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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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welcher bewundernswürdigen Richtigkeit stimmen nicht seine hieraus berechneten Folgen mit dem wirklichen Laufe des Himmels überein! Diese Methode ist so untadelhaft, und die dadurch gemachte Entdeckung der Mechanik des Himmels so bestätiget, daß nur Unwissende jene schmähen und diese verwerfen können.

Ursachen dieses Phänomens angeben zu können, hat sich Newton nie gerühmt. Er erklärt an einigen Stellen (Princip. L. I. Def. 8. et Sect. 11. Optice. Qu. 23.), er gebrauche die Worte: Attractio, Impulsio, Propensio, ohne Unterschied, u. wolle durch Attraction nicht die Wirkungsart oder die wirkende Ursache anzeigen, u. etwa behaupten, daß in den Mittelpunkten der Körper eine anziehende Kraft vorhanden sey; vielleicht sey diese Attraction, physikalisch zu reden, ein Stoß, oder die Wirkung einer andern uns ganz unbekannten Ursache. So sagt auch 's Gravesande (Phys. elem. mathem. Leid. 1742. gr. 4. L. I. c. 5.) Attractionem vocamus vim quamcunque, quo duo corpora ad se invicem tendunt; etsi forte hoc per impulsum fiat. Hoc nomine phaenomenon, non causam defignamus. Man thut daher Newton Unrecht, wenn man glaubt, er habe durch die Attraction das Phänomen erklären wollen, da er es dadurch blos benennen will.

Aber auch als Benennung hat mir das Wort Attraction nie wohl gewählt geschienen. Unerfahrne stellen sich dabey natürlich ein Ziehen, eine Kraft vor, welche in dem einen Körper ihren Sitz hat, und den andern, wie an einem Bande, gegen sich führt. Dergleichen verkehrte Begriffe, die Newtons wahrer Meinung ganz zuwiderlaufen, haben manche Philosophen bestritten, und dabey gegen Newton zu streiten geglaubt. Inzwischen ist dieses Wort so allgemein angenommen, daß man schwerlich wagen dürfte, ein anderes einzuführen; man muß am Ende zufrieden seyn, daß die Wahl nicht noch schlimmer ausgefallen ist. Musschenbroek z. B. schlägt unter andern das noch unschicklichere Wort Amicitia vor. "Was "würde nicht erst," sagt Herr Lichtenberg (Erxlebens Naturl. neuste Ausg. §. 113. b.), "mancher gefolgert


welcher bewundernswuͤrdigen Richtigkeit ſtimmen nicht ſeine hieraus berechneten Folgen mit dem wirklichen Laufe des Himmels uͤberein! Dieſe Methode iſt ſo untadelhaft, und die dadurch gemachte Entdeckung der Mechanik des Himmels ſo beſtaͤtiget, daß nur Unwiſſende jene ſchmaͤhen und dieſe verwerfen koͤnnen.

Urſachen dieſes Phaͤnomens angeben zu koͤnnen, hat ſich Newton nie geruͤhmt. Er erklaͤrt an einigen Stellen (Princip. L. I. Def. 8. et Sect. 11. Optice. Qu. 23.), er gebrauche die Worte: Attractio, Impulſio, Propenſio, ohne Unterſchied, u. wolle durch Attraction nicht die Wirkungsart oder die wirkende Urſache anzeigen, u. etwa behaupten, daß in den Mittelpunkten der Koͤrper eine anziehende Kraft vorhanden ſey; vielleicht ſey dieſe Attraction, phyſikaliſch zu reden, ein Stoß, oder die Wirkung einer andern uns ganz unbekannten Urſache. So ſagt auch 's Graveſande (Phyſ. elem. mathem. Leid. 1742. gr. 4. L. I. c. 5.) Attractionem vocamus vim quamcunque, quo duo corpora ad ſe invicem tendunt; etſi forte hoc per impulſum fiat. Hoc nomine phaenomenon, non cauſam defignamus. Man thut daher Newton Unrecht, wenn man glaubt, er habe durch die Attraction das Phaͤnomen erklaͤren wollen, da er es dadurch blos benennen will.

