Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Von dieser Zeit an wurden die Beobachtungen über die Elektricität der Gewitter vermittelst isolirter Stangen und elektrischer Drachen in mehrern Ländern häufig angestellt. Besonders hat sich Beccaria zu Turin durch die Menge und Mannigfaltigkeit seiner Versuche (Lettere dell' ellettricismo, Bologna 1758. 4.) und de Romas zu Nerac durch die starke Elektricität, welche er nicht ohne Gefahr vermittelst eines elektrischen Drachen herabbrachte (s. Drache, elektrischer), ausgezeichnet. Der verdiente Professor Richmann in Petersburg ward ein trauriges Opfer dieser Untersuchungen. Er hatte am Dache seines Hauses eine eiserne Stange ausgesteckt, wovon isolirte metallene Dräthe in das Haus geleitet, und noch am Ende durch einen gläsernen Becher isolirt waren, damit die Elektricität der Gewitterwolken sich daselbst häufen, und einen am Drathe hangenden Faden abstoßen möchte, dessen Abstoßungswinkel an einem Quadranten gemessen die Stärke der Elektricität angeben sollte (Winckler de avert. fulminis artificio, p. 4. sq. Fig. 1.). Man sieht bey der jetzt bekannten Theorie die große Gefahr einer solchen unterbrochenen Leitung leicht ein, und Richmann selbst, so neu auch die Sache noch war, äußert doch (Nov. Comm. Petrop. To. IV. p. 335.), daß er Gefahr ahnde, der er aber seines Amts halber mit Muth und Unerschrockenheit entgegen gehe. Am 6 Aug. 1753, als es in der Ferne gedonnert hatte, und er nebst dem Kupferstecher der Akademie Sokolow zu seinem Elektricitätszeiger geeilt war, gegen den er sich dahin, wo das Metall aufhörte, bückte, fuhr ein Wetterstral aus dem Drathe durch einen Fuß Zwischenraum in Gestalt eines weißbläulichen Feuerballens nach seinem Kopfe, warf ihn todt zurück, und hinterließ an seiner Stirn einen mit Blut unterlaufenen Fleck, nebst einigen nur in die Haut gebrannten Flecken am Körper, und einem bläulichen am linken Fuße, wo ohne Verletzung des Strumpfs der Schuh zerrissen war. Innerlich fand man ausgetretenes Geblüt in der Luftröhre und Lunge, auch
Von dieſer Zeit an wurden die Beobachtungen uͤber die Elektricitaͤt der Gewitter vermittelſt iſolirter Stangen und elektriſcher Drachen in mehrern Laͤndern haͤufig angeſtellt. Beſonders hat ſich Beccaria zu Turin durch die Menge und Mannigfaltigkeit ſeiner Verſuche (Lettere dell' ellettricismo, Bologna 1758. 4.) und de Romas zu Nerac durch die ſtarke Elektricitaͤt, welche er nicht ohne Gefahr vermittelſt eines elektriſchen Drachen herabbrachte (ſ. Drache, elektriſcher), ausgezeichnet. Der verdiente Profeſſor Richmann in Petersburg ward ein trauriges Opfer dieſer Unterſuchungen. Er hatte am Dache ſeines Hauſes eine eiſerne Stange ausgeſteckt, wovon iſolirte metallene Draͤthe in das Haus geleitet, und noch am Ende durch einen glaͤſernen Becher iſolirt waren, damit die Elektricitaͤt der Gewitterwolken ſich daſelbſt haͤufen, und einen am Drathe hangenden Faden abſtoßen moͤchte, deſſen Abſtoßungswinkel an einem Quadranten gemeſſen die Staͤrke der Elektricitaͤt angeben ſollte (Winckler de avert. fulminis artificio, p. 4. ſq. Fig. 1.). Man ſieht bey der jetzt bekannten Theorie die große Gefahr einer ſolchen unterbrochenen Leitung leicht ein, und Richmann ſelbſt, ſo neu auch die Sache noch war, aͤußert doch (Nov. Comm. Petrop. To. IV. p. 335.), daß er Gefahr ahnde, der er aber ſeines Amts halber mit Muth und Unerſchrockenheit entgegen gehe. Am 6 Aug. 1753, als es in der Ferne gedonnert hatte, und er nebſt dem Kupferſtecher der Akademie Sokolow zu ſeinem Elektricitaͤtszeiger geeilt war, gegen den er ſich dahin, wo das Metall aufhoͤrte, buͤckte, fuhr ein Wetterſtral aus dem Drathe durch einen Fuß Zwiſchenraum in Geſtalt eines weißblaͤulichen Feuerballens nach ſeinem Kopfe, warf ihn todt zuruͤck, und hinterließ an ſeiner Stirn einen mit Blut unterlaufenen Fleck, nebſt einigen nur in die Haut gebrannten Flecken am Koͤrper, und einem blaͤulichen am linken Fuße, wo ohne Verletzung des Strumpfs der Schuh zerriſſen war. Innerlich fand man ausgetretenes Gebluͤt in der Luftroͤhre und Lunge, auch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0386" xml:id="P.1.372" n="372"/><lb/> außer den Zeiten der Donnerwetter. (ſ. Franklins Brieſe S. 146 u. f.)