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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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kraft,
die entweder mit der Richtung der Bahn des Körpers zusammenfällt, oder dieser Richtung gerade entgegen geht, und eine Normalkraft, welche auf die Bahn senkrecht gerichtet ist. Jene verstärkt oder vermindert die vorige Geschwindigkeit des Körpers, diese krümmt seine Bahn an jeder Stelle. Das Gesetz, nach welchem die Centripetalkraft von der Entfernung des Körpers vom Mittelpunkte der Kräfte abhängt, bestimmt die Natur der Curve, in welcher der Körper getrieben wird. Bey der Kreisbewegung ist die Centripetalkraft in allen Stellen gleich groß; auch ist sie hier ganz Normalkraft, und wirkt nur auf Krümmung des Wegs, nicht auf Geschwindigkeit. Bey den Bewegungen der Himmelskörper in Ellipsen verhält sie sich umgekehrt, wie das Quadrat der Entfernung vom Mittelpunkte der Kräfte, bekömmt den Namen der Gravitation oder allgemeinen Schwere, und wird als eine Gattung der Attraction angesehen.

Centrobarysch, Centrobarycum, Centrobaryque.

Was sich auf den Schwerpunkt der Körper bezieht, oder aus Betrachtung desselben hergeleitet wird. In der Geschichte der Geometrie ist unter dem Namen der centrobaryschen Methode eine Regel bekannt, den Inhalt der Flächen und Körper zu finden, indem man die Linien und Flächen, durch deren Bewegung sie erzeugt werden, in den Weg multiplicirt, den ihr Schwerpunkt bey dieser Erzeugung nehmen muß. Diese Regel, deren schon Pappus (Praef. ad lib. VII. Collect. math.) gedenkt, ist von dem Iesuiten Guldin (De centro grav. Vindob. 1635. fol.) weiter ausgeführt, durch die Integralrechnung aber völlig entbehrlich gemacht worden.

Centrum, s. Mittelpunkt.

Centrum gravitatis, s. Schwerpunkt.

Chrystallen. Dies ist ohne Zweifel die gehörige Rechtschreibung dieses von dem griechischen [fremdsprachliches Material], glacies, entsprungnen Wortes. Bey der jetzigen Gewohnheit, auf Etymologien nicht mehr zu achten, möchte es hier nicht gesucht werden. Man s. daher Krystallen.


kraft,
die entweder mit der Richtung der Bahn des Koͤrpers zuſammenfaͤllt, oder dieſer Richtung gerade entgegen geht, und eine Normalkraft, welche auf die Bahn ſenkrecht gerichtet iſt. Jene verſtaͤrkt oder vermindert die vorige Geſchwindigkeit des Koͤrpers, dieſe kruͤmmt ſeine Bahn an jeder Stelle. Das Geſetz, nach welchem die Centripetalkraft von der Entfernung des Koͤrpers vom Mittelpunkte der Kraͤfte abhaͤngt, beſtimmt die Natur der Curve, in welcher der Koͤrper getrieben wird. Bey der Kreisbewegung iſt die Centripetalkraft in allen Stellen gleich groß; auch iſt ſie hier ganz Normalkraft, und wirkt nur auf Kruͤmmung des Wegs, nicht auf Geſchwindigkeit. Bey den Bewegungen der Himmelskoͤrper in Ellipſen verhaͤlt ſie ſich umgekehrt, wie das Quadrat der Entfernung vom Mittelpunkte der Kraͤfte, bekoͤmmt den Namen der Gravitation oder allgemeinen Schwere, und wird als eine Gattung der Attraction angeſehen.

Centrobaryſch, Centrobarycum, Centrobaryque.

Was ſich auf den Schwerpunkt der Koͤrper bezieht, oder aus Betrachtung deſſelben hergeleitet wird. In der Geſchichte der Geometrie iſt unter dem Namen der centrobaryſchen Methode eine Regel bekannt, den Inhalt der Flaͤchen und Koͤrper zu finden, indem man die Linien und Flaͤchen, durch deren Bewegung ſie erzeugt werden, in den Weg multiplicirt, den ihr Schwerpunkt bey dieſer Erzeugung nehmen muß. Dieſe Regel, deren ſchon Pappus (Praef. ad lib. VII. Collect. math.) gedenkt, iſt von dem Ieſuiten Guldin (De centro grav. Vindob. 1635. fol.) weiter ausgefuͤhrt, durch die Integralrechnung aber voͤllig entbehrlich gemacht worden.

Centrum, ſ. Mittelpunkt.

Centrum gravitatis, ſ. Schwerpunkt.

Chryſtallen. Dies iſt ohne Zweifel die gehoͤrige Rechtſchreibung dieſes von dem griechiſchen [fremdsprachliches Material], glacies, entſprungnen Wortes. Bey der jetzigen Gewohnheit, auf Etymologien nicht mehr zu achten, moͤchte es hier nicht geſucht werden. Man ſ. daher Kryſtallen.

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[506/0520] kraft, die entweder mit der Richtung der Bahn des Koͤrpers zuſammenfaͤllt, oder dieſer Richtung gerade entgegen geht, und eine Normalkraft, welche auf die Bahn ſenkrecht gerichtet iſt. Jene verſtaͤrkt oder vermindert die vorige Geſchwindigkeit des Koͤrpers, dieſe kruͤmmt ſeine Bahn an jeder Stelle. Das Geſetz, nach welchem die Centripetalkraft von der Entfernung des Koͤrpers vom Mittelpunkte der Kraͤfte abhaͤngt, beſtimmt die Natur der Curve, in welcher der Koͤrper getrieben wird. Bey der Kreisbewegung iſt die Centripetalkraft in allen Stellen gleich groß; auch iſt ſie hier ganz Normalkraft, und wirkt nur auf Kruͤmmung des Wegs, nicht auf Geſchwindigkeit. Bey den Bewegungen der Himmelskoͤrper in Ellipſen verhaͤlt ſie ſich umgekehrt, wie das Quadrat der Entfernung vom Mittelpunkte der Kraͤfte, bekoͤmmt den Namen der Gravitation oder allgemeinen Schwere, und wird als eine Gattung der Attraction angeſehen. Centrobaryſch, Centrobarycum, Centrobaryque. Was ſich auf den Schwerpunkt der Koͤrper bezieht, oder aus Betrachtung deſſelben hergeleitet wird. In der Geſchichte der Geometrie iſt unter dem Namen der centrobaryſchen Methode eine Regel bekannt, den Inhalt der Flaͤchen und Koͤrper zu finden, indem man die Linien und Flaͤchen, durch deren Bewegung ſie erzeugt werden, in den Weg multiplicirt, den ihr Schwerpunkt bey dieſer Erzeugung nehmen muß. Dieſe Regel, deren ſchon Pappus (Praef. ad lib. VII. Collect. math.) gedenkt, iſt von dem Ieſuiten Guldin (De centro grav. Vindob. 1635. fol.) weiter ausgefuͤhrt, durch die Integralrechnung aber voͤllig entbehrlich gemacht worden. Centrum, ſ. Mittelpunkt. Centrum gravitatis, ſ. Schwerpunkt. Chryſtallen. Dies iſt ohne Zweifel die gehoͤrige Rechtſchreibung dieſes von dem griechiſchen _ , glacies, entſprungnen Wortes. Bey der jetzigen Gewohnheit, auf Etymologien nicht mehr zu achten, moͤchte es hier nicht geſucht werden. Man ſ. daher Kryſtallen.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/520>, abgerufen am 28.09.2024.