Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Zum Beschluß dieses Artikels muß ich noch mit wenigem einiger Muthmaßungen der Naturforscher über die Natur der einen oder der mehrern elektrischen Materien, und über ihre Aehnlichkeit mit andern Stoffen, gedenken. Die ältesten Beobachter hielten sie für einen ölichten Ausfluß aus den Körpern selbst; als man aber ihr Licht, ihren Funken, ihre zündende Kraft u. s. f. bemerkte, war es sehr natürlich, sie dem Feuer ähnlich zu finden, und daher kömmt die Benennung des elektrischen Feuers, welche bey den physikalischen Schriftstellern seit Grays Zeiten so gewöhnlich geworden ist. So sehr nun verschiedene Wirkungen der Elektricität mit den Wirkungen des Feuers übereinstimmen, so ist doch oft in den Körpern viel Feuer oder Wärme anzutreffen, ohne daß sie einen merklichen Grad der Elektricität zeigten; auch dringt das Feuer durch alle bekannte Körper, und vertheilt sich nach gewissen Verhältnissen, da hingegen die elektrische Materie blos durch die Leiter geht; endlich theilt sich das Feuer den Körpern nur langsam mit, da hingegen die elektrische Materie die längsten Leiter fast augenblicklich durchströmet. Diese Unterschiede zeigen schon, daß man die Gleichheit zwischen den Ursachen der Elektricität und der Wärme nicht ohne alle Einschränkung annehmen könne. Herr Achard (Mem de l' acad. de Prusse, 1779.) hat die Aehnlichkeiten der Elektricität mit der Wärme in Absicht auf Erregung, Wirkung und Mittheilung in einer eignen Abhandlung zusammengestellt. Er bemerkt, daß alles Reiben sowohl Elektricität, als Wärme, errege; daß
Zum Beſchluß dieſes Artikels muß ich noch mit wenigem einiger Muthmaßungen der Naturforſcher uͤber die Natur der einen oder der mehrern elektriſchen Materien, und uͤber ihre Aehnlichkeit mit andern Stoffen, gedenken. Die aͤlteſten Beobachter hielten ſie fuͤr einen oͤlichten Ausfluß aus den Koͤrpern ſelbſt; als man aber ihr Licht, ihren Funken, ihre zuͤndende Kraft u. ſ. f. bemerkte, war es ſehr natuͤrlich, ſie dem Feuer aͤhnlich zu finden, und daher koͤmmt die Benennung des elektriſchen Feuers, welche bey den phyſikaliſchen Schriftſtellern ſeit Grays Zeiten ſo gewoͤhnlich geworden iſt. So ſehr nun verſchiedene Wirkungen der Elektricitaͤt mit den Wirkungen des Feuers uͤbereinſtimmen, ſo iſt doch oft in den Koͤrpern viel Feuer oder Waͤrme anzutreffen, ohne daß ſie einen merklichen Grad der Elektricitaͤt zeigten; auch dringt das Feuer durch alle bekannte Koͤrper, und vertheilt ſich nach gewiſſen Verhaͤltniſſen, da hingegen die elektriſche Materie blos durch die Leiter geht; endlich theilt ſich das Feuer den Koͤrpern nur langſam mit, da hingegen die elektriſche Materie die laͤngſten Leiter faſt augenblicklich durchſtroͤmet. Dieſe Unterſchiede zeigen ſchon, daß man die Gleichheit zwiſchen den Urſachen der Elektricitaͤt und der Waͤrme nicht ohne alle Einſchraͤnkung annehmen koͤnne. Herr Achard (Mém de l' acad. de Pruſſe, 1779.) hat die Aehnlichkeiten der Elektricitaͤt mit der Waͤrme in Abſicht auf Erregung, Wirkung und Mittheilung in einer eignen Abhandlung zuſammengeſtellt. Er bemerkt, daß alles Reiben ſowohl Elektricitaͤt, als Waͤrme, errege; daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0781" xml:id="P.1.767" n="767"/><lb/> falle oder nicht. Er fuͤhrt ſelbſt an (Briefe v. der Elektr. der deutſchen Ueberſ. S. 83.), es ſey der Menſchheit mehr an der Kenntniß der Geſetze der Natur, als an der Kenntniß ihrer Urſachen gelegen. Es ſey ſehr nuͤtzlich, zu wiſſen, daß das Porcellan ohne Stuͤtze herabfalle und zerbreche; aber warum es falle, und warum es zerbreche, ſey ein Gegenſtand der bloßen Speculation. ”Es iſt ein Ver”gnuͤgen, das zu wiſſen, ſetzt er hinzu, wir koͤnnen aber ”unſer Porcellan auch ohne dieſes bewahren.