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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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ist es die natürliche Folge hievon, daß die Theile bey a dem Mittelpunkte voreilen, die bey b hingegen in Vergleichung mit demselben zurückbleiben müssen. Daher wird die flüssige Materie die Kugelgestalt verlassen, bey a und b von der Oberfläche der festen Kugel abtreten und sich in A und B halten, woraus die Figur eines elliptischen Sphäroids entsteht, dessen große Axe AB sich gegen den Mittelpunkt der Anziehung L richtet.

Die Seewasser erheben sich also nicht nur gegen die Seite A, auf welcher der Mond stehet, sondern auch auf die entgegengesetzte Seite B, wie dies bey der Ebbe und Fluth wirklich geschieht, da die hohe Fluth nicht nur nach der Culmination des Mondes selbst, sondern auch zwölf Stunden darnach nach dem Durchgange des Monds durch die untere Hälfte des Mittagskreises eintritt. Dieser Umstand, der aus der Betrachtung der Gravitation so leicht folgt, läst sich nach den Hypothesen des Descartes und Wallis nicht anders, als auf eine sehr gezwungene Art, erklären. Aus Descartes Erklärung folgt eigentlich sogar das Gegentheil.

Jeder Naturforscher muß sich bey Erklärung der Ebbe und Fluth schlechterdings gezwungen finden, den newtonischen Lehren zu folgen, und die Schwere des Wassers gegen den Mond und die Sonne zuzugeben, deren Daseyn sich in diesem Phänomen so augenscheinlich zeigt. Selbst die, welche mit Newtons System nicht überall zufrieden sind, wie z. B. Euler, sehen sich genöthigt, hier mit ihm einzustimmen, weil es ihnen sonst schlechterdings unmöglich fallen würde, über die Ebbe und Fluth etwas befriedigendes zu sagen. Was sie sich unter dieser Schwere denken, wie sie sie nennen, und aus welcher Ursache sie sie herleiten wollen, steht gänzlich bey ihnen -- Newton selbst braucht zu seinem System nichts weiter, als daß man ihm ihr Daseyn und ihre Gesetze einräume, woraus sich alle Lehren der physischen Astronomie, und alle Phänomene der Ebbe und Fluth, übereinstimmend mit den Erfahrungen, herleiten lassen.


iſt es die natuͤrliche Folge hievon, daß die Theile bey a dem Mittelpunkte voreilen, die bey b hingegen in Vergleichung mit demſelben zuruͤckbleiben muͤſſen. Daher wird die fluͤſſige Materie die Kugelgeſtalt verlaſſen, bey a und b von der Oberflaͤche der feſten Kugel abtreten und ſich in A und B halten, woraus die Figur eines elliptiſchen Sphaͤroids entſteht, deſſen große Axe AB ſich gegen den Mittelpunkt der Anziehung L richtet.

Die Seewaſſer erheben ſich alſo nicht nur gegen die Seite A, auf welcher der Mond ſtehet, ſondern auch auf die entgegengeſetzte Seite B, wie dies bey der Ebbe und Fluth wirklich geſchieht, da die hohe Fluth nicht nur nach der Culmination des Mondes ſelbſt, ſondern auch zwoͤlf Stunden darnach nach dem Durchgange des Monds durch die untere Haͤlfte des Mittagskreiſes eintritt. Dieſer Umſtand, der aus der Betrachtung der Gravitation ſo leicht folgt, laͤſt ſich nach den Hypotheſen des Descartes und Wallis nicht anders, als auf eine ſehr gezwungene Art, erklaͤren. Aus Descartes Erklaͤrung folgt eigentlich ſogar das Gegentheil.

Jeder Naturforſcher muß ſich bey Erklaͤrung der Ebbe und Fluth ſchlechterdings gezwungen finden, den newtoniſchen Lehren zu folgen, und die Schwere des Waſſers gegen den Mond und die Sonne zuzugeben, deren Daſeyn ſich in dieſem Phaͤnomen ſo augenſcheinlich zeigt. Selbſt die, welche mit Newtons Syſtem nicht uͤberall zufrieden ſind, wie z. B. Euler, ſehen ſich genoͤthigt, hier mit ihm einzuſtimmen, weil es ihnen ſonſt ſchlechterdings unmoͤglich fallen wuͤrde, uͤber die Ebbe und Fluth etwas befriedigendes zu ſagen. Was ſie ſich unter dieſer Schwere denken, wie ſie ſie nennen, und aus welcher Urſache ſie ſie herleiten wollen, ſteht gaͤnzlich bey ihnen — Newton ſelbſt braucht zu ſeinem Syſtem nichts weiter, als daß man ihm ihr Daſeyn und ihre Geſetze einraͤume, woraus ſich alle Lehren der phyſiſchen Aſtronomie, und alle Phaͤnomene der Ebbe und Fluth, uͤbereinſtimmend mit den Erfahrungen, herleiten laſſen.

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[653/0667] iſt es die natuͤrliche Folge hievon, daß die Theile bey a dem Mittelpunkte voreilen, die bey b hingegen in Vergleichung mit demſelben zuruͤckbleiben muͤſſen. Daher wird die fluͤſſige Materie die Kugelgeſtalt verlaſſen, bey a und b von der Oberflaͤche der feſten Kugel abtreten und ſich in A und B halten, woraus die Figur eines elliptiſchen Sphaͤroids entſteht, deſſen große Axe AB ſich gegen den Mittelpunkt der Anziehung L richtet. Die Seewaſſer erheben ſich alſo nicht nur gegen die Seite A, auf welcher der Mond ſtehet, ſondern auch auf die entgegengeſetzte Seite B, wie dies bey der Ebbe und Fluth wirklich geſchieht, da die hohe Fluth nicht nur nach der Culmination des Mondes ſelbſt, ſondern auch zwoͤlf Stunden darnach nach dem Durchgange des Monds durch die untere Haͤlfte des Mittagskreiſes eintritt. Dieſer Umſtand, der aus der Betrachtung der Gravitation ſo leicht folgt, laͤſt ſich nach den Hypotheſen des Descartes und Wallis nicht anders, als auf eine ſehr gezwungene Art, erklaͤren. Aus Descartes Erklaͤrung folgt eigentlich ſogar das Gegentheil. Jeder Naturforſcher muß ſich bey Erklaͤrung der Ebbe und Fluth ſchlechterdings gezwungen finden, den newtoniſchen Lehren zu folgen, und die Schwere des Waſſers gegen den Mond und die Sonne zuzugeben, deren Daſeyn ſich in dieſem Phaͤnomen ſo augenſcheinlich zeigt. Selbſt die, welche mit Newtons Syſtem nicht uͤberall zufrieden ſind, wie z. B. Euler, ſehen ſich genoͤthigt, hier mit ihm einzuſtimmen, weil es ihnen ſonſt ſchlechterdings unmoͤglich fallen wuͤrde, uͤber die Ebbe und Fluth etwas befriedigendes zu ſagen. Was ſie ſich unter dieſer Schwere denken, wie ſie ſie nennen, und aus welcher Urſache ſie ſie herleiten wollen, ſteht gaͤnzlich bey ihnen — Newton ſelbſt braucht zu ſeinem Syſtem nichts weiter, als daß man ihm ihr Daſeyn und ihre Geſetze einraͤume, woraus ſich alle Lehren der phyſiſchen Aſtronomie, und alle Phaͤnomene der Ebbe und Fluth, uͤbereinſtimmend mit den Erfahrungen, herleiten laſſen.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 653. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/667>, abgerufen am 22.11.2024.