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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Die dritte Wirkung des Athemholens ist die Erzeugung und Unterhaltung der Wärme des thierischen Körpers, s. Wärme, thierische. Es ist längst beobachtet worden, daß alle Thiere, welche vermittelst vollkommner Lungen athmen, und die Luft in Menge in sich ziehen, warmes Blut, und daher weit mehr innere Wärme haben, als ihnen die Temperatur der sie umgebenden Luft mittheilen könnte. Diejenigen Thiere hingegen, welchen die Lungen fehlen, sind nicht wärmer, als das Mittel, in welchem sie leben. Die Vögel, als die wärmsten Thiere, haben in Vergleichung mit der Größe ihres Körpers die größten Lungen. Je schneller man athmet, und je mehr Luft man also in einer bestimmten Zeit einziehet, desto mehr wird das Blut erwärmt; daher kömmt die Erhitzung desselben durch Bewegung und durch alles, was das Athmen beschleuniget.

Dies erklärt Crawfords eben angeführte Theorie auf eine sehr leichte Art. Indem nemlich die reine oder zum Athmen taugliche Luft das Phlogiston des Bluts in den Lungen an sich nimmt, wird ihr Vermögen, Feuer zu enthalten oder zu binden, vermindert, und durch das Freywerden ihres Feuers entsteht fühlbare Wärme. Beym Umlaufe durch den Körper theilt das Blut diese fühlbare Wärme den Theilen des Körpers mit, verliert zugleich einen Theil des in ihm gebundenen Feuers, und nimmt dafür Phlogiston aus dem Körper an sich. So entsteht ein beständiger Kreislauf, der einer wechselseitigen chemischen Anziehung gleichet. Daß der ausgeathmete Hauch wärmer ist, als die äußere Luft, ist dagegen keine Einwendung; seine fühlbare Wärme kömmt bloß von dem zugleich ausgehenden freyen Feuer her, und ist vielmehr ein Zeichen, daß er weniger Feuer binde, als die äußere Luft. Ausführlicher wird sich von dieser Wirkung des Athmens unter dem Worte: Wärme, thierische, sprechen lassen.

Dies sind die neusten Theorien über die Wirkungen des Athmens. Die Aerzte haben hierüber sehr verschieden gedacht. Hippocrates, Aristoteles und Galen liesen die eingeathmete Luft in das Blut und die Säfte übergehen,


Die dritte Wirkung des Athemholens iſt die Erzeugung und Unterhaltung der Waͤrme des thieriſchen Koͤrpers, ſ. Waͤrme, thieriſche. Es iſt laͤngſt beobachtet worden, daß alle Thiere, welche vermittelſt vollkommner Lungen athmen, und die Luft in Menge in ſich ziehen, warmes Blut, und daher weit mehr innere Waͤrme haben, als ihnen die Temperatur der ſie umgebenden Luft mittheilen koͤnnte. Diejenigen Thiere hingegen, welchen die Lungen fehlen, ſind nicht waͤrmer, als das Mittel, in welchem ſie leben. Die Voͤgel, als die waͤrmſten Thiere, haben in Vergleichung mit der Groͤße ihres Koͤrpers die groͤßten Lungen. Je ſchneller man athmet, und je mehr Luft man alſo in einer beſtimmten Zeit einziehet, deſto mehr wird das Blut erwaͤrmt; daher koͤmmt die Erhitzung deſſelben durch Bewegung und durch alles, was das Athmen beſchleuniget.

