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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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alten und mittlern Zeiten von chymischen Ersindungen aufbewahret findet, in eine oft undurchdringliche Finsterniß gehüllt, durch welche nur hie und da ein schwacher Schein von Wahrheit durchschimmert. Dahin gehören die dem Hermes untergeschobnen Schriften nebst den Werken oder Nachrichten von Synesius, Zosimus, den Arabern Geber und Rhazes, Roger Bacon (+ 1294), Raimund Lullus (+ 1315), Arnold von Villanova (+ 1313), Basilius Valentinus aus dem funfzehnten und Isaak Hollandus aus dem sechszehnten Jahrhunderte. Man rechnet es ihnen als das gröste Verdienst an, daß sie wenigstens die Versuche, die ihnen fehlschlugen, deutlich erzählen, welche auf diese Art den lehrreichsten Theil ihrer Schriften ausmachen. Olaus Borrichius, ein bekannter Vertheidiger der Alchymie, hat ein Verzeichniß solcher Schriften (Conspectus scriptorum chemicorum, Hafn. 1697. 4.) und Langler du Fresnoy (Histoire de la philosophie hermetique, Paris 1742. To. III. 12.) eine ausführliche Geschichte dieses finstern Theils der Chymie entworfen.

Theophrastus Paracelsus (+ 1541) und Johann Baptist van Helmont (+ 1644) wandten die Chymie vorzüglich auf die Arzneykunst an, und haben derselben bey aller der ausschweifenden Thorheit, mit welcher sie einer Universalmedicin nachstrebten, dennoch nützliche Dienste geleistet. Sie haben die Aerzte veranlasset, den Nutzen der Chymie anzuerkennen, und aus ihren Bereitungen neue und wirksame Heilmittel zu entlehnen.

Inzwischen waren die praktischen Künste des Bergbaues, der Metallurgie, Glasbereitung u. s. w. auf dem zwar langsamen und stillen, aber sichern Wege der Erfahrung und Ueberlieferung bis zu einer nicht unbeträchtlichen Stufe gestiegen. Der wieder erweckte Geschmack an den nützlichen Wissenschaften bewog einige einsichtsvolle Männer zu dem Wunsche, so brauchbare Kenntnisse für die Nachwelt schriftlich aufzuzeichnen. So entstanden die Werke des Agricola (De re metallica, Basil. 1546. sol.), Erker (Aula subterranea, oder Beschreibung der


alten und mittlern Zeiten von chymiſchen Erſindungen aufbewahret findet, in eine oft undurchdringliche Finſterniß gehuͤllt, durch welche nur hie und da ein ſchwacher Schein von Wahrheit durchſchimmert. Dahin gehoͤren die dem Hermes untergeſchobnen Schriften nebſt den Werken oder Nachrichten von Syneſius, Zoſimus, den Arabern Geber und Rhazes, Roger Bacon († 1294), Raimund Lullus († 1315), Arnold von Villanova († 1313), Baſilius Valentinus aus dem funfzehnten und Iſaak Hollandus aus dem ſechszehnten Jahrhunderte. Man rechnet es ihnen als das groͤſte Verdienſt an, daß ſie wenigſtens die Verſuche, die ihnen fehlſchlugen, deutlich erzaͤhlen, welche auf dieſe Art den lehrreichſten Theil ihrer Schriften ausmachen. Olaus Borrichius, ein bekannter Vertheidiger der Alchymie, hat ein Verzeichniß ſolcher Schriften (Conſpectus ſcriptorum chemicorum, Hafn. 1697. 4.) und Langler du Fresnoy (Hiſtoire de la philoſophie hermetique, Paris 1742. To. III. 12.) eine ausfuͤhrliche Geſchichte dieſes finſtern Theils der Chymie entworfen.