Aber auch als Benennung hat mir das Wort Attraction nie wohl gewaͤhlt geſchienen. Unerfahrne ſtellen ſich dabey natuͤrlich ein Ziehen, eine Kraft vor, welche in dem einen Koͤrper ihren Sitz hat, und den andern, wie an einem Bande, gegen ſich fuͤhrt. Dergleichen verkehrte Begriffe, die Newtons wahrer Meinung ganz zuwiderlaufen, haben manche Philoſophen beſtritten, und dabey gegen Newton zu ſtreiten geglaubt. Inzwiſchen iſt dieſes Wort ſo allgemein angenommen, daß man ſchwerlich wagen duͤrfte, ein anderes einzufuͤhren; man muß am Ende zufrieden ſeyn, daß die Wahl nicht noch ſchlimmer ausgefallen iſt. Muſſchenbroek z. B. ſchlaͤgt unter andern das noch unſchicklichere Wort Amicitia vor. ”Was ”wuͤrde nicht erſt,“ ſagt Herr Lichtenberg (Erxlebens Naturl. neuſte Ausg. §. 113. b.), ”mancher gefolgert

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[167/0181] welcher bewundernswuͤrdigen Richtigkeit ſtimmen nicht ſeine hieraus berechneten Folgen mit dem wirklichen Laufe des Himmels uͤberein! Dieſe Methode iſt ſo untadelhaft, und die dadurch gemachte Entdeckung der Mechanik des Himmels ſo beſtaͤtiget, daß nur Unwiſſende jene ſchmaͤhen und dieſe verwerfen koͤnnen. Urſachen dieſes Phaͤnomens angeben zu koͤnnen, hat ſich Newton nie geruͤhmt. Er erklaͤrt an einigen Stellen (Princip. L. I. Def. 8. et Sect. 11. Optice. Qu. 23.), er gebrauche die Worte: Attractio, Impulſio, Propenſio, ohne Unterſchied, u. wolle durch Attraction nicht die Wirkungsart oder die wirkende Urſache anzeigen, u. etwa behaupten, daß in den Mittelpunkten der Koͤrper eine anziehende Kraft vorhanden ſey; vielleicht ſey dieſe Attraction, phyſikaliſch zu reden, ein Stoß, oder die Wirkung einer andern uns ganz unbekannten Urſache. So ſagt auch 's Graveſande (Phyſ. elem. mathem. Leid. 1742. gr. 4. L. I. c. 5.) Attractionem vocamus vim quamcunque, quo duo corpora ad ſe invicem tendunt; etſi forte hoc per impulſum fiat. Hoc nomine phaenomenon, non cauſam defignamus. Man thut daher Newton Unrecht, wenn man glaubt, er habe durch die Attraction das Phaͤnomen erklaͤren wollen, da er es dadurch blos benennen will. Aber auch als Benennung hat mir das Wort Attraction nie wohl gewaͤhlt geſchienen. Unerfahrne ſtellen ſich dabey natuͤrlich ein Ziehen, eine Kraft vor, welche in dem einen Koͤrper ihren Sitz hat, und den andern, wie an einem Bande, gegen ſich fuͤhrt. Dergleichen verkehrte Begriffe, die Newtons wahrer Meinung ganz zuwiderlaufen, haben manche Philoſophen beſtritten, und dabey gegen Newton zu ſtreiten geglaubt. Inzwiſchen iſt dieſes Wort ſo allgemein angenommen, daß man ſchwerlich wagen duͤrfte, ein anderes einzufuͤhren; man muß am Ende zufrieden ſeyn, daß die Wahl nicht noch ſchlimmer ausgefallen iſt. Muſſchenbroek z. B. ſchlaͤgt unter andern das noch unſchicklichere Wort Amicitia vor. ”Was ”wuͤrde nicht erſt,“ ſagt Herr Lichtenberg (Erxlebens Naturl. neuſte Ausg. §. 113. b.), ”mancher gefolgert

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/181>, abgerufen am 24.11.2024.