Dies erklaͤrt Crawfords eben angefuͤhrte Theorie auf eine ſehr leichte Art. Indem nemlich die reine oder zum Athmen taugliche Luft das Phlogiſton des Bluts in den Lungen an ſich nimmt, wird ihr Vermoͤgen, Feuer zu enthalten oder zu binden, vermindert, und durch das Freywerden ihres Feuers entſteht fuͤhlbare Waͤrme. Beym Umlaufe durch den Koͤrper theilt das Blut dieſe fuͤhlbare Waͤrme den Theilen des Koͤrpers mit, verliert zugleich einen Theil des in ihm gebundenen Feuers, und nimmt dafuͤr Phlogiſton aus dem Koͤrper an ſich. So entſteht ein beſtaͤndiger Kreislauf, der einer wechſelſeitigen chemiſchen Anziehung gleichet. Daß der ausgeathmete Hauch waͤrmer iſt, als die aͤußere Luft, iſt dagegen keine Einwendung; ſeine fuͤhlbare Waͤrme koͤmmt bloß von dem zugleich ausgehenden freyen Feuer her, und iſt vielmehr ein Zeichen, daß er weniger Feuer binde, als die aͤußere Luft. Ausfuͤhrlicher wird ſich von dieſer Wirkung des Athmens unter dem Worte: Waͤrme, thieriſche, ſprechen laſſen.

Dies ſind die neuſten Theorien uͤber die Wirkungen des Athmens. Die Aerzte haben hieruͤber ſehr verſchieden gedacht. Hippocrates, Ariſtoteles und Galen lieſen die eingeathmete Luft in das Blut und die Saͤfte uͤbergehen,

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[152/0166] Die dritte Wirkung des Athemholens iſt die Erzeugung und Unterhaltung der Waͤrme des thieriſchen Koͤrpers, ſ. Waͤrme, thieriſche. Es iſt laͤngſt beobachtet worden, daß alle Thiere, welche vermittelſt vollkommner Lungen athmen, und die Luft in Menge in ſich ziehen, warmes Blut, und daher weit mehr innere Waͤrme haben, als ihnen die Temperatur der ſie umgebenden Luft mittheilen koͤnnte. Diejenigen Thiere hingegen, welchen die Lungen fehlen, ſind nicht waͤrmer, als das Mittel, in welchem ſie leben. Die Voͤgel, als die waͤrmſten Thiere, haben in Vergleichung mit der Groͤße ihres Koͤrpers die groͤßten Lungen. Je ſchneller man athmet, und je mehr Luft man alſo in einer beſtimmten Zeit einziehet, deſto mehr wird das Blut erwaͤrmt; daher koͤmmt die Erhitzung deſſelben durch Bewegung und durch alles, was das Athmen beſchleuniget. Dies erklaͤrt Crawfords eben angefuͤhrte Theorie auf eine ſehr leichte Art. Indem nemlich die reine oder zum Athmen taugliche Luft das Phlogiſton des Bluts in den Lungen an ſich nimmt, wird ihr Vermoͤgen, Feuer zu enthalten oder zu binden, vermindert, und durch das Freywerden ihres Feuers entſteht fuͤhlbare Waͤrme. Beym Umlaufe durch den Koͤrper theilt das Blut dieſe fuͤhlbare Waͤrme den Theilen des Koͤrpers mit, verliert zugleich einen Theil des in ihm gebundenen Feuers, und nimmt dafuͤr Phlogiſton aus dem Koͤrper an ſich. So entſteht ein beſtaͤndiger Kreislauf, der einer wechſelſeitigen chemiſchen Anziehung gleichet. Daß der ausgeathmete Hauch waͤrmer iſt, als die aͤußere Luft, iſt dagegen keine Einwendung; ſeine fuͤhlbare Waͤrme koͤmmt bloß von dem zugleich ausgehenden freyen Feuer her, und iſt vielmehr ein Zeichen, daß er weniger Feuer binde, als die aͤußere Luft. Ausfuͤhrlicher wird ſich von dieſer Wirkung des Athmens unter dem Worte: Waͤrme, thieriſche, ſprechen laſſen. Dies ſind die neuſten Theorien uͤber die Wirkungen des Athmens. Die Aerzte haben hieruͤber ſehr verſchieden gedacht. Hippocrates, Ariſtoteles und Galen lieſen die eingeathmete Luft in das Blut und die Saͤfte uͤbergehen,

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/166>, abgerufen am 04.12.2024.