Theophraſtus Paracelſus († 1541) und Johann Baptiſt van Helmont († 1644) wandten die Chymie vorzuͤglich auf die Arzneykunſt an, und haben derſelben bey aller der ausſchweifenden Thorheit, mit welcher ſie einer Univerſalmedicin nachſtrebten, dennoch nuͤtzliche Dienſte geleiſtet. Sie haben die Aerzte veranlaſſet, den Nutzen der Chymie anzuerkennen, und aus ihren Bereitungen neue und wirkſame Heilmittel zu entlehnen.

Inzwiſchen waren die praktiſchen Kuͤnſte des Bergbaues, der Metallurgie, Glasbereitung u. ſ. w. auf dem zwar langſamen und ſtillen, aber ſichern Wege der Erfahrung und Ueberlieferung bis zu einer nicht unbetraͤchtlichen Stufe geſtiegen. Der wieder erweckte Geſchmack an den nuͤtzlichen Wiſſenſchaften bewog einige einſichtsvolle Maͤnner zu dem Wunſche, ſo brauchbare Kenntniſſe fuͤr die Nachwelt ſchriftlich aufzuzeichnen. So entſtanden die Werke des Agricola (De re metallica, Baſil. 1546. ſol.), Erker (Aula ſubterranea, oder Beſchreibung der

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[510/0524] alten und mittlern Zeiten von chymiſchen Erſindungen aufbewahret findet, in eine oft undurchdringliche Finſterniß gehuͤllt, durch welche nur hie und da ein ſchwacher Schein von Wahrheit durchſchimmert. Dahin gehoͤren die dem Hermes untergeſchobnen Schriften nebſt den Werken oder Nachrichten von Syneſius, Zoſimus, den Arabern Geber und Rhazes, Roger Bacon († 1294), Raimund Lullus († 1315), Arnold von Villanova († 1313), Baſilius Valentinus aus dem funfzehnten und Iſaak Hollandus aus dem ſechszehnten Jahrhunderte. Man rechnet es ihnen als das groͤſte Verdienſt an, daß ſie wenigſtens die Verſuche, die ihnen fehlſchlugen, deutlich erzaͤhlen, welche auf dieſe Art den lehrreichſten Theil ihrer Schriften ausmachen. Olaus Borrichius, ein bekannter Vertheidiger der Alchymie, hat ein Verzeichniß ſolcher Schriften (Conſpectus ſcriptorum chemicorum, Hafn. 1697. 4.) und Langler du Fresnoy (Hiſtoire de la philoſophie hermetique, Paris 1742. To. III. 12.) eine ausfuͤhrliche Geſchichte dieſes finſtern Theils der Chymie entworfen. Theophraſtus Paracelſus († 1541) und Johann Baptiſt van Helmont († 1644) wandten die Chymie vorzuͤglich auf die Arzneykunſt an, und haben derſelben bey aller der ausſchweifenden Thorheit, mit welcher ſie einer Univerſalmedicin nachſtrebten, dennoch nuͤtzliche Dienſte geleiſtet. Sie haben die Aerzte veranlaſſet, den Nutzen der Chymie anzuerkennen, und aus ihren Bereitungen neue und wirkſame Heilmittel zu entlehnen. Inzwiſchen waren die praktiſchen Kuͤnſte des Bergbaues, der Metallurgie, Glasbereitung u. ſ. w. auf dem zwar langſamen und ſtillen, aber ſichern Wege der Erfahrung und Ueberlieferung bis zu einer nicht unbetraͤchtlichen Stufe geſtiegen. Der wieder erweckte Geſchmack an den nuͤtzlichen Wiſſenſchaften bewog einige einſichtsvolle Maͤnner zu dem Wunſche, ſo brauchbare Kenntniſſe fuͤr die Nachwelt ſchriftlich aufzuzeichnen. So entſtanden die Werke des Agricola (De re metallica, Baſil. 1546. ſol.), Erker (Aula ſubterranea, oder Beſchreibung der

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/524>, abgerufen am 29.06.2024.