“</p> <p>Zum Beſchluß dieſes Artikels muß ich noch mit wenigem einiger Muthmaßungen der Naturforſcher uͤber die Natur der einen oder der mehrern elektriſchen Materien, und uͤber ihre Aehnlichkeit mit andern Stoffen, gedenken. Die aͤlteſten Beobachter hielten ſie fuͤr einen oͤlichten Ausfluß aus den Koͤrpern ſelbſt; als man aber ihr Licht, ihren Funken, ihre zuͤndende Kraft u. ſ. f. bemerkte, war es ſehr natuͤrlich, ſie dem Feuer aͤhnlich zu finden, und daher koͤmmt die Benennung des <hi rendition="#b">elektriſchen Feuers,</hi> welche bey den phyſikaliſchen Schriftſtellern ſeit Grays Zeiten ſo gewoͤhnlich geworden iſt.</p> <p>So ſehr nun verſchiedene Wirkungen der Elektricitaͤt mit den Wirkungen des Feuers uͤbereinſtimmen, ſo iſt doch oft in den Koͤrpern viel Feuer oder Waͤrme anzutreffen, ohne daß ſie einen merklichen Grad der Elektricitaͤt zeigten; auch dringt das Feuer durch alle bekannte Koͤrper, und vertheilt ſich nach gewiſſen Verhaͤltniſſen, da hingegen die elektriſche Materie blos durch die Leiter geht; endlich theilt ſich das Feuer den Koͤrpern nur langſam mit, da hingegen die elektriſche Materie die laͤngſten Leiter faſt augenblicklich durchſtroͤmet. Dieſe Unterſchiede zeigen ſchon, daß man die Gleichheit zwiſchen den Urſachen der Elektricitaͤt und der Waͤrme nicht ohne alle Einſchraͤnkung annehmen koͤnne.</p> <p>Herr <hi rendition="#b">Achard</hi> <hi rendition="#aq">(Mém de l' acad. de Pruſſe, 1779.)</hi> hat die Aehnlichkeiten der Elektricitaͤt mit der Waͤrme in Abſicht auf Erregung, Wirkung und Mittheilung in einer eignen Abhandlung zuſammengeſtellt. Er bemerkt, daß alles Reiben ſowohl Elektricitaͤt, als Waͤrme, errege; daß<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [767/0781]
falle oder nicht. Er fuͤhrt ſelbſt an (Briefe v. der Elektr. der deutſchen Ueberſ. S. 83.), es ſey der Menſchheit mehr an der Kenntniß der Geſetze der Natur, als an der Kenntniß ihrer Urſachen gelegen. Es ſey ſehr nuͤtzlich, zu wiſſen, daß das Porcellan ohne Stuͤtze herabfalle und zerbreche; aber warum es falle, und warum es zerbreche, ſey ein Gegenſtand der bloßen Speculation. ”Es iſt ein Ver”gnuͤgen, das zu wiſſen, ſetzt er hinzu, wir koͤnnen aber ”unſer Porcellan auch ohne dieſes bewahren.“
Zum Beſchluß dieſes Artikels muß ich noch mit wenigem einiger Muthmaßungen der Naturforſcher uͤber die Natur der einen oder der mehrern elektriſchen Materien, und uͤber ihre Aehnlichkeit mit andern Stoffen, gedenken. Die aͤlteſten Beobachter hielten ſie fuͤr einen oͤlichten Ausfluß aus den Koͤrpern ſelbſt; als man aber ihr Licht, ihren Funken, ihre zuͤndende Kraft u. ſ. f. bemerkte, war es ſehr natuͤrlich, ſie dem Feuer aͤhnlich zu finden, und daher koͤmmt die Benennung des elektriſchen Feuers, welche bey den phyſikaliſchen Schriftſtellern ſeit Grays Zeiten ſo gewoͤhnlich geworden iſt.
So ſehr nun verſchiedene Wirkungen der Elektricitaͤt mit den Wirkungen des Feuers uͤbereinſtimmen, ſo iſt doch oft in den Koͤrpern viel Feuer oder Waͤrme anzutreffen, ohne daß ſie einen merklichen Grad der Elektricitaͤt zeigten; auch dringt das Feuer durch alle bekannte Koͤrper, und vertheilt ſich nach gewiſſen Verhaͤltniſſen, da hingegen die elektriſche Materie blos durch die Leiter geht; endlich theilt ſich das Feuer den Koͤrpern nur langſam mit, da hingegen die elektriſche Materie die laͤngſten Leiter faſt augenblicklich durchſtroͤmet. Dieſe Unterſchiede zeigen ſchon, daß man die Gleichheit zwiſchen den Urſachen der Elektricitaͤt und der Waͤrme nicht ohne alle Einſchraͤnkung annehmen koͤnne.
Herr Achard (Mém de l' acad. de Pruſſe, 1779.) hat die Aehnlichkeiten der Elektricitaͤt mit der Waͤrme in Abſicht auf Erregung, Wirkung und Mittheilung in einer eignen Abhandlung zuſammengeſtellt. Er bemerkt, daß alles Reiben ſowohl Elektricitaͤt, als Waͤrme, errege; daß
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