</p> <p>Von dieſer Zeit an wurden die Beobachtungen uͤber die Elektricitaͤt der Gewitter vermittelſt iſolirter Stangen und elektriſcher Drachen in mehrern Laͤndern haͤufig angeſtellt. Beſonders hat ſich <hi rendition="#b">Beccaria</hi> zu Turin durch die Menge und Mannigfaltigkeit ſeiner Verſuche <hi rendition="#aq">(Lettere dell' ellettricismo, Bologna 1758. 4.)</hi> und <hi rendition="#b">de Romas</hi> zu Nerac durch die ſtarke Elektricitaͤt, welche er nicht ohne Gefahr vermittelſt eines elektriſchen Drachen herabbrachte (<hi rendition="#b">ſ. Drache, elektriſcher</hi>), ausgezeichnet. Der verdiente Profeſſor <hi rendition="#b">Richmann</hi> in Petersburg ward ein trauriges Opfer dieſer Unterſuchungen. Er hatte am Dache ſeines Hauſes eine eiſerne Stange ausgeſteckt, wovon iſolirte metallene Draͤthe in das Haus geleitet, und noch am Ende durch einen glaͤſernen Becher iſolirt waren, damit die Elektricitaͤt der Gewitterwolken ſich daſelbſt haͤufen, und einen am Drathe hangenden Faden abſtoßen moͤchte, deſſen Abſtoßungswinkel an einem Quadranten gemeſſen die Staͤrke der Elektricitaͤt angeben ſollte <hi rendition="#aq">(Winckler de avert. fulminis artificio, p. 4. ſq. Fig. 1.).</hi> Man ſieht bey der jetzt bekannten Theorie die große Gefahr einer ſolchen <hi rendition="#b">unterbrochenen Leitung</hi> leicht ein, und <hi rendition="#b">Richmann</hi> ſelbſt, ſo neu auch die Sache noch war, aͤußert doch <hi rendition="#aq">(Nov. Comm. Petrop. To. IV. p. 335.),</hi> daß er Gefahr ahnde, der er aber ſeines Amts halber mit Muth und Unerſchrockenheit entgegen gehe. Am 6 Aug. 1753, als es in der Ferne gedonnert hatte, und er nebſt dem Kupferſtecher der Akademie <hi rendition="#b">Sokolow</hi> zu ſeinem Elektricitaͤtszeiger geeilt war, gegen den er ſich dahin, wo das Metall aufhoͤrte, buͤckte, fuhr ein Wetterſtral aus dem Drathe durch einen Fuß Zwiſchenraum in Geſtalt eines weißblaͤulichen Feuerballens nach ſeinem Kopfe, warf ihn todt zuruͤck, und hinterließ an ſeiner Stirn einen mit Blut unterlaufenen Fleck, nebſt einigen nur in die Haut gebrannten Flecken am Koͤrper, und einem blaͤulichen am linken Fuße, wo ohne Verletzung des Strumpfs der Schuh zerriſſen war. Innerlich fand man ausgetretenes Gebluͤt in der Luftroͤhre und Lunge, auch<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [372/0386]
außer den Zeiten der Donnerwetter. (ſ. Franklins Brieſe S. 146 u. f.)
Von dieſer Zeit an wurden die Beobachtungen uͤber die Elektricitaͤt der Gewitter vermittelſt iſolirter Stangen und elektriſcher Drachen in mehrern Laͤndern haͤufig angeſtellt. Beſonders hat ſich Beccaria zu Turin durch die Menge und Mannigfaltigkeit ſeiner Verſuche (Lettere dell' ellettricismo, Bologna 1758. 4.) und de Romas zu Nerac durch die ſtarke Elektricitaͤt, welche er nicht ohne Gefahr vermittelſt eines elektriſchen Drachen herabbrachte (ſ. Drache, elektriſcher), ausgezeichnet. Der verdiente Profeſſor Richmann in Petersburg ward ein trauriges Opfer dieſer Unterſuchungen. Er hatte am Dache ſeines Hauſes eine eiſerne Stange ausgeſteckt, wovon iſolirte metallene Draͤthe in das Haus geleitet, und noch am Ende durch einen glaͤſernen Becher iſolirt waren, damit die Elektricitaͤt der Gewitterwolken ſich daſelbſt haͤufen, und einen am Drathe hangenden Faden abſtoßen moͤchte, deſſen Abſtoßungswinkel an einem Quadranten gemeſſen die Staͤrke der Elektricitaͤt angeben ſollte (Winckler de avert. fulminis artificio, p. 4. ſq. Fig. 1.). Man ſieht bey der jetzt bekannten Theorie die große Gefahr einer ſolchen unterbrochenen Leitung leicht ein, und Richmann ſelbſt, ſo neu auch die Sache noch war, aͤußert doch (Nov. Comm. Petrop. To. IV. p. 335.), daß er Gefahr ahnde, der er aber ſeines Amts halber mit Muth und Unerſchrockenheit entgegen gehe. Am 6 Aug. 1753, als es in der Ferne gedonnert hatte, und er nebſt dem Kupferſtecher der Akademie Sokolow zu ſeinem Elektricitaͤtszeiger geeilt war, gegen den er ſich dahin, wo das Metall aufhoͤrte, buͤckte, fuhr ein Wetterſtral aus dem Drathe durch einen Fuß Zwiſchenraum in Geſtalt eines weißblaͤulichen Feuerballens nach ſeinem Kopfe, warf ihn todt zuruͤck, und hinterließ an ſeiner Stirn einen mit Blut unterlaufenen Fleck, nebſt einigen nur in die Haut gebrannten Flecken am Koͤrper, und einem blaͤulichen am linken Fuße, wo ohne Verletzung des Strumpfs der Schuh zerriſſen war. Innerlich fand man ausgetretenes Gebluͤt in der Luftroͤhre und Lunge, auch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |