlichen Revolution auf das Jahr 1186, ein allgemeines Schrecken verbreitet haͤtten. Sollte man ſich bey den berufenen Ziehenſchen Prophezeihungen, wobey die Kabala, das Buch Chevilla und der Stern Kapella ſo laͤcherlich durch einander geworfen werden, nicht um volle 600 Jahre zuruͤckverſetzt glauben?
Unter den erſten Befoͤrderern der Sternkunde im Occident hiengen noch viele feſt an dieſem Aberglauben. Zwar beſtritt ſchon gegen das Ende des funfzehnten Jahrhunderts Pico, Graf von Mirandola, die Irrthuͤmer der Aſtrologie ſehr gruͤndlich, fand aber damals noch viel Widerſpruch. Im 16ten Jahrhunderte waren Leovitius, Gauricus, Cardan eifrige Vertheidiger des Sterndeutens. Der Letztere trieb dieſe Thorheiten ſo weit, daß er dem Heilande der Welt die Nativitaͤt ſtellte (Scaliger proleg. ad Manil. p. 8.), und ſoll ſich zu Tode gehungert haben, um ſein vorhergeſagtes Sterbejahr nicht zu uͤberleben. Caſpar Peucer (De praecipuis divinationum generibus. Vitb. 1560. 8.) hat von der Aſtrologie mit vielerGelehrſamkeit gehandelt. Noch im vorigen Jahrhunderte hiengen ſelbſt große Aſtronomen an der Sterndeuterey, wovon ſich in Keplers Briefwechſel (Epiſtolae ad Keplerum, ed. a Hanſchio. Lipſiae 1718. fol.) haͤufige Spuren finden. Kepler ſelbſt ſtellte Nativitaͤten, wenn es verlangt ward, und ſoll ſich Wallenſteinen, der ihn 1629 nach Sagan berief, durch Vorherſagung ſeines Gluͤcks zum Goͤnner
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